Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
Vom Netzwerk:
verändert haben. Wer weiß schon, was der neue Besitzer alles getan hat, seit Sie das letzte Mal dort waren.«
    Triumphierend hob Bohuslaw einen Finger. »Hah! Sie irren sich. Dieser Mann, Bondaruk, hat mich im vergangenen Jahr nach Chotyn geholt, um ihn bei Restaurierungsarbeiten zu beraten. Er wollte, dass dort alles so aussieht wie zur Zeit der Saporischschja-Kosaken. Zwei Wochen habe ich dort verbracht. Bis auf die Inneneinrichtung hat sich nichts verändert. Ich konnte mich nahezu vollkommen frei bewegen, ohne jeden Bewacher.«
    Sam und Remi wechselten verstohlene Blicke. Als sie das erste Mal von Selma über Bohuslaws Angebot informiert worden waren, war es ihre erste Sorge gewesen, dass Bondaruk ihnen eine Falle stellen wollte. Doch bei näherer Betrachtung entschieden sie, dass dies unwahrscheinlich war, und zwar im Wesentlichen auf Grund von Sams Reziprokem Gesetz von Macht und vermeintlicher Unverwundbarkeit, aber auch wegen eines Verdachts, der sie seit Beginn ihrer Reise beschäftigte: Ließ Bondaruk sie, nachdem er bei der Lösung des Rätsels kein Glück gehabt hatte, weitgehend in Ruhe, damit sie ihn zu dem führten, was sie Napoleons Gold nannten? Möglich war es, aber das änderte nichts an ihren Optionen: weitermachen oder aufhören.
    Doch so unwahrscheinlich eine mögliche Falle auch erschien, sie wollten trotzdem wissen, weshalb Bohuslaw seine Hilfe anbot. Die Summe, die er verlangte – fünfzigtausend ukrainische Hrywnja oder zehntausend US-Dollar –, erschien ihnen geradezu armselig, wenn man bedachte, was Bondaruk ihm antun würde, wenn sein Verrat bekannt werden würde. Sam und Remi vermuteten dahinter so etwas wie Verzweiflung. Aber weshalb?
    »Warum tun Sie das?«, fragte Sam.
    »Wegen des Geldes. Ich möchte nach Triest gehen …«
    »Das haben wir schon gehört. Aber warum sind Sie bereit, sich Bondaruk zum Gegner zu machen? Wenn er wirklich so böse ist, wie Sie sagen …«
    »Das ist er.«
    »Warum gehen Sie dann dieses Risiko ein?«
    Bohuslaw zögerte, wobei ein bitterer Zug um seinen Mund erschien. Er seufzte. »Sie haben sicher schon von Pripjat gehört, oder?«
    »Sie meinen die Stadt in der Nähe von Tschernobyl«, erwiderte Remi.
    »Ja. Meine Frau, Olena, war dort, als sie jung war und … als der Atommeiler explodierte. Ihre Familie gehörte zu den Letzten, die die Stadt verließen. Jetzt ist sie krank – Unterleibskrebs.«
    »Das tut uns leid«, sagte Sam.
    Bohuslaw zuckte schicksalsergeben die Achseln. »Sie hat sich immer gewünscht, einmal Italien kennenzulernen, dort vielleicht sogar zu leben. Und ich habe ihr versprochen, dass wir irgendwann dorthin gehen würden. Bevor sie stirbt, möchte ich dieses Versprechen einlösen. Ich habe mehr Angst, Olena zu enttäuschen als … vor Bondaruk.«
    »Was hält Sie aber davon ab, uns für einen höheren Preis an Bondaruk zu verkaufen?«
    »Nichts. Außer dass ich nicht dumm bin. Was soll ich denn tun? Zu ihm hingehen und sagen: Ich wollte Sie verraten, aber wenn Sie mir mehr bezahlen, tue ich es nicht? Bondaruk verhandelt nicht. Der Letzte, der etwas Ähnliches versucht hat – ein geldgieriger Polizist –, ist zusammen mit seiner gesamten Familie spurlos verschwunden. Nein, mein Freund, lieber verhandle ich mit Ihnen. Das bringt mir zwar etwas weniger Geld, aber ich bleibe zumindest am Leben, um es ausgeben zu können.«
    Sam und Remi wechselten abermals einen Blick, dann sahen sie Bohuslaw an.
    »Ich sage Ihnen die Wahrheit«, beteuerte er. »Geben Sie mir das Geld, und ich verspreche Ihnen, dass Sie am Ende mehr über Chotyn wissen als Bondaruk.«

35
    Über den Kartentisch gebeugt, der vom rötlichen Schein der Lampe darüber erhellt wurde, benutzte Remi den Kompass sowie Lineal und Zirkel, um ihre augenblickliche Position zu bestimmen. Mit dem Bleistift, den sie sich zwischen die Zähne geklemmt hatte, führte sie einige Berechnungen auf dem Rand der Seekarte aus, dann umkreiste sie einen Punkt auf ihrem Kurs und flüsterte: »Wir sind da.«
    Sam, der am Steuer stand, schaltete daraufhin den Schiffsmotor aus. Der Fischkutter trieb durch den Nebel, wobei das Wasser plätschernd gegen seinen Rumpf schlug, bis er schließlich stoppte. Sam verließ das Steuerhaus, warf den Anker über Bord und kam zurück.
    »Es müsste jetzt an Backbord auftauchen«, sagte Remi und trat neben ihn ans Fenster. Er blickte durch ein Fernglas und suchte die Dunkelheit vor dem Bug ab. Anfangs sah er nur Nebel, doch dann erschien in der Ferne ein

Weitere Kostenlose Bücher