Das Gold von Sparta
des Molchs. Es ächzte, gab nach und tauchte dann ein paar Zentimeter tiefer ein. Ansonsten blieb es aber stabil.
»Möchtest du?«, fragte Sam und deutete mit einem Kopfnicken auf die Luke.
»Klar doch.«
»Dann nimm.«
Sam warf ihr den Hammer zu, den sie geschickt aus der Luft auffing. Dann trat sie auf das Deck und ging neben der Luke auf die Knie herab. Sie versetzte jedem der vier Verschlüsse der Luke einen kräftigen Schlag. Dann legte sie den Hammer beiseite und probierte die Griffe aus. Sie gaben keinen Deut nach. Dreimal wiederholte sie diesen Prozess, ehe sich jeder Verschlusshebel lösen ließ und quietschend zur Seite rutschte. Remi holte tief Luft, sah Sam mit einem Ausdruck großäugiger Bewunderung an und öffnete die Luke. Augenblicklich rümpfte sie die Nase und riss den Kopf nach hinten. »O Gott, das ist ja grässlich …«
»Ich schätze, das beantwortet die Frage, ob die Mannschaft des Bootes noch an Bord ist«, sagte Sam.
»Ja, daran dürfte kein Zweifel bestehen«, erwiderte Remi, hielt sich die Nase zu und blickte in die Einstiegsöffnung. »Er sieht mir direkt in die Augen.«
Die Leiche trug eine Mütze der Kriegsmarine und einen dunkelblauen Overall. Andererseits war das Wort Leiche eine bedauernswert unangemessene Bezeichnung für das, was Sam und Remi da vor sich sahen.
Sechzig Jahre lang im trockenen und luftlosen Innern des Molch eingesperrt, hatte die Leiche eine Verwandlung durchgemacht, die Sam nur als Verflüssigung und gleichzeitige Mumifizierung bezeichnen konnte.
»Man kann wohl mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass er erstickt ist«, sagte Remi. »Sobald er gestorben war, begann der Körper zu verwesen, aber ohne Sauerstoff kam der Prozess zum Stehen, so dass er … na ja, sozusagen im halbgaren Zustand verharrte.«
»Oh, das ist reizend, Liebes. Ich werde dieses Bild stets in meinem Herzen tragen.«
Die Position der sterblichen Überreste, die ausgestreckt am Fuß der Leiter auf dem Deck lagen, mit einem scheinbar versteinerten Arm über einer Leitersprosse, sprach über die letzten Stunden oder Minuten des Mannes Bände. Gefangen in dieser düsteren Röhre und dazu noch in dem Bewusstsein, dass der Tod mit jedem Atemzug unerbittlich näher rückte, erschien es nur natürlich, dass er vom einzigen Ausgang angezogen wurde und dabei auf ein Wunder hoffte, von dem er jedoch im Grunde seines Herzens wissen musste, dass es niemals geschehen werde.
»Ich nehme an, dir wird es nichts ausmachen, hier oben zu bleiben, während ich mich da unten mal ein wenig umschaue«, sagte Sam.
»Nur zu. Lass dich nicht aufhalten.«
Er knipste die Taschenlampe an, dann schwang er die Beine in die Einstiegsöffnung, tastete mit einem Fuß herum, bis er eine Leitersprosse fand, und stieg abwärts. Ein Stück über dem Boden machte Sam einen weiten Schritt über die Leiche hinweg und ließ sich mit den Armen ganz langsam auf das Deck hinunter.
Augenblicklich spürte er, wie er von Schwermut überrollt wurde. Er hatte ganz gewiss keinen Hang zur Klaustrophobie, aber dies hier war irgendwie etwas anderes. Nicht hoch genug, um ihm zu gestatten, sich vollständig aufzurichten, und kaum breiter als seine ausgestreckten Arme, kam ihm das Innere des Bootes wie eine Gruft vor. Die Wände, ausnahmslos grau gestrichen, waren mit Kabeln und Röhren, die überall und nirgendwohin zu führen schienen, verziert.
»Wie ist es?«, rief Remi nach unten.
»Abscheulich ist das einzige Wort, mit dem es sich beschreiben lässt.«
Sam ging neben der Leiche in die Knie und durchsuchte sorgfältig die Taschen. Bis auf die Brusttasche, in der er eine Brieftasche fand, waren alle leer. Er reichte sie Remi nach oben, dann wandte er sich um und bewegte sich in Richtung Bug.
Den wenigen Beschreibungen vom Innern des Molchs zufolge, die er hatte aufstöbern können, befand sich im vorderen Teil des Bugs die Hauptbatterie des Bootes und dahinter, zwischen zwei schlanken Ballasttanks, ein Steuersitz mit rudimentären Kontrollen für Steuerung, Navigation, Geschwindigkeit, Batterieleistung und Trimmung sowie ein primitives Hydrophon zum Aufspüren feindlicher Schiffe.
Unter dem Sitz des U-Boot-Lenkers fand Sam einen kleinen Werkzeugkasten und ein Lederholster mit einer Luger Pistole und einem Reservemagazin darin. Beide steckte er in die Tasche.
Unter jedem Ballasttank befestigt befand sich eine rechteckige Truhe, die an der Rumpfwand befestigt war. In einer fand er ein halbes Dutzend Wasserbehälter, die alle
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