Das Gold von Karthago
Handel mit der östlichen Welt unterbunden, alte Münzen eingeschmolzen und neue geprägt, aus Silber, daß nicht
der Reichtum von Qart Hadasht angesteckt werde durch sieches Makedonengold.«
»Und? Hat es gewirkt?«
Bomilkar leerte den Becher, stand auf und breitete die Arme aus. »Wie du siehst, gibt es uns noch – trotz aller Anfeindungen durch die Nachfolger des Makedonen. Und durch die Römer. Wir konnten sogar die Silberberge bezahlen, die ihr uns abgepreßt habt. Und was ist aus dem Reich des Makedonen geworden?«
»Zerfallen«, sagte Laetilius; er stand ebenfalls auf. »Zerfallen in Großmächte und Kleinstaaten. Immerhin, ein gewaltiges Erbe. Du und ich« – er lachte leise – »werden weniger hinterlassen. Und was machen wir jetzt?«
»Wir sollten zusehen, daß wir möglichst bald zu Hamilkar kommen. Er scheint der einzige zu sein, der wirklich etwas über Lavinius weiß.«
In der Festung erfuhren sie von Itubal, die Wege seien sicher; man könne allein reisen.
»Wie habt ihr es geschafft, so schnell für Sicherheit zu sorgen?« sagte Laetilius. »In den wenigen Jahren … Es müßte doch genügend Unzufriedene geben.«
»Hamilkar und Hasdrubal. Schwert und Milde. Macht und List.«
»Könntest du das für einen armen Römer erläutern?«
Itubal lachte. »Gern. Seid dabei im Schatten meine Gäste. Es ist die heißeste Zeit des Tages; nur wahnsinnige Köter und Römer verbringen sie in der Sonne. An euren Augen sehe ich, daß ihr zu früh Wein getrunken habt. Wir wollen das bekämpfen.«
Unter den Bögen am Rande des Innenhofs nahmen sie eine leichte Mahlzeit zu sich: Obst, Brot, kalten Braten, den Saft gepreßter Früchte und frischen Käse. Itubal erzählte von den Schwierigkeiten und Lösungen, den Arbeiten und Fehden. Bomilkar hörte schweigend zu; er hätte Laetilius die gleiche Geschichte erzählen können, nahm aber an, daß
die Dinge von der Zunge des älteren Herrn der Festung mit mehr Gewicht ins Ohr des Römers rollen würden. Und für ihn war es durchaus fesselnd, einige Vorgänge, die sein Schwert mitbestritten hatte, nun aus anderer Sicht gedeutet zu hören.
Itubal begann mit den grauen Nebeln der Vorzeit, aus denen der eine oder andere verzierte Bug eines phönikischen Schiffs auftauchte, Iberiens Gestade zu rammen – Männer vor allem aus Sidu (»Sidon, für Römer und andere Barbaren«), aber auch aus Suru (»Tyros, eh?«), die das Land erkundeten und festzustellen suchten, was die Bewohner kaufen mochten und verkaufen konnten; eintauschen, genauer. Die ersten Niederlassungen entstanden, von Schiffen Jahr um Jahr angelaufen, dann feste Häuser, kleine Tempel, Hafenbecken, Molen. Später, als die ›Mutterstädte‹ des Ostens unter das Joch der Assyrer gerieten, übernahm die neue Stadt im Westen, Qart Hadasht, die Hege und Nutzung der Handelsplätze, baute die Wege ins Innere aus, fand in den Iberern des Hinterlands vortreffliche Schmelzer und Schmiede der edlen und weniger edlen, aber nützlichen Erze, und als man stark genug geworden war, kämpfte man das reiche, mächtige, sich immer weiter ausdehnende Tarshish nieder und sperrte durch Kriegsschiffe die Durchfahrt zum gewaltigen Westmeer, daß keiner außer den Händlern von Qart Hadasht Gewinn aus dem Land ziehe. Jene Hellenen, die Massalia in Gallien begründet hatten, konnten nun nicht mehr um Iberien herum nach Norden segeln; um weiter mit Britanniens Zinn und anderen Erzen versehen zu sein, zogen sie beschwerlich über Land. »Als dann vor etwa achtzig Jahren Agathokles, der Tyrann von Syrakosai, unsere Handelspunkte auf Sizilien angriff und blutig zurückgeschlagen wurde, wußte er, daß er verloren war, und in seiner Verzweiflung setzte er mit allen Kämpfern, die ihm geblieben waren, aus seiner von unserem Heer belagerten Stadt nach Libyen über, um Qart Hadasht selbst anzugreifen. Damals
mußten wir die Schiffe, die die Meerenge sperrten, abziehen und zur Verteidigung und Versorgung der Stadt einsetzen; zu dieser Zeit gelang es einem Hellenen namens Pytheas aus Massalia, Iberien zu umsegeln und in den Norden zu reisen. Was bis dahin nur unsere Schiffe getan hatten.«
Im ruhigen, beinahe einschläfernden Fluß des Erzählens erschienen nun Klippen, an denen das Wasser von Itubals Rede zu schäumen und zu strudeln begann – die Zeit des Großen Römischen Kriegs, Roms Vertragsbruch, der Übergang der Legionen nach Sizilien, der Überfall auf Akragas und andere punische Städte. Itubal ließ durchblicken, daß
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