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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Wände waren mit Aktfotos
beklebt. Phil hatte noch nie in seinem Leben so viele nackte Frauen gesehen. In
derart skurilen Positionen. Die Damen knieten auf Schemeln, umarmten
Gummibäume, hingen über Balkonbrüstungen, liefen über Kieselsteine, blickten
durch Bilderrahmen, streichelten Schäfchen, küßten Gartenzwerge, spielten
Blockflöte, pflückten Äpfel, hockten auf Medizinbällen, grätschten, turnten,
spreizten, sprangen, schwangen— eine Orgie weiblichen Fleisches von nicht zu
leugnender Komik.
    »Hübsche Tapete«, sagte er,
»was kostet die Rolle?«
    »Also, was wollen Sie? Ich
nehme an, Sie sind nicht wegen der Bilder gekommen.«
    »Wer weiß, Monsieur, wer weiß.«
Philipp schaute neugierig durch einen Vorhang, der den rückwärtigen Teil des
Raumes abtrennte.
    »Pardon«, sagte er im nächsten
Augenblick, sah aber nicht weg. Auf einer Ottomane lag eine Frau. Außer zwei
rosaroten Blumen mit Typ Hippy trug sie nichts. Und die trug sie als Ohrclips.
Fräulein Hippy schien zumindest für einige laufende Meter der Tapete Modell
gestanden zu haben. Sie warf ihm einen schmelzenden Blick zu.
    »Ich denke, Sie fotografieren
nicht mehr«, sagte Philipp frech.
    »Das geht Sie einen Dreck an.«
Der Alte fuhr sich mit einer ruckartigen Bewegung an seinen Ziegenbart.
    »Stimmt, aber ich weiß nicht,
wie andere Leute darüber denken.«
    »Was wollen Sie, sind Sie ein
Spitzel? Dann hätte ich etwas für Sie.« Er riß an einem mit einer langen
Troddel verzierten Klingelzug.
    Ein Kerl von gut zweieinhalb
Zentner Lebendgewicht erschien. Er hatte Hände groß wie Bratpfannen. »Was
läuft?« grunzte er.
    »Der da soll laufen«, sagte der
Alte, »aber schnell.«
    Die Schweinsäuglein des Dicken
glitzerten. »Läuft gleich, Chef.« Er ging auf Philipp zu, streckte seine
riesige behaarte Rechte aus.
    Phil glitt mit dem eleganten
Sidestep eines Toreros von ihm weg und meinte: »Ich nehme an, daß Sie Ihr
pornografisches..., Verzeihung, Ihr fotografisches Atelier behalten wollen.« Er
lächelte.
    Die Hand des Gorillas grub sich
wie eine Zange in Philipps Schultern. »Moment«, murmelte der Alte und stoppte
den Gorilla durch einen Wink. Er blickte auf das Paßfoto, das der Fremde
plötzlich in der Hand hielt.
    »Was soll ich damit?«
    »Sich erinnern.«
    Der Alte starrte auf das Bild.
»Ich erinnere mich nicht.« Er drehte das Bild herum. Er las den Namen, der dort
stand: Marcel Pierre de Grandlieu. Seine Hand begann plötzlich zu
zittern.
    Philipp beobachtete ihn
aufmerksam. »Ihre Hand erinnert sich bereits, Monsieur Saint-Jean.«
    Saint-Jean griff mit der Hand
in seinen Bart, um das Zittern zu verbergen. Er wurde merklich höflicher.
»Natürlich, Monsieur, die Aufnahme ist mal bei mir gemacht worden. Aber das muß
unendlich lange her sein. Sie sehen es an dem Papier, und den Prägestempel
benutze ich seit Jahrzehnten nicht mehr.«
    »Sie haben doch eine Kartei,
eine Kartei mit den Adressen Ihrer Kunden.« Philipp setzte sich vorsichtig auf
die Lehne des Plüschsofas und spielte mit der Sprungfeder.
    »Ist dieser Monsieur hier ein
Bekannter von Ihnen?«
    »Bekannter wäre stark
übertrieben. Er ist... aber lassen wir das. Was mich interessiert, ist
lediglich die damalige Adresse von Monsieur de Grandlieu.« Er sah mit
Interesse, wie der Alte bei der Nennung des Namens wieder zusammenzuckte.
    »Ich will mich bemühen, aber
Sie werden verstehen, das kann Stunden dauern, bis ich die alten
Karteikästen...« Saint-Jean fing an zu stottern.
    »Aber natürlich verstehe ich
das. Es muß ja nicht gleich sein. Ich komme morgen noch einmal vorbei,
d’accord?«
    »D’accord. Und wie ist Ihr
Name, Monsieur?«
    »Was sind schon Namen?« Er
blies dem Gorilla den Rauch seiner Zigarette ins Gesicht. Trällernd verließ er
den Raum.
    Er wurde sorgfältig beschattet
von »Dickerchen«, der auf diesem Gebiet einschlägige Erfahrungen hatte. Philipp
merkte nichts davon. Nie merkte er so etwas. Dazu war er zu arrogant, zu sehr
von sich überzeugt. »Ich bin ein Sonntagskind und beschäftige ständig zwei
Schutzengel«, hatte er einmal zu dem Leiter des Hilfstrupps gesagt, der ihn bei
Wyoming aus einem riesigen Heuhaufen barg. Er war dort hineingefallen, nachdem
sich sein Fallschirm bei einem Trainingsspringen nicht geöffnet hatte.
    Aber auch der Gorilla merkte
nicht, daß ihm jemand auf Schritt und Tritt folgte. Er hätte allerdings
Entschuldigungsgründe aufführen können. Wer nimmt schon ein Mädchen ernst, das
einen Pferdeschwanz mit

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