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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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und schnippt nervös mit den
Fingern, so wie der Privatsekretär vorhin geschnippt hat. Die Wirkung ist
überraschend. Der Butler gleitet herbei und fragt nach den Wünschen von
»Mä-dämm«. Mädäm hat jetzt einen Kognak nötig und wünscht ihn sich. Während sie
daran nippt, denkt sie an damals.
     
    Mein Gott, was war das immer
für ein Ärger gewesen mit der Verena. Sie war und blieb das schwarze Schaf der
Familie Holderlein. Drei Schulen, drei Rausschmisse, Männergeschichten schon
mit vierzehn, Skandale, Skandälchen und immer nur vor dem Spiegel und sich
schön gemacht. Bis dem Vater der Kragen geplatzt war. Als sie achtzehn geworden
war, hatte er ihr einen Mann gesucht. Sie sollte unter die Haube. Mit einem
Mann, mit einem Kind, mit einem Haushalt würden ihr die Sperenzchen schon
vergehn.
    So war es dazu gekommen, daß
das schwäbische Städtchen Böblingen zum erstenmal in seiner
siebenhundertjährigen Geschichte eine Hochzeit feierte, bei der die Braut
fehlte. Verena hatte sich vor dem anberaumten Trauungstermin auf französisch
empfohlen. Was in diesem Falle wortwörtlich zu nehmen war. Denn ihre Spur
führte, soviel hatte der Ortsgendarm eruiert, nach Paris.
    Mitgenommen hatte sie neben
ihrer kargen persönlichen Habe (das Sonntagskleid, zweimal zum Wechseln
Unterwäsche und den Kulturbeutel) sechs Tiegel »Holdasan«. »Holdasan« war eine
Schönheitscreme und galt als Hausmittel im Holderleinschen Heim. Man benutzte
sie bei zu heißem Wetter, bei zu feuchtem Wetter, bei zu rauhem Wetter und bei
zu kaltem Wetter. Genauso wie man bei Schnupfen Hagebuttentee trank und sich
bei Nierenschmerzen mit einem Katzenfell gürtete. Die Creme bestand aus einer
Mixtur von Kamille, Thymian, Latschenkiefern, Melisse, Rosenöl und dem
Rindenextrakt eines tropischen Baumes. Eine Urgroßmutter mütterlicherseits soll
das Rezept von einem Kräuterweiblein von der Schwäbischen Alb bekommen haben.
Jedenfalls schworen alle weiblichen Holderleins darauf und gaben niemandem
davon ab.
    Und die Verena hat der ganzen
Welt davon abgegeben, denkt Frau Radke, und so was gehört sich nicht. Schon gar
nicht, wenn man damit ein paar Millionen macht. Das aber sagt sie nicht,
sondern mit einem Blick auf das Portrait von Picasso: »Mein Gott, wie aus dem
Gesicht geschnitten, ich sehe sie direkt wieder vor mir,* eure Tante Verena und
wenn ich mich recht erinnere...«
    Weitere Erinnerungen
unterbindet James P. Stutterbold, der die Damen in den Konferenzraum bittet.
Der Konferenztisch hat die Form eines großen »U« und ist von 48 Stühlen
umgeben. Es sind aber nur drei Stühle besetzt. Auf einem Stuhl sitzt ein Mann,
der so aussieht, wie die Männer in Zeitungen aussehen, die für uralten Whisky
Reklame machen. Es ist der Notar. Auf dem anderen sitzt der Dolmetscher, auf
dem dritten ein Jüngling mit einer Stenografiermaschine. Stutterbold hüstelt,
stellt vor, man setzt sich: »Ich konstatiere«, sagt der Notar und mustert die
drei Damen streng, »ich konstatiere demnach die Präsenz der von der Erblasserin
herbeigewünschten Erbberechtigten, die im Sinne des Testamentsrechts als
gewillkürte Erben anzusehen sind, was nach Paragraph 24 36 Strich römisch zwei
inkludiert...«
    Tante Annegret nickt bedeutsam,
als verstünde sie jedes Wort. Kusine Erika streichelt raschelnd ihre nackten
Oberarme, die eine Gänsehaut haben, weil die Klimaanlage so schön pustet. Trixi
überlegt, ob die Steine auf den Halsbändern der beiden Möpse echte Steine sind.
    Wer Verena Hold gekannt hat,
weiß, daß sie selbstverständlich echt sind. Genauso echt wie die 42 Stockwerke
der Hold-Cosmetic-Aktiengesellschaft und das maurische Schloß in Tanger und die
34 Kilometer Strand am Pazifik, so echt wie die Schiffe, die Fabriken, die
Laboratorien und die Filialen in den fünf Kontinenten (deren genaue Zahl nie
jemand hatte in Erfahrung bringen können). Verena Hold war so reich, daß sie
mit Millionären nicht verkehrte und bei Multimillionären sehr, sehr vorsichtig war.
    Der Mann mit dem
Whiskyreklamegesicht ist aufgestanden. Seine Stimme klingt feierlich, als er
sagt: »Als autorisierter Vertreter der gewesenen Verena, Babette, Luise
Holderlein, genannt Verena Hold, Alleininhaberin der Verena-Hold-Incorporation,
habe ich die Ehre, Sie mit dem letzten Willen der Verstorbenen bekannt zu
machen. Darf ich bitten, Stutterbold.«
    Stutterbold reicht dem Notar
ein DIN-A4-Kuvert. Fünfmarkstückgroße Siegel hängen an langen Seidenschnüren.
Die Siegel werden

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