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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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was. Wie geht es ihm, er hat ja wohl nie etwas gemerkt.«
    »Er ist vor einigen Jahren
gestorben.«
    »Verzeih, das wußte ich nicht,
aber nun ja, sehr nahe hatten wir uns ja nie gestanden, hab’ ihn ja wohl immer
nur von weitem gesehen. Und Kinder, wieviel Kinder hast du, Lisette?« Seine
flache Hand fuhr im Treppenschritt aufwärts. »Eins? Zwei? Drei? Vier? Fünf? Sag
halt, wenn die Zahl stimmt.«
    »Ich habe nur ein Kind. Es ist
ein Junge, Marcel.« Sie sah ihn starr an.
    »Ein Junge, wie reizend. Na,
der ist doch bestimmt schon ein großer Mann und kann seiner Mutter...« Er hielt
mit offenem Mund inne. Er stellte das Glas so heftig auf den Tisch, daß der
Stiel abbrach. Der Champagner floß über den Tisch und tropfte auf den Teppich.
Er warf sich plötzlich auf die Knie, griff nach ihrer Hand und sagte: »Himmel,
was bin ich doch für ein Ungeheuer!«
    »Du bist kein Ungeheuer. Du
bist nur ein bißchen vergeßlich. Es ist dir eben entfallen.«
    »Ein Monstrum bin ich, ein
Schurke, ein Trottel!« Er hämmerte sich mit der Faust gegen die Stirn und
stöhnte. »Vergeßlich sagst du, wie kann ein Mann so etwas vergessen? Wie kann
einem Vater der einzige Sohn entfallen?« Sie lächelte ihn an.
    Er bedeckte ihre Hände mit
Küssen. »Mein Gott, das ist ein schönes Gefühl, Vater zu sein. Wie hieß er doch
gleich?«
    »Philipp. Philipp Engel. Ich
habe ihm natürlich den Nachnamen meines Mannes gegeben.«
    »Philipp Engel.« Er war
plötzlich aschgrau im Gesicht. Seine Hand fuhr dorthin, wo er sein Herz
vermutete. Ächzend ließ er sich in einen Sessel fallen. In seinem Gehirn rasten
die Gedanken: Du hast ihn beinah umgebracht, nein, schlimmer, du wolltest ihn
umbringen lassen, zumindest hättest du keinen Finger krumm gemacht, wenn sie es
getan hätten, keinen Finger. »Mein Gott«, murmelte er. »Mein eigener Sohn.«
    Die Wiedersehensfreude, dachte
Elisabeth gerührt, die Wiedersehensfreude bringt ihn fast um. Sie rannte in das
Badezimmer und holte die Flasche mit dem Melissengeist. Sie ließ die gelbliche
Flüssigkeit auf einen Eßlöffel tropfen. Sie sagte: »So, nun sind wir mal schön
brav, sollst mal sehen, wie gut dir das tut, Bibou!«
    Bibou schluckte, weil ihm
nichts anderes übrigblieb. Dann verschluckte er sich. Elisabeth schlug ihm mit
der flachen rechten Hand auf den Rücken und hielt mit der linken den Löffel
hoch.
    Dieses Bild bot sich dem Dicken
mit den Schweinsäuglein, nachdem er die Tür zu Numero 313 mit der Schulter
aufgesprengt hatte. Er hatte bis ein Uhr an der Villa Massena gewartet, hatte
dann seine Kanone scharf gemacht und war ins »Negresco« geeilt.
    »Alles in Ordnung, Chef?«
fragte der Dicke und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Er
war etwas kurzsichtig,
    Der Chef hustete.
    Dem Dicken kam plötzlich ein
fürchterlicher Gedanke. Sein Blick fiel auf die bräunliche Flasche, auf das
Sektglas mit dem zerbrochenen Stiel— Gift, sie hat ihm was in den Sekt gerührt,
er hat sich gewehrt, und das Husten, das Husten zeigt den Beginn seines
Todeskampfes an.
    Er stürzte nach vorn, zerrte
Leboss aus dem Sessel, warf ihn sich über die Schulter und schleppte ihn ins
Bad. Er legte ihn mit dem Oberkörper über die Badewanne, riß ihm das Hemd am
Kragen auf und vesuchte, seinen Zeigefinger in den Mund von Leboss zu zwängen.
    »Das Zeug muß ‘raus, Chef, es
muß ‘raus«, sagte er immer wieder. »Nur dann haben Sie ‘ne Chance.« Endlich
hatte er den Zeigefinger drin. »Anschließend knöpf ich mir die Alte vor,
verlassen Sie sich drauf.«
    Leboss keuchte, würgte, wollte
etwas sagen, dann biß er kräftig hinein in den Zeigefinger.
    »Au!« brüllte der Dicke und
tanzte von einem Bein aufs andere.
    »Idiot!« fluchte Leboss.
    Elisabeth stand mit
schreckensweit geöffneten Augen in der Tür.
     
    Unten in der Halle stand ein
Mann, der zum drittenmal nach einem Monsieur Leboss fragte. Und der zum
drittenmal vom Chef des Empfangs die Antwort erhalten hatte: »Bedaure, der Herr
ist hier unbekannt.«
    Der Mann wanderte ratlos in der
Halle auf und ab. Seine verschwitzten Hände spielten mit einem Zettel. Auf dem
Zettel stand: HABEN IHN. HANNIBAL EX. ERWARTEN DRINGEND NACHRICHT WAS TUN.
SONST VERFAHREN DREI, BURGVERLIES. CORBEAU.
     
    »Das Leben ist eine
Rutschbahn«, sagte Philipp und drehte sich stöhnend auf die andere Seite. Er
war in der Tat tief gerutscht. Was nicht nur symbolisch gemeint war. Der Raum,
in dem er sich befand, lag jedenfalls einige Klafter unter dem

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