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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ihnen gab sie mit Wasser verdünnte Milch, in die sie ein Vitamin-Granulat verrührt hatte, jedem Kind nur ein paar vorsichtige Schlucke, denn hätten sie alle soviel getrunken, wie sie mochten, sie wären an Magenkrämpfen eingegangen.
    Julia … es ist fast frevelhaft, angesichts dieses Elends um uns herum an sie zu denken, aber ich kann nicht anders. Zugegeben, ich bin vielleicht ein Verrückter. Aber wer wird nicht verrückt, der schon einmal von Julias Armen umschlungen wurde, ihren von Lust durchbebten Körper umfing und sein Gesicht zwischen ihre herrlichen Brüste vergrub? Ich weiß, ich weiß, das klingt alles so ungeheuer kitschig, so klischeehaft, so heillos schwärmerisch. Aber wie soll man dieses selige Gefühl ausdrücken, das einen erfüllt, wenn man neben Julia liegt und sie ganz für sich hat?
    Als sie in Singapur an Bord kam und wir uns zum erstenmal anblickten, war das bereits wie ein Schuß in mein Herz. Dann ging sie zum Deckhaus, mit diesen wiegenden Hüften und diesem lockenden Gesäß, sie drehte sich nach mir um, lachte mich an und warf dann die Haare mit einem Kopfschwung aus ihrem Gesicht. Von diesem Augenblick an wußte ich: Ich werde ihr verfallen. Nein, ich bin ihr bereits verfallen!
    Am späten Abend – ich hatte Wache auf der Brücke – kam sie ins Ruderhaus, blickte mit ihren großen Kulleraugen um sich, schürzte ganz süß die Lippen und sagte: »Nun zeigen Sie mir mal Ihren Knüppel.«
    »Was bitte?« habe ich irritiert zurückgefragt.
    »Den Steuerknüppel.«
    Da mußte ich laut lachen. »Ein Schiff ist kein Flugzeug!« habe ich gesagt. »Wir haben keine Steuerknüppel, wir haben ein Steuerrad für die Ruderanlage.« Ich habe dann versucht, ihr das komplizierte Führen eines Schiffes so zu erklären, daß sie es verstehen konnte. Doppelmaschinentelegraph, Bugstrahlruder, Decca-Navigator, Kreiselkompaß, Radaranlage, Echograph, Echolot, Umdrehungsanzeige der Motoren, Sollkurseinsteller. Sie hat aufmerksam zugehört, aber ich glaube, sie hat von allem nichts verstanden.
    Immerhin sagte sie: »Da habe ich es einfacher. Sehen Sie sich doch mal mein Stationszimmer an.«
    So unkompliziert ist sie. So mädchenhaft und doch so umwerfend gerissen. In der Nacht nach unserem Auslaufen aus Singapur liebten wir uns zum erstenmal. Ich bin jetzt 38 Jahre alt, davon 19 Jahre auf See, direkt nach dem Abitur habe ich einen Jugendtraum verwirklicht: Seeoffizier zu werden. Ich habe seitdem viel von der Welt gesehen, auf Passagierschiffen, Tankern, Containern und Frachtern der alten Sorte, ich habe so manches Mädchen im Arm gehalten und wirklich nichts vermißt, was ein Mann haben muß (wie man sagt), ich habe nie die Idee gehabt, einmal zu heiraten, denn diese Welt ist so voll von schönen Frauen, daß eine einzige sie nicht verdrängen könnte. Aber das gestehe ich ohne Scham: Noch nie hat eine Frau mich so beherrscht wie jetzt Julia. Bei ihr denke ich an nichts mehr als nur noch an unsere Vereinigung, unsere Erfüllung, unsere matte Seligkeit. Ich bin verrückt!
    Seit zwei Wochen aber sehe ich, daß Dr. Starke über die medizinische Zusammenarbeit hinaus ein verdächtiges Interesse für Julia entwickelt. Ich bin, was ich noch nie war, was ich nie kannte und worüber ich bei anderen Männern lachte, eifersüchtig. Man stelle sich das vor: Hugo Büchler ist eifersüchtig! Vielleicht ist das alles unbegründet, sehe ich mehr, als dahinter ist. Aber wenn ein Arzt seiner Krankenschwester in den Po kneift und sie juchzt auf, dann ist das schon eine bemerkenswerte Vertrautheit. Oder nicht?
    Natürlich habe ich Julia sofort gefragt. Sie hat befreiend gelacht und gesagt: »Das tut er immer. Der ist so ein Typ, der glaubt, alle Frauen fallen auf ihn herein. Auch Dr. Burgbach läßt er nicht in Ruhe. Was soll ich tun, Go?« (Sie nennt mich nicht Hugo, sondern nur Go.)
    »Ihm auf die Finger hauen.«
    »Und dann ein halbes Jahr oder noch länger mit ihm arbeiten und wie Hund und Katze sein?! Das halte mal aus. Das macht dich fertig. Du weißt gar nicht, wieviel Möglichkeiten ein Mediziner hat, einer Krankenschwester das Leben schwer zu machen. Du machst einfach alles falsch. Selbst ein einfaches Pflaster sitzt dann verkehrt. Dann lieber schon einen Kniff in den Hintern und dazu lachen.«
    »Und wenn er mehr will?«
    »Da bin ich Granit. Da muß er sich erst mal durchbeißen.«
    Vor zehn Tagen war ich gegen zwei Uhr morgens an ihrer Kabinentür. Sie war verschlossen, aber Julia machte auch nicht auf, als ich

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