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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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schnell
erreichen konnte wie eine Außenstelle in London oder einfach den Chauffeur am
Volant. Auf dem Chauffeursitz saß ein Neger in einer taubenblauen Livree. Es
war der Nachfolger von Hannibal. Grandlieu nahm den Telefonhörer ab und befahl
dem Nachfolger von Hannibal, vor dem »Negresco« zu halten. Er ließ sich von dem
tief buckelnden Portier den Schlag öffnen. Er nahm den Hörer noch einmal ab,
bevor er ausstieg: »Geben Sie dem Portier die Orchideen«, gebot er dem
Chauffeur. Sie steckten in einer goldgeränderten Plastikbox und sahen aus, als
habe sie ein Künstler geschaffen.
    »Lassen Sie das auf das Zimmer
von Madame Engel bringen«, sagte er, »und richten Sie ihr aus, daß ich hier
unten auf sie warte.«
    Er dachte einen flüchtigen
Augenblick daran, daß die Orchidee als Aphrodisiacum galt und in der
Blumensprache nichts anderes bedeutete als »ich begehre dich!«, er glaubte
jedoch nicht, daß sie von diesen Dingen etwas wußte. Er ging nervös auf und ab
und betrachtete kritisch den Rolls. Es war eine Spezialanfertigung und gut 20
000 Dollar wert. Sie war ihm heute gerade gut genug.
    »Du wolltest Präsident der
Republik werden. Bist du es geworden?« hatte sie ihn gefragt bei jenem ersten
Wiedersehen.
    Er hatte geantwortet: »Nicht
ganz.«
    Ihm war nicht sehr wohl
gewesen, als er ihr erzählte, daß er in der Touristikbranche arbeitete. Als
Chef einer Drei-Sterne-Insel. Sie wird mich für eine Art Museumsführer halten,
dachte er, für eine vertrottelte, verkrachte Existenz, für jemanden, der in der
Jugend mit Riesenseifenblasen gespielt hatte, die ihm nun alle zerplatzt waren.
    Er strich zärtlich mit der
behandschuhten Rechten über den in der Sonne funkelnden Kotflügel. Er glich
einem Buben, der mit seinem neuen Roller protzte. Das wird ihr imponieren. Sie
wird Augen machen. Augen groß wie Teetassen. Und die Orchideen werden auch
Eindruck schinden. Ich werde es ihr zeigen, daß ich kein Phantast bin, keine
aufgeblasene Null. Sie stand vor dem Portal und winkte. Sie trug ein geblümtes
Sommerkleid, das nicht gerade up to date war, ihr aber trotzdem gut stand.
    »Marcel«, sagte sie, »ich freue
mich so.«
    Er konstatierte befriedigt, daß
sie immer noch rot wurde, wenn sie sich wiedersahen. Wie damals. Er wollte ihr
die Hand küssen, änderte aber seine Absicht im letzten Moment und hauchte ihr
zwei Küsse auf ihre erröteten Wangen.
    »Wir machen eine kleine
Spazierfahrt. Mein Wagen steht da drüben«, sagte er so beiläufig wie möglich.
    Sie stieg ein, ohne ein Wort zu
sagen. Sie hatte unglücklicherweise keine Ahnung von Autos.
    Er saß wie auf Kohlen und
überlegte, wie er sie darauf aufmerksam machen könne, daß sie im teuersten
Automobil der Welt saß. Er drückte auf einen Knopf. Die Tür der in der Wand
eingelassenen Bar öffnete sich. Er fragte: »Einen Drink.«
    »Eine Bar in einem Auto«, sagte
sie staunend. »Ich ahnte nicht, daß es so etwas gibt.«
    »Es ist ganz praktisch.« Er
öffnete das Eisfach und ließ Eiswürfel in die Gläser fallen. Es ergab ein
angenehmes Klicken.
    Sie trank vorsichtig und sagte:
»Deine Orchideen waren wunderschön, Marcel.«
    »Fein, wenn sie dir gefallen
haben.«
    »Sie müssen sehr teuer gewesen
sein. Ich hätte mich auch über Nelken gefreut. Die sind ja jetzt soweit.«
    »Nelken«, sagte er leicht
angewidert. Er nahm den Hörer des Autotelefons, dieses Männerspielzeug, und
reichte ihn ihr: »Wenn du willst, kannst du jetzt mit jemandem in Heidelberg
sprechen.«
    »Ich habe gerade heute früh telefoniert.
Es ist alles in Ordnung in der Pension.«
    Es ist nicht dasselbe, ob man
von seinem Hotelzimmer mit Heidelberg telefoniert oder von einem Rolls-Royce,
der an der Küste des Mittelmeeres entlangrollt. Verbittert nahm er den Hörer
selbst in die Hand: »Fahren Sie die Moyenne Corniche entlang.«
    Er sah durch die Glasscheibe,
wie der Chauffeur nickte und hängte wieder ein.
    »Hast du ihn dir geliehen?«
fragte sie.
    »Den Chauffeur?«
    »Beides.«
    Er ärgerte sich, daß sie
lachte. »Es ist mein Dienstwagen. Du kannst dir vorstellen, wir müssen
repräsentieren.«
    Sie antwortete nicht, sondern
schaute aus dem Fenster. Die Moyenne Corniche, eine der schönsten Straßen, die
diese Erde kennt, schlug sie in ihren Bann. Steil brachen die Seealpen hinab
zum Küstenvorland. Nizza lag fern am Rand der Engelsbucht, ein glitzerndes
Geschmeide, von der Laune eines Gottes spielerisch an den Strand geworfen.
Klippen, Felseninseln, geschmückt mit den

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