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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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gesehen, niemand. Er schweigt verwirrt und fügt hinzu, als sei
das von ungeheuerer Wichtigkeit: »Ich nenne sie Trixi.«
    »Es ist das Mädchen, das in
deinem Herzen wohnt?«
    »Wohnen tut sie in Stuttgart,
glaube ich.« Cantal ist offensichtlich ein wenig aus der Fassung.
    »Es ist das Mädchen, das du
liebst«, sagt Ben Arafa geduldig.
    Cantal starrt ihn an. Sein Mund
öffnet sich halb. Er sieht etwas töricht aus in diesem Moment. Er schlägt sich
gegen die Stirn, er sagt leise: »Ja, ja, natürlich. Natürlich, du hast
vollkommen recht. Mir ist das bloß nie so richtig, so richtig...«
    Er denkt angestrengt nach: Es
hat dich erwischt, mein Alter, noch ein paar Monate und du bist aus dem Verkehr
gezogen, komisch, bist gar nicht mal traurig darüber. Sei helle, bleib
Junggeselle! Ständiger Trinkspruch in den Häfen aller sieben Meere.
    Es hat dich erwischt, und du
wirst sie alle nicht wiedersehen, Shirley nicht, die immer dabei kicherte, und
Sandra nicht, die nachher Spiegeleier briet, und Annerose nicht, mit dem
Liebst-du-mich-wirklich-Tick, und Mee-Ling nicht, die Kirschblüte, eine
Kirschblüte, die schnarchte, und Carmencita nicht, die immer nur in Kleidern
wollte, und Swetlana, die vorher Unmengen Vanilleeis aß, und... und... und...,
es hat dich erwischt, mein Alter, und wenn du wieder an Bord bist, werden die
Briefe verbrannt und die Bilder, und zu Trixi wirst du sagen...
    Trixi! Ich muß Trixi finden. Er
springt auf. Der Diwan ihm gegenüber ist leer. »Ben Arafa!« schreit er.
    Arafa erscheint so plötzlich,
als sei er der Wand entstiegen. »Höre zu, was ich dir jetzt sage. Du gehst zum
Café der Mauren und fragst nach Ali, der Fliege.«
    »Wieso Fliege?«
    »Weil er so lästig ist«, sagt
der Alte und verliert zum erstenmal etwas von seiner Ruhe. »Aber das ist jetzt
nicht wichtig. Wichtiger ist, daß du dich auf den Weg machst. Allah ihennikum!«
    Vor dem Maurischen Café sitzt
ein Gaukler und küßt eine Schlange, die ihren letzten Giftzahn längst verloren
hat. Zwei amerikanische Touristinnen sagen »how lovely« und werfen ihm ein paar
Münzen zu. Die über den Vorplatz gespannten Ketten mit den bunten Glühbirnen
schaukeln im Wind. Im Scheinwerferlicht ragt das Minarett der Großen Moschee
aus dem nachtdunklen Himmel.
    »Einen Boura«, sagt Cantal und
läßt sich an einem der Tische nieder. Er kippt den aus Feigen und Rosinen
gebrannten Likör und bestellt sich noch einen. Er fragt den barfüßigen Kellner:
»Ali, die Fliege, kennst du einen solchen Mann?«
    Der Kellner kennt ihn erst,
nachdem er einen Schein kassiert hat. Er trabt davon, kehrt wieder zurück,
flüstert: »Auf der Terrasse.« Die Terrasse liegt verlassen im Licht des blassen
Mondes. Die Gäste haben sich vor dem Schergi in das Innere geflüchtet. In der
Ferne hört man das Tosen der Brandung. Ein Bursche mit einem Fez tritt aus dem
Schatten einer Säule. Sein Gesicht ist von Pockennarben übersät. Er starrt
Cantal mißtrauisch an.
    »Ben Arafa schickt mich. Er
meint, du könntest mir etwas über ein blondes deutsches Mädchen sagen.«
    »Viele blonde Mädchen in
Tanger. Kommen jeden Tag, gehen wieder. Insch’allah— wie Allah will!«
    »Laß Allah aus dem Spiel und
beantworte meine Frage.« Cantal packt ihn an den Falten seiner Djellaba. Das
pockennarbige Gesicht ist dicht vor ihm. Knoblauchgeruch schlägt ihm entgegen.
    »Weiß nichts.«
    Eine sinnlose Wut packt Cantal.
Seine Hände legen sich um den Hals des Burschen. »Wenn du mir nicht verraten
willst, wo du das Mädchen gesehen hast, bring ich dich um«, sagt er und
erschrickt, weil er spürt, daß er es tun würde.
    Ali, die Fliege, wird bleich
wie ein Laken. »Nichts getan«, stammelt er, »nichts getan, nur wollen verkaufen
Zigarett’, Brillanten, Schweiz Huhre, verstehn, nichts getan.«
    »Wo sie steckt, sollst du mir
sagen.« Sein Griff hat sich nicht gelockert.
    »Straße zum Kap Spartel, am
Qued el Ihoud, dem Judenfluß, das Haus des Achmed, sie reinrennen und schreien,
ich weg.«
    Cantal merkt, wie seine Lippen
taub werden. In seinen Ohren beginnt es zu rauschen. Irgendwo in seiner Brust
ist ein Schmerz. Er versucht, tief Atem zu holen und kann es nicht.
    »Ich nichts getan, nichts,
nichts, Allah weiß...«
    »Hör mir zu, mein Kleiner; wenn
man ihr auch nur ein Haar gekrümmt hat...« Der Gedanke ist so fürchterlich, daß
er nicht weitersprechen kann. Er wendet sich langsam ab, geht über die Terrasse
und hastet die Treppe zur Riad Sultan hinunter.
    »Ich bin

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