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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Trixi
richtet sich drohend auf, sinkt im nächsten Moment mit einem kleinen Schrei
zurück. Der Knöchel, aua, aua, mein Knöchel. »Du Schuft«, will sie sagen,
kriegt aber nur »...uft« heraus. Beim Küssen spricht man immer so undeutlich.
    Spät in der Nacht hocken sie
auf Bastmatten um einen flachen runden Tisch herum. René Cantal und der Alte
und die kleine Saida und die beiden Kinder mit ihrem Tamburin und die Mutter
und ihr Mann, der Achmed heißt, wie alle Araber, und drei, vier, fünf Nachbarn.
Achmed erzählt zum x-ten Mal, und Saida übersetzt es brav und immer wieder, wie
er in die Toreinfahrt gelaufen ist, weil ihm die kleine Ziege wieder entwischt
war, und wie dort die Frau gestanden hat und plötzlich losschrie und lang
hinstürzte, und wie er sie ins Haus tragen mußte, weil sie nicht mehr auftreten
konnte.
    Trixi meint etwas verlegen: »Na
immerhin wurde ich ja verfolgt. Von so einem gefährlichen Kerl. Hat man ihn
erwischt?«
    Saida verzieht das Gesicht und
lacht und zwitschert und lacht. »Ich hab’ ihn erwischt. So!« Sie zeigt
auf ihre rechte Hand und macht »patsch«, »patsch«, »patsch«. »Es war doch nur
Ali, Ali, die Fliege.« Sie legt ihre Stirn in Falten, schiebt die Zähne vor,
spricht heiser: »Ich dir Tanger zeigen, Kasbah, Große Moschee, Sultanspalast
mit die Frauenstall?«
    Alle am Tisch lachen, klatschen
in die Hände, die Kinder bearbeiten das Tamburin zu einer Art Tusch. Nur Trixi
lacht nicht. Vor einem Dorftrottel also ist sie davongelaufen, vor einem
stadtbekannten Filou. Sie ist rot geworden und schielt zu René hinüber. Auch
der lacht, kann sich gar nicht beruhigen, der Heini. »Ali, die Fliege«, grunzt
er immer wieder, »Ali, die Fliege.«
    Das Essen wird aufgetragen. Es
gibt eine Bastila, wie die mit Taubenfleisch und Mandeln gefüllte marokkanische
Pastete heißt. Der Ohm zerpflückt sie mit den Händen, legt René eine tüchtige
Portion auf den Teller und vergißt auch Trixi nicht, deren Liege man an den
Tisch herangeschoben hat. Die Bastila ist wirklich köstlich, aber auch die
Noassar, die Lammwürstchen, sind nicht übel, von den Rindsfüßen mit Kaldaunen
nicht zu reden. Alles wird vom Ohm fein säuberlich zerrupft und gerecht auf die
einzelnen Teller verteilt.
    Man trägt ein riesiges Tablett
herein. Auf dem Tablett liegt ein Berg von Reis, garniert mit Oliven, Mandeln,
Zitronen, Feigen, Artischocken, Paprikaschoten. Gekrönt wird der Berg vom Kopf
eines Hammels. Ergriffenes Schweigen. Bei Hammelkopf in Reisrand muß man
schweigen.
    Trixi starrt den Hammel an, und
der Hammel starrt zurück. Leicht vorwurfsvoll. Man hat ihm die Augen gelassen,
die wie große geringelte Glasmurmeln aussehen.
    Der Ohm bemerkt ihren Blick. Er
sagt etwas zu Saida.
    Saida übersetzt: »Er meint, du
kannst die Augen haben, du bist Ehrengast.«
    Trixi versucht, geehrt
dreinzuschauen. Sie startet ein Lächeln, das gequält ausfällt. Sie lächelt und
lächelt und denkt an die zwei Möglichkeiten, die es bekanntlich immer gibt:
Wenn ich die Augen ablehne, sind sie tödlich beleidigt; wenn ich die Augen
esse, bin ich tot. Aber manchmal gibt es im Leben noch eine dritte Möglichkeit.
»René, Liebster«, flüstert sie, »Du weißt, wie sehr ich auf meine Figur achten
muß. Und du, du bist so schlank, dir werden die beiden Äuglein bestimmt nicht
schaden. Gell?«
    Zu Saida sagt sie laut: »Sage
dem Ohm, daß ich die Ehre zu schätzen weiß. Er wird mir aber erlauben, daß ich
sie dem Mann zukommen lasse, dem ich untertan bin.« Sie zeigt auf René.
    Saida übersetzt. Beifälliges
Nicken in der Runde über die Höflichkeit einer Almani, einer Deutschen, die dem
Manne gibt, was des Mannes ist. Der Ohm legt die Augen auf ein Weinblatt,
taucht sie tief in den Hammeltalg, überreicht sie dem Ehrengast mit einer
Verbeugung.
    »Danke, barak allahu, vielen
Dank.« Renés Stimme klingt wie erloschen. Er holt tief Luft, schluckt, wird
bleich, greift mit zitternder Hand nach seinem Weinglas.
    »Delikat?« fragt Trixi.
     
    Trixi ist noch lange wach. Sie
liegt im Zimmer der kleinen Saida. Die Wände sind weiß gekalkt. Durch die
fensterlosen Rundbögen dringt der Geruch des Sandelholzes, das man auf das
Kohlebecken geworfen hat. In ihrem Fuß pocht der Schmerz. Sie schläft ein,
erwacht, schläft wieder. Irgendwann öffnet sich knarrend die Tür. René kommt
herein und hat ein Kopfkissen in der Hand.
    »Ich kann nicht schlafen«, sagt
er.
    »Ich auch nicht.«
    »Die haben mir da vielleicht
eine

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