Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
von Sträuchern bewachsene Hang an. Es gab, schätzte Bomilkar, Raum für mehrere mittelgroße Karawanen. Gewöhnlich befanden sich solche Stätten außerhalb der Mauern; wie der doppelte Befestigungsring von Kastulo bewies die Lage des Gasthauses, daß die Stadt sich und alle wichtigen Einrichtungen oft verteidigen mußte.
    Ein Stallsklave nahm ihnen die Pferde ab; er sagte, Unterkunft sei zu haben, das Haus nur zu zwei Dritteln voll. Sie fanden Kleomenes im großen Schank- und Speiseraum des vorderen Gebäudes, das auch das älteste zu sein schien: geschwärzter Stein das Erdgeschoß mit Bogengang zum Hof hin und überdachter Terrasse zur Straße, darüber die größeren und kleineren Schlafräume des oberen Stockwerks aus Balken und Ziegeln. Hölzerne Säulen, von unterschiedlich begabten Gästen mit Schnitzereien aller Art versehen, trugen die Bohlen der Decke; die Hälfte der schweren Tische und Bänke war besetzt, und die Stille der Speisenden und Zecher sprach für die Güte des Essens.
    Die Küche lag neben dem Durchgang zum Hof und war vom eigentlichen Speiseraum getrennt durch einen riesigen Schanktisch voller Krüge, Becher und irgendwelcher Eßgeräte; hinter dem Tisch ragte etwas auf, was sowohl Erinnerung an die Titanen der Vorzeit war als auch Versuch unvorstellbarer Eltern, die Säule eines Tempels zu zeugen.
    Kleomenes, Mittelpunkt und alle Schwere des Raums, ganz gleich, wo er gerade stand, mußte über sieben Fuß hoch sein und war sicherlich so breit wie zwei kräftige
Männer. Ein grauroter Bart, der die Oberlippe mied, umgab das Gesicht wie ein Kragen, oder wie ein Damm, der die aufgestaute Masse der Züge – zusammengefaltet und geschichtet – daran hindern sollte, den ganzen Leib zu überfluten und zu ersticken. Die Nase war ein dunkelrot glimmender Doppelrüssel, oder eine Art Gabel. Ein scharfes Messer, wenn nicht gar ein Schwert, hatte den Kolben irgendwann einmal gespalten, und die gleiche Waffe mochte auch das linke Auge aus der Höhle geschält und eine Zickzacknarbe auf der Wange hinterlassen haben.
    Der Wirt wischte eine Pranke an der schmierigen Schürze und stemmte die Arme auf den Schanktisch – Arme, aus denen man für gewöhnliche Bewohner der Oikumene Beine hätte machen können. »Späte Gäste«, sagte er. »Tretet näher, zahlungskräftige Herren, erfreut meine Leber und meine Truhen.« Die Stimme schien aus dem Unterleib emporzusteigen, ein knarrendes Dröhnen, das an Bomilkars Gemächt schrammte.
    Plötzlich lachte Laetilius. »Herr der gastlichen Stätte«, sagte er glucksend, »wir dachten, das Schweigen im Raum spräche für die Güte deiner Speisen. Könnte es sein, daß bei deinem Anblick niemand zu reden wagt ?«
    Das weitläufige zerklüftete Gesicht verzog sich zu etwas, das Bomilkar vorsichtig für ein Lächeln hielt. Kleomenes’ Antlitz schien aus gegeneinander verschiebbaren Schollen zu bestehen. An den näheren Tischen blickten ein paar Gäste auf; einige grinsten, die meisten kümmerten sich nicht um die Neuankömmlinge.
    »Römer, was? So wie du sprichst. Scheußliches Volk, sollte man einmauern, ehe die ganze Welt angesteckt wird. Ihr könnt reden, trinken, schmatzen, furzen, wie ihr wollt; es kümmert mich nicht. Seid nicht grob zu den Mädchen; greift nicht zur Waffe; bezahlt. Das sind die drei Gebote. Was wollt ihr?«
    »Nachtlager, etwas zu essen und zu trinken«, sagte Bomilkar.
»Wir haben gehört, daß deine Habgier in rechtem Verhältnis zur Sauberkeit der Betten steht.«
    Kleomenes stampfte nach vorn, reckte den rechten Arm, packte Bomilkars Brustgewand und hob ihn hoch. »Söhnchen, sprich nicht von Dingen, von denen du nichts verstehst. Habgier? Ha. Lautere Menschenfreundlichkeit ringt meine Habgier immer nieder. Drei Lager im großen Schlafraum? Drei einzelne Räume? Viel Essen? Wein?« Er ließ Bomilkar sinken.
    »Drei kleine Räume«, sagte Laetilius. »Waschwasser, Essen und Trinken. Wie menschenfreundlich sind deine Preise?«
    Kleomenes schob die Unterlippe vor, legte den Kopf in den Nacken und schien an der dunklen Decke Ausschau zu halten nach Preisen. »Ein siglos das Zimmer. Also drei – oder ein siglos für drei Plätze im Schlafsaal. Essen und Trinken? Je nachdem. Ein siglos dazu, wenn ihr ein Mädchen für die Nacht braucht.«
    »Ein shiqlu das Zimmer, ein shiqlu für eine Dirne?« Bomilkar ächzte. »Soviel verdient ein Handwerker in Qart Hadasht!«
    »Ist meine Gastlichkeit weniger als die Arbeit eines Handwerkers, die saubere

Weitere Kostenlose Bücher