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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Chief. Übrigens: Sie mag ihn gar nicht. Und was Sie Charme nennen, Julius, ist nichts anderes als Flegelei.«
    »So sieht man das nur mit den Augen eines Eifersüchtigen. Eifersucht aber setzt Liebe voraus, wo käme sie sonst her?«
    »Als Chief taugen Sie mehr denn als Philosoph.« Dr. Herbergh ging vor dem Tisch hin und her, eine Nervosität, die er nicht mehr unterdrücken konnte. Chief Kranzenberger lächelte vor sich hin. Ein Mann, der unruhig um einen Tisch rennt, hat Probleme. Das Laufen, die Bewegung entlastet den inneren Druck. Auch er war nach dem Krach mit Starkenburg herumgelaufen, erst im Maschinenraum, auf dem glitschigen Ölboden, und dann, als Maschinist Kalle Viebig ihn fragte: »Chief, ist was?!«, draußen auf Deck, den Kopf voll Gedanken und im Inneren einen Zentnersack mit sich schleppend. »Warum grinsen Sie so unverschämt, Julius?«
    »Ich begreife nicht, daß es so schwer ist, einer Frau, die man liebt, einfach zu sagen: Ich mag dich.«
    »Ich mag dich!« Dr. Herbergh tippte sich an die Stirn. »Bin ich ein Primaner? Wie machen Sie das denn, Julius?«
    »Ich?« Kranzenberger wurde etwas verlegen. »Wollen Sie das wirklich wissen, Fred?«
    »Ja, heraus damit.«
    »Wir sehen uns an und wissen sofort: Wir gehören zusammen. Und dann sage ich: ›Ich habe zu Hause eine tolle Schallplattensammlung. Sollen wir uns mal ein paar schöne Stücke anhören?‹ Das ist natürlich Blödsinn, denn jeder weiß, was er von dem anderen will – aber Schallplatten sind immer gut.«
    »Ich habe keine Schallplatten.«
    »Doch, Beethoven, Wagner, Bruckner, Mahler, Schubert. Ich bin nicht taub, Fred. Wagen Sie doch endlich einen Angriff!«
    »Den habe ich schon hinter mir.«
    »Und? Abgeschlagen? Das ist doch nicht möglich!«
    »Abgefangen, Julius. Ich weiß nicht, was sie wirklich denkt. Sie kann so zärtlich blicken, so offen sprechen, und doch ist da eine Wand, eine gläserne Wand.«
    »Mit dem Kopf durch die Wand, Fred. Glas kann man zerbrechen.«
    »Sie sind eigentlich ein guter Beichtvater, Chief.« Dr. Herbergh blieb stehen. »Aber einen Rat wissen Sie auch nicht.«
    »Haben Sie noch keine Frau im Bett gehabt?«
    »Sie drücken sich ziemlich ordinär aus, Julius. Natürlich bin ich kein Säulenheiliger!«
    »Und wie haben Sie das immer geschafft?«
    »Das war etwas anderes. Man lernt eine Frau kennen, irgendwo, auf einer Gesellschaft, im Theater, in einem Restaurant, beim Golf, ja sogar in einer Autobahnraststätte oder an einer Tankstelle, man flirtet, bis selbst der Teufel rot wird, und dann …«
    »Husch, in die Federn. Der hereingelockte Eroberer triumphiert, obgleich er besiegt worden ist. Er merkt es nur nicht. Verliebte sind Idioten.«
    »Das ist es ja, Chief. Verliebt war ich oft, aber bei Anneliese ist es anders. Ich liebe sie.«
    »Wo ist da der Unterschied, Fred? Sie ist eine Frau, nicht nur anatomisch.«
    »Sie ist kein Abenteuer für mich. Und es wäre schrecklich, wenn sie denken könnte, sie wäre nur der Ausgleich für Langeweile oder sexuellen Notstand.«
    »Sie wollen sie also heiraten?«
    »Wenn möglich – ja.«
    »Dann fragen Sie sie doch einfach.«
    »Julius, ich kann doch nicht vor sie hintreten und lapidar sagen: Anneliese, ich will Sie heiraten. Wollen Sie auch?«
    »Das allerdings wäre lächerlich.«
    »Na also.«
    »Zumindest sollten Sie sagen: Willst du mich heiraten! Du! Nicht Sie! Und im Hintergrund steht eine Pulle Sekt kalt. Und wenn es ganz feierlich sein soll, lassen Sie sich von den Vietnamesen Blumen schneidern und überreichen ihr einen schönen Strauß. Blumen aus Klopapier, das ahmt Ihnen keiner nach! Und wenn sie lacht, nehmen Sie sie in die Arme und fragen den verhängnisvollen Satz. Mein Gott –« Kranzenberger warf die Arme in die Luft. »Da ist ein Kerl, der blendend aussieht, der ein hervorragender Arzt ist, über den die halbe Welt spricht, eine Art moderner Held – wie ich das Wort verabscheue! – und steht hilflos vor der Frau, die er liebt! Gibt's denn so was?! Soll ich etwa den Brautwerber machen? Ausgerechnet ich?«
    Das Klingeln des Telefons unterbrach sie. Anneliese meldete, daß Xuong mit Thuy im Hospital angekommen sei und Büchler nach großen Schwierigkeiten Ut abgeholt habe. Gehorsam hatte sie auf kein Klopfen geantwortet, die Stimme, die draußen nach ihr rief, war ihr unbekannt. Sie saß auf dem Bett, hinter sich die Kinder, und bebte vor Angst. Erst als Xuong in der Kabine anrief und ihr alles erklärte, schloß sie die Tür auf und folgte

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