Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
wissen.«
Philipp wußte es nicht.
»Und wenn man eineiig ist, muß
man alles zusammen erleben. Mit einem Mann.«
»Aha.«
»Früher haben wir uns immer
zwei Männer aus den Zellen geholt. Da war Janine immer eifersüchtig auf
meinen.«
»Nein, Jeanne war eifersüchtig
auf meinen.«
»Jedenfalls hatten wir immer
Krach.«
»Seitdem wir uns nur noch einen
Mann aus der Zelle holen, haben wir keinen Krach mehr.«
»Das war, glaube ich, ein guter
Entschluß«, sagte Philipp höflich. Er kniff sich kräftig in die Wange, um festzustellen,
ob er träumte. Es tat weh, also mußte er wach sein.
Er lag mit Jeanne auf der
Couch— oder war es Janine?— und küßte sie. Sie schmeckte nach Veilchenpastillen
und biß. Sie biß ihm in die Ohrmuschel, in die Oberlippe, in die Unterlippe, in
die Zunge. Die Augen ließ sie beim Küssen auf. Sie waren leer und unergründlich
zugleich, diese Augen. Wie zwei verlassene Sterne.
Hinter ihm saß Janine— oder war
es Jeanne?— und begnügte sich damit, eine Zigarette zu rauchen und ihm den
Rauch zärtlich in den Nacken zu pusten.
Alle drei waren sie beschwipst.
Philipp besonders. Dabei konnte er sich rühmen, bereits Eskimos unter ihre
Schlitten getrunken zu haben. Die Zwillinge aber hatten ihm ein Getränk
gebraut, das selbst Eremiten auf der Stelle zu Wüstlingen gemacht hätte: eine
Mischung aus trockenem Vermouth, Champagner und Cognac. Er beschloß, sich das
Rezept zu merken.
Kurz darauf konnte er sich
davon überzeugen, daß Eineiigkeit keineswegs unterschiedslose Gleichheit
bedeutet. Janine nämlich— oder war es Jeanne?— biß nicht, sondern lag sanft
saugend an seinen Lippen. Sie hielt die Augen geschlossen und machte nach jedem
Kuß »Mhhhhmmmm!« So als nasche sie ein besonders delikates Konfekt. Auch
schmeckte sie nicht nach Veilchenpastillen, sondern nach Karamelbonbons.
Jeanne begnügte sich inzwischen
nicht damit, ihm Rauch in den Nacken zu pusten. Sie ließ ihre Finger sein
unbekleidetes Bein hinaufmarschieren. Es war ein Spiel, das sie ungeheuer zu
amüsieren schien.
Jeanne und Janine waren
überhaupt unerschöpflich in ihren Einfällen. Als es Philipp endlich gelungen
war, Jeanne von Janine mit Sicherheit zu unterscheiden— anhand eines kleinen
Leberfleckes oberhalb von Jeannes rechtem Ohrläppchen— , stellten sie seinen
Scharfsinn auf die Probe.
Sie zogen sich je einen ihrer
Strümpfe als Maske über das Gesicht, legten ihre Büstenhalter ab und riefen
fröhlich: »Wer ist wer?«
Philipp gab sich alle Mühe bei
diesem neuartigen Quiz. Doch half ihm hier weder ein Leberfleckchen noch sonst
ein Hinweis darauf, welcher zu welcher gehörte. Beide waren sie von
jungmädchenhafter Straffheit, tiefgebräunt von nackten Sonnenbädern,
birnenförmig, appetitlich, mit einem Wort: stimulierend! Wäre er der
Hirtenknabe Paris gewesen, er hätte nicht gewußt, welchem der beiden Mädchen
beziehungsweise Busen der Siegesapfel zugekommen wäre. Vermutlich hätte er zwei
Äpfelchen verteilt.
Genauso ratlos war Philipp, als
Jeanne und Janine ihre Oberteile wieder angelegt hatten und, der Abwechslung
halber, ein anderes Kleidungsstück weiter unten wegließen. Er stellte
überrascht fest, daß beide brünett waren. Dort.
Als Philipp am anderen Morgen
erwachte, lag er so, wie ein Löffelchen zwischen zwei anderen Löffelchen in
einem Besteckkasten zu liegen pflegt. In seinem Fall waren die beiden anderen
Löffelchen Jeanne und Janine. Er richtete sich vorsichtig auf und stieg aus dem
breiten Bett.
Er kratzte sich gähnend am
Rücken und betrachtete die Gesichter der beiden schlafenden Mädchen. Ihre
Lippen umspielte ein scheues Lächeln, ihren Mündern entflohen sanfte Schnarchtöne—
alles in allem ein Bild jungmädchenhafter Unschuld.
Er schlüpfte rasch in seine
Kleider. Das heißt, von »rasch« konnte eigentlich keine Rede sein. Er fühlte
sich ziemlich zerschlagen, stöhnte, ächzte und beschloß, niemals wieder in
seinem Leben Ibn Saud wegen seines Harems zu beneiden.
»Lebt wohl, meine Schönen!« So
leise wie erleichtert sagte er das und warf den beiden zur Vorsicht nur ein
Kußhändchen zu. Er tastete sich durch einen dunklen Flur, und irgend etwas
polterte zu Boden. Mit angehaltenem Atem blieb er stehen, das Herz klopfte ihm
bis zum Hals. Er entdeckte eine Tür, sie führte auf eine Gasse, sie führte in
die Freiheit. »Ehret die Frauen«, zitierte Phil, zündete sich seelenruhig eine
Zigarette an und nahm einen tiefen Zug, »sie flechten und
Weitere Kostenlose Bücher