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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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wieder
flöten.
    Florence stand am Fenster ihres
Abteils. »Vielleicht haben Sie recht, Philipp. Es ist wohl besser so.«
    »Ich habe immer recht«, sagte
er bescheiden und wunderte sich, wie vernünftig sie auf einmal war.
    Sie reichte ihm die Hand hinunter.
»Leben Sie wohl, Phil. Ich werde meinem Vater alles erzählen müssen.«
    Er eilte die Treppe hinauf zur
Bahnhofshalle. Die wären wir los, dachte er, aber er spürte keine Erleichterung
bei dem Gedanken. Ich könnte jetzt einen Schluck vertragen, einen kräftigen
Schluck...
    Florence war den Gang
entlanggegangen. Sie öffnete die Tür, die auf die Gleise hinausführte, und
schaute nach links und rechts. Der gegenüberliegende Bahnsteig war öde und
verlassen. Sie stieg auf den Gleiskörper hinunter, als der Zug anfuhr. Sie
stakste über den Schotter und kletterte über eine Holzstiege auf den anderen
Bahnsteig.
     
    Philipp lag lang ausgestreckt
in seinem Bett. Sein Kopf ruhte auf zwei dicken Kissen. Auf dem Nachttisch
stand ein Glas Wein. Er trug auf dem nackten Körper einen Morgenrock aus
Shantungseide. Der Wecker zeigte die dritte Nachmittagsstunde. Eine Fliege
brummte an der Fensterscheibe herum. Die Jalousetten waren heruntergelassen und
tauchten das Zimmer in sanfte Dämmerung.
    Philipp dachte nach. Er dachte
nicht gern nach. Er tat überhaupt nichts gern, was anstrengte. Doch wenn er
nachdachte, so mußte es im Liegen geschehen. Er hielt es mit den alten
Chinesen, den weisesten Menschen, die es je gegeben hat auf diesem Erdball. Die
schönsten Gedichte, die epochemachendsten Erfindungen, die tiefgründigsten
Philosophien, all das war den Chinesen im Bett eingefallen.
    Was, so überlegte Philipp, was
sollte dieser Scherz mit der Höllenmaschine? Wer hatte ihn inszeniert? Monsieur
Grandlieu? Kaum. So sah der nicht aus. Und ein toter Philipp Engel würde ihn
schwerlich zu den Millionen führen können.
    Wer dann also? Die
Blütenfabrikanten? Denen wäre es eher zuzutrauen. Er hatte sie aufs Kreuz
gelegt, und sie wollten sich rächen. Der Polizeibericht hatte nicht umsonst von
einem »großen Unbekannten« gesprochen, der hinter der Organisation stehen
sollte. Andererseits waren das Profis. Und Profis schossen nicht gleich mit
Kanonen auf Spatzen.
    Er trank einen Schluck Wein.
Vielleicht wollte ihn auch jemand auf der Jagd nach der Beute ausschalten. Nun,
der sollte sich irren.
    Es klopfte an der Tür. Seine
Mutter kam herein. Sie trug ein Tablett und sagte: »Hier bringe ich dir den
Kaffee und zwei Brezeln.« Sie schaute auf den Nachttisch. »Du sollst doch keinen
Wein am Nachmittag trinken, Bub.«
    »Sag mal, alte Dame, wo hat
Vater eigentlich gewohnt, als er hier studierte?« fragte Philipp.
    Sie stellte das Tablett auf den
Tisch und setzte sich zu ihm aufs Bett. »Wo der Marcel gewohnt hat? Mein Gott,
das ist jetzt so lange her. Wie soll ich das noch wissen.«
    Er spürte ein Widerstreben in
ihrer Stimme und sah sie überrascht an.
    »Das müssen wir aber wissen.«
    »Was nützt es, wenn du es
weißt? Glaubst du, die Leute, bei denen er damals gewohnt hat, haben eine
Ahnung, wo er jetzt ist?«
    »Wahrscheinlich nicht.
Versuchen muß man es trotzdem. Vielleicht kriegt man einen Hinweis, vielleicht
findet man eine Spur, was weiß ich.«
    Er stand auf. »Dann werde ich
jetzt zur Universität gehen. Wie ich die dort kenne, haben sie bis ins
Mittelalter zurück alles fein säuberlich aufgehoben.«
    Er sah, wie sie mit ihren
Händen erregt die Schürze glättete. Er spürte wieder ihren Widerstand. »Was ist
los?« fragte er. »Willst du die Millionen nicht mehr?«
    »Ich will schon, Phipps,
aber...«
    Er schaute sie an und begriff
plötzlich. »Keine Angst, Frau Engel, Diskretion Ehrensache.« Er gab ihr einen
Kuß auf die Nase. »Außerdem ist es schon eine kleine Weile her.«
    Sie nahm ihre Brille ab und
putzte sie energisch. Was bei ihr immer ein Zeichen größter Verlegenheit war.
»Wenn du auf die Uni gehst, grüß den Archivar. Er weiß vielleicht was. Sag ihm
aber, du suchst einen Freund, hörst du, Phipps.«
    »Was ja beinah stimmt«, sagte
Philipp.
     
    Philipp saß dem Archivar
gegenüber. Der Doktor war so wie sein Archiv verstaubt und grau. Er hüstelte
und rieb sich fortwährend die Hände, als friere er. Ja, ja, die Frau Engel, die
kenne er selbstverständlich, wenn man sich auch lange nicht gesehen habe, es
sei eben nicht mehr so wie früher, nichts sei mehr so wie früher. Er sprach
mehr zu sich selbst als zu Philipp. Dann hob er plötzlich

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