Das Gold von Sparta
wir uns schon hierhergewagt. Wär doch schade, das Rätsel ungelöst zu lassen.«
»Das ist die Frau, die ich liebe«, sagte Sam.
»Wie denn – leichtsinnig und dumm?«
»Nein, mutig und entschlossen.«
Remi sang leise: »You say potayto, I say potahto …«
»Komm schon, zurück an die Arbeit.«
Sam spuckte in seine Tauchmaske, spülte sie mit Wasser aus und zog sie sich über den Kopf. Remi stand am Ufer, stützte die Hände auf die Hüften und hatte einen besorgten Gesichtsausdruck.
»Ich seh mich nur um«, versicherte er ihr. »Ich spare die Luft auf für den Fall, dass wir hineinkommen. Es wird zwar nicht dazu kommen, aber wenn es in meine Richtung rutscht, während ich unten bin, dann bedien die Ratschenblöcke, bis es wieder in seine alte Lage kippt. Wenn ich nach – sagen wir –, nach vier bis sechs Stunden nicht zurück bin, kannst du anfangen, dir Sorgen zu machen.«
»Komiker.«
»Halt die Stellung, ich bin bald wieder da.«
Sam knipste seine Taschenlampe an, holte tief Luft und tauchte ab. Die linke Hand nach vorn gestreckt, paddelte er mit Hilfe seiner Schwimmflossen abwärts. Nach nur wenigen Metern färbte sich das mit Algen durchsetzte Wasser dunkelgrün, und die Sichtweite verringerte sich schlagartig auf wenige Meter. Schwebstoffe und Pflanzenteilchen wirbelten durch den Taschenlampenstrahl und vermittelten Sam das Gefühl, in einer albtraumhaften Schneekugel gefangen zu sein.
Seine Hand berührte etwas Festes – das U-Boot. Er schwamm weiter, ließ dabei die Hand über die Wölbung des Rumpfs gleiten, bis endlich der Grund in seinem Taschenlampenstrahl erschien. Der Kiel ruhte auf einem Stapel versunkener Holzbalken, halbwegs sicher ausbalanciert, aber immerhin stabil genug, so dass Sam erleichtert aufatmete, weil er nun wusste, dass das U-Boot nicht umkippen und ihn unter sich begraben würde. Doch nun spürte er einen Schmerz in seiner Lunge, der sich zu einem Brennen steigerte, daher paddelte er wieder zur Wasseroberfläche.
»Alles okay?«, fragte Remi, sobald er wieder zu Atem gekommen war.
»Ja. Gute Neuigkeiten. Es steht aufrecht, mehr oder weniger. Okay, ich geh noch mal runter.«
Er tauchte wieder ab und schätzte diesmal den Rumpfdurchmesser, während er an dem U-Boot entlangschwamm. Am Kiel wandte er sich nach achtern. Etwa in der Mitte traf er auf eine Art Geländerstange, die am Bootsrumpf entlang verlief. Für einen kurzen Augenblick wurde das, was er vor sich sah, nicht von seinem Gehirn verarbeitet. Er hatte so etwas schon früher gesehen … auf einem der Bilder zu Beginn seiner Recherchen. Als ihm die Antwort einfiel, spürte Sam, wie sich sein Magen zu einer harten Kugel verkrampfte.
Ein Torpedoträger.
Er stellte seine Schwimmbewegungen ein, leuchtete mit der Taschenlampe den Flussboden ab und betrachtete ihn nun mit ganz anderen Augen. Würde sich einer dieser so harmlos aussehenden versunkenen Holzbalken vielleicht als etwas völlig anderes entpuppen?
Er schwamm weiter nach achtern, bis seine Taschenlampe das kegelförmige Zigarrenende des U-Boots mit einem seitlich herausragenden horizontalen Ruder beleuchtete. Als er sich auf gleicher Höhe befand, richtete er sich auf und ließ sich am Rumpf hochsteigen, bis das letzte Teil des Puzzles in Sicht kam. Auf dem Rücken des Rumpfs ragte eine weitere Röhre nach oben, etwa einen halben Meter hoch und im Durchmesser ungefähr schulterbreit.
Die Einstiegsluke.
Sam schoss zur Wasseroberfläche zurück und kraulte zum Ufer, wo Remi ihm wieder half, aus dem Wasser zu steigen. Er befreite sich von seinen Schwimmflossen und seiner Tauchmaske und sammelte seine Gedanken.
»Und?«, fragte sie.
»In einer der Reisetaschen befindet sich eine Aktenmappe. Könntest du sie mir mal holen?« Sie kam nach einer halben Minute zurück. Sam blätterte eine Zeit lang die Loseblattsammlung durch, zog dann einen Bogen heraus und reichte ihn Remi.
»Molch« , las sie laut. »Was in Gottes Namen …«
Sie verstummte, während sie weiterlas.
Sam sagte: »Molch ist ein anderes Wort für Salamander. Es war ein Kleinst-U-Boot, das 1944 von Nazideutschland gebaut wurde.«
Für die Kriegsmarine von A. G. Weser, einer Werft in Bremen, gebaut, war der Molch das Geistesprodukt von Dr. Heinrich Dräger. Knapp zwölf Meter lang, einen Meter hoch und einen Meter achtzig breit, war der Molch dafür konstruiert, einen Mann Besatzung und zwei G7e-Torpedos an je einer Laufschiene – an Steuerbord und an Backbord angebracht – bis in
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