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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Zwetschgenwasser. »Doch womit?«
    Frau Engel schüttelte lächelnd
den Kopf, als wollte sie sagen: Ob ich den jemals großkriege? Sie fragte: »Was
kannst du, Phipps?«
    »Tscha, was kann ich? Ich kann
Cha-Cha-Cha tanzen, Cocktails mixen, eine Cessna steuern, Wasserski fahren und
pokern. Ich habe in Caracas einen Preis bekommen bei einer Autorallye, habe bei
einer Wandertruppe den Romeo gespielt und in Kanada nach Wölfen gejagt. Das
alles sind Künste, die Geld kosten und keines einbringen. Außerdem kann ich
Geschirr spülen, Zeitungen austragen, auf Pferde wetten, Holz hacken und
Baumwolle pflücken. Aber Baumwolle wächst ja hier nicht.«
    »Philipp, du kannst doch
ausländische Sprachen.«
    »Stimmt. Ich spreche englisch
und französisch perfekt, deutsch natürlich auch, und spanisch so la la.«
    »Siehst du, und das vergißt
du.« Frau Engel stand auf und strich mit den Händen ihre Schürze glatt. »So,
und nun laß mal deine Mutter ‘ran. Ich bin in einer Minute zurück. Warte hier.«
Sie band die Schürze ab und hängte sie sorgfältig an den Schrank. Sie ging über
den Flur und klopfte an Numero 7. Mabel Ellington öffnete ihr. »Hallo, Mrs.
Engel, was kann ich machen für Sie?«
    »Ich wollte nur wissen, ob Ihr
Reiseleiter noch den fürchterlichen Durchfall hat, Missis?«
    Es ergab sich, daß der
Reiseleiter immer noch den fürchterlichen Durchfall hatte. Man beschloß, daß
Philipp P. Engel ihn vertreten sollte. Von Fall zu Fall. Und für 25 Dollar pro
Tag. Plus Trinkgeld.
     
    Vor dem Brückenhaus des alten
Schlosses stand ein Orgelmann. Er drehte die Kurbel und sang mit Fistelstimme:
»Das war der Zwerg Perkeo, im Heidelberger Schloß, an Wüchse klein und winzig,
an Durste riesengroß. Man schalt ihn einen Narren. Er dachte: Liebe Leut, wärt
ihr wie ich doch alle, feuchtfröhlich und gescheut.«
    Philipp warf dem Mann eine Mark
in den Hut und marschierte an der Spitze seiner zwölf Lehrerinnen über die
Zugbrücke auf den Schloßhof. Auf dem Hof waren außer seiner Gruppe noch ein
Dutzend andere Gruppen.
    »This way«, sagte Philipp,
»hier entlang, meine Damen.« Sie passierten ein zweiflügeliges Tor und standen
in einem kahlen Raum. »Dies ist der Ruprechtsbau«, sagte Phil. Das wußte er.
Sonst wußte er gar nichts. Er sah ratlos zu dem Kreuzgewölbe hinauf. Zwölf
Lehrerinnen hoben ihre Köpfe und folgten seinem Blick. Aber dort stand es auch
nicht. Peinliches Schweigen kam auf. Reiseleiter Philipp räusperte sich
mehrmals. Dann sagte er: »Der Ruprechtsbau wurde von Ruprecht erbaut.«
    Hastig schlug er den Weg ins
Innere des Schlosses ein. Philipp führte sie in die Tiefe. Es war kühl und
feucht hier. Hier stand das größte Faß der Welt. Auf seiner Oberseite war ein
Podium. Darauf konnte man tanzen, wenn man wollte. Die Lehrerinnen wollten.
Dann wurde geknipst. Zwölf Fotoapparate machten »klick«. Das Faß trat seinen
Weg an in die Fotoalben amerikanischer Mittelwestlehrerinnen. Dort würde es
einen Ehrenplatz einnehmen neben dem Turm von Pisa— dem schiefsten der Welt der
Sixtinischen Madonna— der teuersten der Welt und der Tell-Gasse zu Küßnacht—
der hohlsten der Welt.
    Als Philipp die Superlative
ausgegangen waren, begann er zu lügen. »Der Frauenzimmerbau«, so sagte er im
Festsaal des Frauenzimmerbaus und sein Arm beschrieb einen Kreis, »heißt so,
weil hier der Pfalzgraf bei Rhein einst seinen Harem hatte. Zwölf nußbraune
Frauenzimmer bewohnten ihn. Der Graf hatte sie von einem Kreuzzug ins Heilige
Land mit nach Hause gebracht. Als Souvenir sozusagen.«
    »Wir sind auch zwölf, Mr.
Engel«, ertönte eine Stimme. Elf Lehrerinnen begannen zu kichern. Phil sah sich
im Kreise um. Er blickte in zwölf Paar Augen, die ihn hingerissen anstarrten.
Es waren blaue, graue, grüne, braune Augen unter blonden, brünetten, schwarzen
und tizianroten Stirnfrisuren.
    »Dort«, log er und wies in eine
Ecke des Raumes, »stand der berühmte Riesendiwan, den der Herr Graf für seine
Frauen bauen ließ. Er war kreisrund und hatte einen Durchmesser von fünf
Metern. Die zwölf Frauenzimmerchen schliefen mit den Füßen nach innen. Man
nannte den Diwan deshalb die ›Weibertorte‹. Der Sitte der Zeit gemäß wurde auch
Gästen davon angeboten. Die Chronik vermeldet, daß der Graf sein Haus stets
voll hatte.«
    »Und wo ist die ›Weibertorte‹
jetzt?« fragte eine Rothaarige begierig.
    »Der Diwan«, sagte Philipp und
überlegte sich eine neue Lüge, »der Diwan wurde leider nach dem Krieg

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