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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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plötzlich knapp vor dem Bug. Sam wartete, bis das Boot in ein Wellental sackte, schob den Antriebshebel bis zum Anschlag vor und drehte die Schraubenwelle hart nach rechts. Der Propeller wühlte sich ins Wasser, lenkte das Boot auf die Felsnadel zu, bevor es seitlich wegschwenkte. Der Fels glitt links an ihnen vorbei und verschwand im nächtlichen Dunkel. Sam blieb auf voller Kraft, zählte bis zehn und drosselte dann wieder den Antrieb. Sie lauschten.
    »Rechts ist die Brandung näher, glaube ich«, flüsterte Remi.
    »In meinen Ohren klingt es eher so, als wäre sie links näher«, erwiderte Sam.
    »Sollen wir eine Münze werfen?«
    »Auf keinen Fall. Deine Ohren sind besser als meine«, sagte er und steuerte nach links.
    »Stopp«, befahl Remi zehn Sekunden später. »Spürst du das?«
    »Ja«, erwiderte er und sah sich um.
    Das Dingi bewegte sich zur Seite und nahm Tempo auf. Sie hatten das Gefühl, als stiege ihnen der Magen in die Speiseröhre, da das Boot auf einen weiteren Wellenkamm gehievt wurde. Gut drei Meter entfernt auf der rechten Seite erhaschten sie einen kurzen Blick auf zerklüfteten Fels, der aber sofort wieder vom Nebel verschluckt wurde.
    »Die Paddel«, rief Sam und hob seines vom Boden des Dingis auf. Im Bug folgte Remi seinem Beispiel. »Augen offen halten …«, warnte Sam leise.
    »Hinter dir!«, rief Remi.
    Sam fuhr herum, während das Paddel wie ein Speer in seiner Hand aufstrebte.
    Die Felsnadel war in Reichweite.
    Er schmetterte die Kante der Paddelschaufel gegen den Felsen, dann stemmte er sich mit seiner ganzen Kraft dagegen, aber die Welle war zu stark, und das Boot begann um den Drehpunkt zu rotieren, den das Paddel in diesem Moment darstellte.
    »Wir kommen herum«, knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Schon verstanden!«
    Remi reagierte bereits, drehte sich auf den Knien, um zur anderen Seite zu blicken, und hob das Paddel hoch. Mit einem Knirschen prallte es gegen den Fels. Das Dingi, dessen Drehung sich für einen Augenblick verlangsamte, stieß gegen die Felswand und begann abermals zu rotieren.
    Sam warf sich zurück, um seinen Schwerpunkt wieder in die Bootsmitte zu verlagern, und streckte die Hand nach dem Antriebshebel aus. Seine Hand hatte die halbe Distanz zurückgelegt, als er abermals spürte, wie sein Magen hochstieg. Plötzlich hörte er das schrille Jaulen des Motors, als das Heck des Bootes aus dem Wasser stieg.
    Er hatte nur noch den Bruchteil einer Sekunde zur Verfügung, um warnend »Remi!« zu rufen, ehe er sich in die Luft geschleudert fühlte. Er wusste, dass der Fels ganz nah war, aber nicht, wie nah. Daher wandte er den Kopf, um ihn zu suchen. Und da war er auch schon und raste aus dem Nebel auf sein Gesicht zu.

36
    Sekunden oder Minuten oder sogar Stunden später spürte Sam, wie sich sein Bewusstsein mühsam in die Gegenwart tastete. Nach und nach kehrten seine Sinne zurück, angefangen mit einer federweichen Empfindung auf seiner Wange, gefolgt von dem eindeutigen und vertrauten Geruch von grünen Äpfeln.
    Haare, dachte er, Haare, die mir durchs Gesicht fahren. Grüne Äpfel.
    Remis Shampoo.
    Er zwang sich, die Augen zu öffnen, und stellte fest, dass er in ihr Gesicht blickte, das seltsamerweise auf dem Kopf stand. Er blickte sich um. Er lag auf dem Boden des Schlauchboots, und sein Kopf ruhte in ihrem Schoß.
    Er räusperte sich. »Bist du okay?«, fragte er.
    »Ob ich okay bin?«, flüsterte Remi. »Natürlich bin ich das, du Dummkopf. Du bist es doch, der beinahe ertrunken ist.«
    »Was ist passiert?«
    »Du bist mit dem Kopf gegen die Felsnadel gekracht. Ich habe mich erst umgedreht, als du bereits ins Wasser gekippt warst. Ich hab dir dann die Leine zugeworfen. Da warst noch nicht völlig weggetreten. Ich hab dir zugerufen, die Leine zu fassen, und du hast es getan. Und dann hab ich dich reingezogen.«
    »Wie lange war ich weg?«
    »Zwanzig, fünfundzwanzig Minuten.«
    Er schloss die Augen. »Mein Kopf schmerzt.«
    »Du hast eine Platzwunde am Haaransatz. Sie ist ziemlich lang, aber nicht sehr tief.«
    Sam tastete sich mit den Fingerspitzen ab und fand eine dehnbare Bandage, die um seinen Kopf gewickelt war.
    »Was ist mit deinen Augen? Was siehst du?«, fragte Remi.
    »Alles ist dunkel.«
    »Das ist ein gutes Zeichen; es ist ja Nacht. Okay, wie viele Finger halte ich hoch?«
    Sam stöhnte. »Lass das, Remi, ich bin schon in Ordnung …«
    »Beweise es.«
    »Sechzehn.«
    »Sam!«
    »Vier Finger. Ich heiße Sam, und du bist Remi, und wir

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