Das goldene Meer
seinen Adern. Während er mit dem rechten Arm Kim an sich preßte, tastete er mit der Linken zu ihren Brüsten, umfaßte die rechte Brust und saugte sich an ihren Lippen fest. Sie stöhnte auf, mit einem hellen, singenden Ton, der wie das Weinen eines kleinen Hundes klang, der an einen fremden Ort entführt worden war.
Mit Augen, die zu schmalen Schlitzen geworden waren, sah Le den Liebenden zu. Er verfolgte sie, wie sie eng umschlungen über Deck gingen und in der Tür des Deckshauses verschwanden.
Mit einem wilden Schwung schleuderte Le das breitklingige Messer von sich. Er hatte es im Gürtel getragen und das Hemd über den Griff gezogen. Mit dumpfen Aufprall traf es die Bretterwand der Küche und blieb zitternd stecken. Genau in der Höhe, wo Stellinger gesessen hatte, es hätte ihn mitten in die Brust getroffen.
Zufrieden ging Le zur Küchenbaracke, zog das Messer aus der Wand und steckte es wieder in den Gürtel. Die letzte Probe war gelungen. Le wußte, daß weder seine Augen noch seine Hand zittern würden, wenn Stellinger das Ziel war.
Mit gesenktem Kopf ging er zurück zum Niedergang der Lagerräume.
Er trauerte um Kim und verfluchte die Fremden.
Nach dem Abendessen blieben Dr. Herbergh, Anneliese, Büchler, Chief Kranzenberger und Kapitän Larsson noch zusammen, rauchten Zigaretten – Larsson als einziger paffte aus seiner Pfeife – und tranken zum Abschluß jeder einen Cognac. Larsson, wie immer einsilbig und wenig kontaktfreudig, hörte schweigend zu, als Dr. Herbergh die Trauerfeier schilderte, die morgen von den Vietnamesen veranstaltet werden sollte. Fritz Kroll hatte den Sarg fertiggezimmert, die junge Frau lag bereits darin, verschnürt in einer Wolldecke und beschwert mit drei Eisenstücken, die Kranzenberger im Maschinenraum gefunden hatte.
»Der geht nicht mit über Bord«, hatte Kroll gesagt, als Stellinger das Wunderwerk besichtigte. Es sah aus wie ein normaler Sarg, aber das täuschte. Das Fußstück war als Klappe gearbeitet, die man mit einem Hebel entriegeln konnte. Hielt man den Sarg schräg nach unten über die Bordwand und betätigte den Hebel, klappte das Fußteil hoch und der Tote rutschte ins Meer, wie bei einem echten Seebegräbnis, ohne die störende Holzummantelung. »Das ist ein Dauersarg, Franz. Ob ich dafür ein Patent bekomme?«
»Führ das mal dem Chef vor«, hatte Stellinger geantwortet. »Ich halt' mich da raus. Das ist ja ein Mordsding, was du da gezimmert hast.«
»Passend für alle Größen, Dicke und Schmale. Selbst du paßt rein, hast sogar noch Luft drumherum.«
»Danke. Du bist eine Seele von Mensch, du Arschloch!«
Dr. Herbergh gab dieses Gespräch, von Stellinger selbst erzählt, der Runde wieder. Sie lachten alle, so makaber es auch war, nur Larsson blieb unbewegt und sog an seiner Pfeife. Zum Glück rauchte er eine würzig duftende Mischung und nicht die schwarzen Krümel, die einen beißenden Qualm verbreiteten, die Augen tränen ließen und bei Seeleuten so beliebt waren.
»Haben Sie heute ein Funktelegramm aus Köln bekommen, Käpt'n?« fragte Dr. Herbergh plötzlich und ohne Übergang. Larsson verzog keine Miene.
»Warum fragen Sie, wenn Buchs es Ihnen schon berichtet hat?« sagte er unwillig.
»Vom Komitee, nicht wahr?«
»Auch das wissen Sie doch.«
»Aber nicht den Inhalt. Da hält Buchs dicht.«
»Wer glaubt das?« Larsson drückte mit dem vom Nikotin gelb gefärbten Daumen den Tabak im Pfeifenkopf nach. »Sie wissen doch genau, was Herr Hörlein will. Das heißt: Was Sie wollen.«
»Wir gehen also näher an die Küste heran?«
»Ja.« Ein kurzes, hart gesprochenes Wort.
»Bis auf 50 Seemeilen vom Mekong-Delta?«
»Wie Sie es vorschlugen.«
»Und Sie werden diesen Kurs fahren?«
»Ich erwarte noch einen Funkspruch von Herrn Svenholm aus Uppsala. Er ist der Besitzer des Schiffes. Oder bekommen wir vom Komitee ein neues Schiff, wenn etwas passiert?«
»Ich fürchte, nein.«
»Aber ich bin verantwortlich für das Schiff, nicht Sie. Ich sage Ihnen ja auch nicht, wie Sie einen Bauch aufschneiden sollen.« Larsson sog wieder an seiner Pfeife und nebelte sich mit köstlich riechendem Qualm ein. »Warten wir es ab. Wenn Herr Svenholm zustimmt, fahre ich, wohin Sie wollen. Von mir aus sogar in den Mekong hinein.« Zum erstenmal an diesem Abend wurde Larsson gesprächiger. »Aber erst müssen wir nach Manila und bunkern. Chief, wie lange reicht das Öl?«
»Bei normaler Fahrt noch zwei Wochen.« Kranzenberger hob die Schultern. »Das
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