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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lieber Himmel, da trittst du ja jeden in den Sack. Das können wir nicht bringen.«
    »Warum nicht.«
    »Du greifst den Bundesinnenminister persönlich an.«
    »Ich zähle nur Fakten auf. Wahrheiten. Wenn jemand sagt, in Vietnam gibt es eine Stabilisierung der Lage, und die Anwesenheit der Liberty of Sea animiere erst die Menschenmassen zur Flucht, dann muß man das hinausrufen können. Übrigens … das ist der gleiche, menschenverachtende Satz, den das ›Neue Deutschland‹ in der DDR über die Aktionen des Komitees geschrieben hat! Muß man das nicht sagen? Ist es nicht umwerfend, daß ein bundesdeutsches Ministerium sich dem Denken eines kommunistischen Staates angleicht, nur, um keine Flüchtlinge aufnehmen zu müssen? Da soll ich schweigen?«
    »Thomas, es gibt zwei gute Beispiele von Männern, die zu sehr an Recht glaubten oder Wahn mit Realität verwechselten: Michael Kohlhaas und Don Quichote. Zwar beides Romangestalten, aber werde bitte nicht die dritte im Bunde. Mensch, Hess, du erreichst doch nichts mit deiner sogenannten Wahrheit. Ich kann den neuen Artikel nicht bringen.«
    »Dann wird er woanders erscheinen. Ich lasse mir den Mund nicht verbieten. Schon gar nicht von Ministern, die eine Demokratie vertreten und ein Grundgesetz, das die Presse- und Meinungsfreiheit garantiert.«
    »Dir ist nicht zu helfen, Thomas.« HH winkte ab. »Renn nur mit offenen Augen ins Abseits. Ich wollte nur das Beste für dich, denn du bist ein guter Mann.«
    Der Artikel »Jeden Tag werden Menschen ermordet … was kümmert's uns?« erschien in der Samstagausgabe einer anderen Zeitung.
    Am Dienstag bestellte der Verleger der unabhängigen Tageszeitung und Mitglied einer großen Partei, Heinrich Lohfeldt, den kleinen Reporter Thomas Hess zu sich und sprach ihm nach einer knappen Diskussion die Entlassung aus. »Sie können dagegen beim Arbeitsgericht klagen!« sagte er am Schluß. »Durchkommen werden Sie damit nicht.«
    Hess verabschiedete sich von Holger Hagen, der ihm wieder bestätigte, er habe ihn gewarnt. »Da ist noch was für dich –« schloß HH seine Rede. »Ein Brief an dich persönlich. Absender Erhard Pappnitz, Ministerialdirektor im Bundesinnenministerium. Ich nehme an: Ein deftiger Anschiß.«
    Hess riß das Kuvert auf, überflog die wenigen Zeilen und schüttelte den Kopf.
    »Nein. Herr Pappnitz lädt mich zu einer Aussprache ins Ministerium ein. Übermorgen um zehn Uhr vormittags.« Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn in die Brusttasche seiner Jeansjacke.
    »Wir werden einen Nachruf bringen, Thomas. Vernichtet wurde am Dienstag, um zehn Uhr der Reporter …«
    »Ihr werdet nichts bringen«, unterbrach ihn Hess und ging zur Tür, »ihr gehört zu denen, die – wenn Bonn die Stirn runzelt – Muffensausen bekommen!«
    Am Dienstag meldete sich Hess im Bundesinnenministerium.
    Er hatte von Hörlein neues, aktuelles Material erhalten und bis tief in die Nacht mit ihm eine Art Memorandum erarbeitet, aus dem er Pappnitz vortragen wollte, um ihm dann das Schriftstück für den Minister auszuhändigen. Ob er jemals darauf eine Antwort erhalten würde, darauf war er sehr gespannt. Hörlein behauptete, man würde wieder die alte Masche von den Verfahrensgrundsätzen hervorholen, dieses groteske und anmaßende Alibi für staatlich gelenkte Humanität, hinter der sich die Menschenverachtung versteckt. Was damals, am 5. März 1982, von den Regierungschefs des Bundes und der Länder vereinbart worden war, hatte zu einer Verriegelung aller Türen vor unbequemen Flüchtlingen geführt.
    Ministerialdirektor Erhard Pappnitz ließ Hess eine halbe Stunde warten und begrüßte ihn dann ziemlich steif und unpersönlich. Hess war erstaunt – sie waren allein, unter vier Augen, es gab keine Zeugen des Gesprächs. War man sich der Peinlichkeit des Gespräches bewußt?
    »Wir wollen keine langen Umwege machen«, begann Pappnitz das Gespräch. »Sie sind ja auch sehr direkt, Herr Hess, also, zur Sache: Sie unterstellen dem Minister eine inhumane Haltung. Das ist unerhört.«
    »Ich stimme Ihnen zu.«
    »Wie bitte?« Pappnitz hob die Augenbrauen. Er war einen Moment unsicher.
    »Ich stimme Ihnen zu, daß es unerhört ist, aus dem Munde eines deutschen Ministers Ansichten der SED zu hören. Als offizielle Stellungnahme.«
    »Das habe ich nicht gesagt, Herr Hess.«
    »Aber ich. Nach Kenntnis aller Dinge frage ich mich, ob die Bundesregierung überhaupt über die Lage im Südchinesischen Meer unterrichtet ist.«
    »Wir sind

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