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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Meeresspiegel.
Von der Decke tropfte und von den Wänden rann das Wasser. Von irgendwoher klang
das Quieken der Ratten.
    Sie hatten ihm noch nicht mal
einen Strohsack gegeben. Phil stöhnte, aber er beklagte sich nicht.
    Corbeau und Saint-Jean hatten
nicht anders handeln können, als ihn hier unten dingfest zu machen. Sie hätten
ihn zusammenschlagen können, als sie mit ihren Kanonen im Zimmer von Leboss
aufgekreuzt waren. Sie hatten es nicht getan, weil Branka sich
dazwischengeworfen hatte. Vielleicht hatte sie ihm damit das Leben gerettet.
Sein Kopf hätte nicht mehr allzuviel ausgehalten. Seit dem 12-Runden-Kampf mit
dem Schwergewichtler Hannibal. Sie hatte ihm einen kunstvollen Stirnverband
gemacht.
    Er öffnete die Augen und sah
einen Mann mit einer Stallaterne vor sich stehen. Der Mann trug einen leicht
taillierten Einreiher mit dezentem Giencheckmuster. Sein Haar war fast weiß,
die merkwürdig hellen Augen waren von tausend Fältchen umgeben, das Kinn wie
gemeißelt, der Mund weich.
    Er hat Ähnlichkeit mit dem
Vater von Florence. Philipp schaute ihn an und wußte, wen er vor sich hatte. Er
stützte sich auf die Ellbogen und sagte so ironisch, wie er nur konnte: »Guten
Tag, Papa!« Er betonte die zweite Silbe von »Papa«.
    Grandlieu stellte die Laterne
auf den Boden und hockte sich auf einen Mauervorsprung. »Zigarette?« fragte er
grußlos.
    »Danke.«
    Sie rauchten und schwiegen vor
sich hin.
    Worüber unterhält man sich mit
einem soeben »kennengelernten Vater«? dachte der Sohn.
    Wie sag ich’s meinem Kinde?
dachte der Vater. Er beobachtete ihn verstohlen und suchte nach Ähnlichkeiten.
Er fand keine. Das lag vielleicht an dem schlechten Licht. Es war ihm auch
egal. Der junge Mann dort gefiel ihm. Außerdem schien er was auf dem Kasten zu
haben. Er hatte ihnen ganz schön eingeheizt. Leute dieses Formats waren knapp
in der Branche.
    »Ich könnte Sie in der Firma
gebrauchen, Monsieur Engel.« Grandlieu brach endlich das Schweigen.
    »Als was, bitte schön?«
    »Ich bin nicht mehr so jung.
Sie sollen mir einiges abnehmen.«
    Philipp antwortete nicht.
    »Was halten Sie davon?«
    »Nicht viel.«
    »Aber viel Geld würden Sie
machen.«
    »Drucken, meinen Sie.«
    »Seien Sie nicht albern. Sie
würden eine Masse Geld verdienen und wären trotzdem Ihr freier Mann. Sie haben Sprachkenntnisse.
Ich könnte Ihnen Westdeutschland geben. Oder Südfrankreich, mein bestes Gebiet.
Noch besser wäre Amerika! Natürlich, Sie kriegen Amerika und bauen dort das
neue Vertriebsnetz auf. Nach dem Job würden sich die anderen sämtliche Finger
lecken. Aber schließlich habe ich an Ihnen etwas gutzumachen.«
    »Überanstrengen Sie sich
nicht.« Philipp nahm sich noch eine Zigarette aus der Schachtel seines Vaters
und entzündete sie am Stummel der ersten. »Ich bin durch halb Europa gefahren
in den letzten Wochen und habe Sie gesucht, Monsieur. Nicht weil ich Sehnsucht
nach Ihnen gehabt hätte. Weiß Gott nicht. Ich kannte Sie nicht einmal. Nein,
ich hatte nach ganz etwas anderem Sehnsucht.« Er machte eine nachdenkliche
Pause.
    »Wonach?«
    »Nach einem kleinen Schlüssel,
der haargenau in das Schlüsselloch eines Züricher Banktresors gepaßt hätte.«
    Grandlieu starrte vor sich hin,
und Phil deutete den Blick auf seine Weise. »Aber das haben Sie wahrscheinlich
auch vergessen. Nachdem ich Ihnen bereits entfallen war.«
    Grandlieu schüttelte den Kopf.
»Ich habe es nicht vergessen. Es ist nur so, daß...«
    »Es ist nur so, daß Sie sich
drücken wollen. Ich habe fast damit gerechnet.«
    »Sie sollten Ihren Vater
ausreden lassen«, sagte Marcel sarkastisch und sah mit Genugtuung, daß Philipp
bei dem Wort »Vater« zusammengezuckt war. »Ich habe den Schlüssel. Ich habe den
Tresormietvertrag. Und ich habe auch die Vollmacht, wonach Sie mit der
Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres in den Genuß von eins Komma eins
Millionen Schweizer Franken kommen sollten.«
    »So viel waren es also.«
    »Waren stimmt leider. Der
Tresor ist nämlich leer. Seit langem schon. Ich hatte das Geld damals
gebraucht, um mir eine Existenz aufzubauen...«
    »Verstehe.« Phil konnte ein
Grinsen nicht unterdrücken.
    »Sie verstehen gar nichts. Ich
hatte nicht viel Erfahrung in geschäftlichen Dingen. Man hat uns ja nie etwas
Vernünftiges lernen lassen, uns Grandlieus. Und die paar Semester Philosophie
waren nicht die richtige Vorbildung.« Seine Stimme klang richtig vorwurfsvoll.
»Ich hatte also begonnen, an der Börse zu spekulieren

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