Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Calvados, ein sehr alter, beinah dein Jahrgang.«
»Danke dir.« Philipp trank. Der
Apfelschnaps brannte ihm in der Kehle. Das Brennen pflanzte sich fort in den
Magen. Er nahm noch einen Schluck, setzte ab und stöhnte genußvoll.
»Gut, wie?« Jetzt trank
Grandlieu. Auch er stöhnte, als er die Flasche absetzte.
»Trotzdem mußt du mich noch
eine Sekunde anhören.« Philipp unternahm einen neuen Anlauf, das Gespräch
fortzusetzen. »Ich will heiraten. Und das ist so eine Art neuer
Lebensabschnitt.«
»Zu dem man hundert Mille gut
gebrauchen könnte.«
»Fängst du schon wieder damit
an?«
Grandlieu schlug sich plötzlich
mit der Faust gegen die Stirn. »Was war ich für ein Ochse! Jetzt begreife ich
dich endlich. Du machst eine Partie und brauchst mein Geld überhaupt nicht. Sie
hat selbst genug.«
»Sie hat nichts. Sie ist
nämlich eine Grandlieu.«
Grandlieu, der gerade wieder
dran war mit der Flasche, verschluckte sich augenblicklich. Er hustete
fürchterlich und beruhigte sich erst wieder, nachdem ihm Philipp kräftig auf
den Rücken geklopft hatte.
»Hör zu, mon petit...«
»Ja, Papa.«
»Hör zu, wenn du so
weitermachst, brauchst du meinen Scheck tatsächlich nicht. Dann kannst du mich
gleich beerben. Das sind so Überraschungen. Wer ist es denn?«
»Die Tochter des Mannes, dem du
in London für echten Schmuck falsches Geld andrehen wolltest.«
»Marcel Paul? Sag’ jetzt nicht,
daß ich recht habe.«
»Genau der.«
»Marcel Paul Maria de
Grandlieu, sieh an. Mit dem ziehst du aber eine Niete, Philipp.«
»Ich will nicht Marcel Paul
heiraten, sondern Florence.«
Donnerwetter, das schien ernst
zu sein. Neugierig geworden, fragte Grandlieu: »Wo hast du sie kennengelernt?«
»Um die Wahrheit zu sagen: im
Bett.«
»So genau wollte ich es nicht
wissen. War es in Heidelberg?«
»Nein, das Bett stand in
London. Es war ein goldenes Bett und gehörte früher der Madame Pompadour.«
Die Verliebtheit, dachte
Grandlieu, ist ein Zustand der Verblödung. »Weiß Lisette schon von der ganzen
Sache?« fragte er.
»Wer ist das?«
»Du kennst sie unter dem Namen
Elisabeth. Aber der war mir damals zu spießig.«
»Ach, Mutter meinst du. Nein,
sie hat keine Ahnung. Aber ich glaube, sie wird ganz froh sein, wenn ich
endlich aus dem Verkehr gezogen werde.«
»Den Eindruck hatte ich auch.«
»Könntest du dich etwas weniger
rätselhaft ausdrücken?«
Grandlieu tat es. Er erzählte,
wie er diese Madame Engel im »Negresco« aufgesucht hatte. Unter Wahrung aller
Vorsichtsmaßregeln. Weil er geglaubt hatte, sie sei von der Ricco-Gruppe. »Es
war urkomisch«, sagte er.
Philipp hatte keinen Sinn für
diese Komik. Er hatte noch nicht einmal Zeit, sich darüber zu wundern, daß
seine Mutter in Nizza war. Und nicht in Heidelberg. Er unterbrach seinen Vater
erregt und fragte: »Weiß sie etwas?«
»Du meinst von mir?«
»Von wem sonst.«
»Sie weiß, daß ich in der
Touristikbranche arbeite. Als Chef eines Sightseeing-Eilandes. Was sogar
stimmt.«
»Das ist gut. Ich danke dir.«
Er atmete erleichtert auf.
Grandlieu sah ihn erstaunt an
und runzelte die Stirn. Er war wie die meisten Männer. Philipp sah ihm an, daß
er nichts begriff. Er hatte Lisette, wie er sie nannte, bestimmt sehr gern
gehabt. Und sie war mehr gewesen für ihn als ein Studentenliebchen. Aber er
hatte wohl nie mitgekriegt, was er ihr bedeutet hatte. Philipp hatte nicht die
Absicht, ihm das jetzt auseinanderzusetzen. Er sagte nur: »Vielleicht
interessiert es dich, vielleicht auch nicht, es ist erst ein paar Wochen her,
da hat sie zu mir gesagt: ›Phil, wenn es sich gelohnt hat zu leben, dann nur
seinetwegen.‹«
Grandlieu räusperte sich. Er
schwieg eine Weile, dann stand er auf und sagte: »Komm jetzt ‘rauf, es muß mir
nämlich noch was einfallen. Ich muß denen da oben erklären, warum ich dich
laufenlasse. Die Geschichte vom verlorenen Sohn werden sie mir kaum abkaufen.«
»Es ist auch keine sehr gute
Geschichte«, sagte Philipp.
»Stimmt. Und deswegen brauchen
wir unbedingt ein Happy-End.«
Philipp lag auf dem Balkon
seines Hotelzimmers in Nizza. Seine Beine lagen auf dem Balkongitter. Neben ihm
lag Branka. Philipp lag also in jeder Beziehung richtig.
»Die Situation«, sagte er, »die
Situation kommt mir bekannt
vor.«
»Mit kleinen Unterschieden«,
widersprach Branka. »Nizza hieß damals Tutzing, das ›Negresco‹ war das
Gästehaus ›Elfriede‹, das Meer dort der Starnberger See.«
»Und du hast nach Kalispera
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