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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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machen konnten? Und die gab es durchaus, wie sie festgestellt hatte. Erstens stellte er seine Sammlung antiker Artefakte auf seinem Anwesen zur Besichtigung aus und beschäftigte ein kleines Team von Experten, die sich um die Pflege und Erhaltung der einzelnen Stücke kümmerten. Zweitens war das Anwesen weitläufig und geschichtsträchtig, eine Eigenschaft, die ihnen, wie Selma meinte, vielleicht einen Zugang verschaffen könnte.
    Sie stiegen aus dem Wagen, gingen zum Klippenrand und blickten nach Norden. Knapp zwei Kilometer entfernt an der zerklüfteten Küste und vor einer Felsbrücke liegend, die aus der Klippenwand herausragte, lag Bondaruks vierzig Hektar großes Anwesen, das den offiziellen Namen Chotyn trug. Die Brücke, durch eine Erosion geschaffen, die Jahrtausende währte, reichte bis zu einem Felspfeiler, der wie ein Wolkenkratzer aus dem Ozean aufstieg.
    Bondaruks Zuhause war eine fünfstöckige, im Kiewer Rus-Stil erbaute Festung mit steilen, schiefergedeckten Dächern, tief liegenden Giebelfenstern und zwiebelförmigen kupfergedeckten Minaretten, umgeben von einer niedrigen, gipsverputzten Steinmauer und künstlich angelegten Tannenhainen.
    Chotyn erlangte Mitte des achtzehnten Jahrhunderts als Wohnsitz eines Häuptlings des Krim-Khanats, dessen Sippe sich im sechzehnten Jahrhundert von der Goldenen Horde abgespalten hatte, um sich in dieser Region niederzulassen, historische Bedeutung. Nach einhundert Jahren wurde der Clan des Häuptlings von moskowitisch-russischen Streitkräften unter der Führung eines in Saporischschja ansässigen Kosaken-Hetman vertrieben, der das Gebiet als Kriegsbeute für sich beanspruchte, um es dreißig Jahre später einem noch mächtigeren Hetman zu überlas sen.
    Während des Krimkriegs wurde die Festung Chotyn von Pawel Stepanowitsch Nachimow, dem berühmtesten Admiral der Schwarzmeerflotte des Zaren Nikolaus II., als zukünftiger Ruhesitz requiriert. Danach wechselte ihr Verwendungszweck mehrmals: Zuerst diente sie als Museum, in dem die Belagerung Sewastopols dokumentiert wurde; dann benutzte die deutsche Wehrmacht Chotyn während des Zweiten Weltkriegs als Stabsquartier; nachdem die Stadt befreit wurde, diente die Burg wieder als Sommersitz für hochrangige Kommandeure der sowjetischen Armee. In der Zeit von 1948 bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion verfiel die Festung Chotyn und erwachte erst wieder aus ihrem Dornröschenschlaf, als Bondaruk sie im Jahr 1997 von der ukrainischen Regierung erwarb, die unter akutem Geldmangel litt.
    Angesichts der wechselvollen Geschichte der Burg stieß Selma bei ihren Recherchen auf zahlreiche interessante Hinweise, doch am Ende war es einer der niedrigsten menschlichen Beweggründe – Habgier –, der die Lücke in Chotyns Wehranlagen offenlegte.
    »Erzähl mir das Ganze noch einmal«, verlangte Sam von Remi, während er das historische Anwesen durch sein Fernglas betrachtete.
    »Sein Name war Bogdan Abdank«, begann Remi. »Er war der Kosake aus Saporischschja, der die Festung von den Mongolen übernommen hatte.«
    »Okay.«
    »Offenbar trat Abdank aber nicht nur als Kosake in Erscheinung. Nebenbei schmuggelte er auch Pelze, Edelsteine, Alkohol und Sklaven in großem Stil, kurz: alles, was er mit Profit auf dem schwarzen Markt verkaufen konnte, den er eigenständig kontrollierte. Das Problem war nur, dass es zahlreiche andere Kosaken-Clans und Kiew-Rus-Warlords gab, die Abdank aus dem Geschäft drängen wollten.«
    »Aber der alte Bogdan war clever«, erwiderte Sam und erwärmte sich allmählich für das Thema.
    »Und emsig.«
    Den per Internet zugänglichen Archiven zufolge, die Selma in der Nationalen Taras-Schewtschenko­-Universät Kiew hatte ausgraben können, hatte Abdank von Arbeitssklaven ein ganzes Tunnelsystem in die Felsenklippen und Berge rund um Chotyn graben lassen, um dort die zahlreichen Beutestücke seiner Raubzüge und Schmuggelfahrten zu verstecken. Frachtschiffe, beladen mit rumänischen Zobelpelzen oder türkischen Diamanten oder Prostituierten aus Georgien, die für den Westen bestimmt waren, gingen vor Chotyn vor Anker, um die Waren auf Barkassen umladen zu lassen. Diese verschwanden dann in der Nacht, um ihre Fracht in die Tunnel unter der Burg zu schaffen.
    »Das heißt, dass wir uns auch weiterhin als Höhlenforscher betätigen dürfen«, stellte Remi fest.
    »Es sieht ganz danach aus. Die Frage ist nur, wie weit Bondaruk die Geschichte der Festung Chotyn vertraut ist. Falls die Tunnel existieren –

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