Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
Vom Netzwerk:
rostige Eisentür. Er rüttelte an der Tür. Sie war offen. Er rannte eine
Treppe nach oben. Plötzlich sah er den Polizisten. Er kam die Treppe herunter
und direkt auf ihn zu...
    »Stehenbleiben!« brüllte der
Polizist.
    Nein, dachte Philipp
eigensinnig und brach wie ein Hirsch durch die Rebstöcke, ich bleibe nicht
stehen. Ich will nicht wieder zu Lankoff mit seiner dämlichen Tanzerei. Und die
Zwillinge sind mir auch zu anstrengend.
    Der zweite Schuß, der auf
Philipp abgefeuert wurde, traf ihn in den rechten Oberarm. Er stürzte in den
Straßengraben, blieb liegen und wunderte sich, daß er nicht den geringsten
Schmerz verspürte. Der Pistolenschütze trillerte wie wahnsinnig auf seiner
Trillerpfeife. Phil robbte in ein Gebüsch und schaute die steile Straße
hinunter. Dort unten mußten die anderen gleich auftauchen. Er saß in der Falle.
    »Das wär’s«, sagte er und
fummelte mit seiner linken Hand nach einer Zigarette. Da hörte er das Geräusch
eines Motors. Ein Lieferwagen arbeitete sich die Straße empor. Philipp erhob
sich taumelnd. Eine Chance, die letzte. Er spürte, wie etwas Klebriges seinen
rechten Arm heruntertropfte. Die Blätter des Gebüsches färbten sich rosa.
    Dann war der Lieferwagen auf
gleicher Höhe mit ihm. Er sprang auf die Straße, krallte sich an der
rückwärtigen Ladeklappe fest. Zentimeter für Zentimeter zog er sich hoch...
    Er fiel in einen
Brunnenschacht, sank tiefer und tiefer, Fische glotzten ihn an, bunte,
leuchtende Fische, Seesterne glitzerten, er spielte mit einer goldenen Alge,
ach, es war schön, so durch das Wasser zu sinken, sich einfach fallen zu
lassen, er sank bis auf den Grund, aus einer riesigen Muschel trat seine
Mutter, sie hatte eine silberne Spieldose in der Hand, sie öffnete den Deckel,
eine Musik erklang von zauberischer Süße.
    Ein Bett kam angeschwommen,
Florence saß darin, sie ruderte mit einer Pfauenfeder. Als sie dicht bei ihm
war, kitzelte sie ihn mit der Feder an der Nase. Philipp mußte niesen...
    »Gesundheit«, sagte Florence
lachend.
    Aber es war gar nicht Florence.
Es war ein junges Mädchen mit rotblondem Haar namens Séraphine. Sie hielt auch
keine Pfauenfeder in der Hand, sondern eine Gänsefeder. Sie stammte auch nicht
aus seinem Traum, sondern aus dem Fischerdorf La Tour Fondue.
    Philipp lag in einem Bett. Vor
ihm standen ein Mann mit einem Schnurrbart, eine Frau mit einem schwarzen
fransenbesetzten Kopftuch und das rotblonde Mädchen. Sie starrten ihn an. Er
starrte zurück.
    Philipp richtete sich mit einem
Ruck auf und sank sofort wieder mit einem Schrei auf den Strohsack. Der Arm.
Was war mit seinem rechten Arm ’!
    »Sie haben den ganzen Tag
phantasiert«, sagte der mit dem Schnurrbart.
    »Und ‘ne Menge Blut verloren«,
sagte die Alte.
    »Vater hat einen furchtbaren
Schreck gekriegt, als er Sie im Fischwagen fand«, sagte das Mädchen.
    Der Weinberg, der Polizist, der
Schuß, der Lieferwagen— Philipp erinnerte sich.
    »Wenn Sie wollen, können wir
Ihnen aus Hyères einen Arzt holen«, sagte der Schnurrbart.
    »Nein!« schrie Philipp und
spürte wieder den stechenden Schmerz im Arm.
    Die Alte ging zum Herd und kam
mit einem Teller Suppe wieder. Es war Fischsuppe. Bouillabaisse. Er aß. Noch
nie in seinem Leben hatte er eine so umwerfend delikate Fischsuppe genossen. Er
flüsterte: »Das Rezept verraten Sie mir bei Gelegenheit, Mütterchen.«
    Der Mann setzte sich zu Phil
aufs Bett. »Hör zu. Ich fahre heute früh aus Nizza ‘raus. Da hat mich die
Polizei angehalten. Sie haben mich gefragt, ob ich einen gesehen hab’. Groß,
blond, schlank, mit Khakihemd, na so einen wie du. Ich sage nein, ich habe
keinen gesehen, aber sie könnten ja hinten im Wagen nachsehen, wenn sie es
nicht glaubten. Sie haben nicht nachgesehen.«
    Philipp spürte noch
nachträglich, wie sich eine Gänsehaut seinen Rücken emporarbeitete.
    Der Mann zog an seiner Pfeife.
Er überlegte lange. Dann sagte er: »Hör zu. Wir mögen die Polente nicht. Aber
wir wollen auch keinen, der was Dreckiges gemacht hat.« Er paffte ein paar
riesige Rauchwolken. »Was hast du gemacht?«
    Philipp überlegte, was er ihm
sagen sollte. Unter »was Dreckiges« verstanden sie Mord und
Sittlichkeitsverbrechen. Das wußte er. Er wußte auch, daß sie ihm kein Wort
glauben würden, wenn er ihnen die Wahrheit sagte. Seine Geschichte war nicht
allzu gut. Das hatte Lankoff bereits gemerkt. Er meinte ruhig: »Ich bin
Schränker und wollte im Hotel ›Negresco‹ arbeiten. Da war ein

Weitere Kostenlose Bücher