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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie man sie allenfalls in Nizza, im Hotel Negresco serviert. Eben anders gewürzt, pikant, gaumenstreichelnd.
    Nach dem ersten Löffel fuhr Stellinger wie gestochen hoch, rannte in die Küche, ließ sich von dem Duft des Schokoladenpuddings nicht besänftigen und brüllte: »Das soll eine Linsensuppe sein?! Das ist eine Jauche!«
    Weiter kam er nicht, auch Winters Gegenschrei ging unter: Die Alarmsirene dröhnte. Siebenmal kurz, einmal lang. Stellinger wirbelte aus der Tür, Winter griff nach seiner Schwimmweste – bei der Bergung von Flüchtlingen hatte jeder mitzuhelfen, ob Arzt oder Koch –, jede Hand wurde gebraucht.
    Dr. Herbergh kam auf die Brücke und riß seinen Feldstecher hoch. Kapitän Larsson hatte eigenhändig den Alarm gegeben und zeigte nun hinaus auf das schimmernde Meer. »Da ging eine Leuchtkugel hoch!« sagte er mit der ihm eigenen Ruhe. »Eine rote! Noch sehe ich nichts. Muß ein winziges Boot sein. Auf dem Radar natürlich gar nichts. Ich drehe bei und steuere die Richtung an.«
    Vom Heck zischte jetzt eine weiße Leuchtrakete in den Himmel. Die Maschinen stampften mit voller Kraft. Es war, als atme die Liberty auf und setzte dann zu einem Spurt an.
    »Boot voraus!« rief der Ausguck, der Krankenpfleger Pitz. »Steuerbord! Nur ein Fleck im Wasser.«
    »Wirklich, da sind sie!« Dr. Herbergh hatte den dunklen Fleck entdeckt. Wie immer, wenn sie ein Flüchtlingsboot sichteten, legte sich eine Art Ring um sein Herz. Was würde man vorfinden? Ausgeraubte, Mißhandelte, vergewaltigte Frauen, Verletzte, Tote … das geballte Elend trieb auf dem Goldenen Meer.
    An dem startklaren Schlauchboot standen Stellinger, v. Starkenburg, Anneliese Burgbach und Dr. Starke. In der ›Klinik‹ zog Julia wieder die Schutzüberzüge ab und bereitete alles für Notfälle vor. Fritz Kroll wartete auf dem Achterdeck, die geladene schwere Signalpistole in der Hand, auf ein Zeichen. Mit einer hohen Bugwelle rauschte die Liberty dem Boot entgegen, das jetzt deutlich zu sehen war. Es dümpelte auf und ab und rührte sich nicht vom Fleck.
    »Sie können sich nicht bewegen«, sagte Büchler. Er hatte das Ruder übernommen, während Larsson mit Dr. Herbergh auf der Nock blieb. »Maschinenschaden oder kein Benzin. Wie lange treiben sie wohl schon herum?«
    Am Schlauchboot machte sich Dr. Starke fertig, um mitzufahren. Er hatte Shorts an, ein fleckiges blaues Hemd und darüber die orangene Schwimmweste. Sein schwarzes Haar, in den drei Wochen länger geworden, flatterte im Fahrtwind.
    »Endlich ist etwas los«, sagte er zu Anneliese Burgbach. »Ich war schon soweit, Ihnen einen Heiratsantrag zu machen. Stellen Sie sich das vor!«
    »Ein Alptraum. Aber die Antwort kennen Sie ja.«
    »Bin ich so ein Ekel, Anneliese?«
    »Nein. Aber der Mann, den ich einmal heirate, muß anders sein.«
    »Wie? Sagen Sie es mir, Anneliese. Ich bin unheimlich wandlungsfähig. Wie ein Chamäleon.«
    »Haben Sie jetzt keine anderen Sorgen, Wilhelm? Gleich kommen Menschenwracks an Bord.«
    »Die mich noch stärker daran erinnern, wie schön Sie sind. Warum laufen wir voreinander weg, Anneliese?«
    »Ich laufe nicht weg … Sie laufen mir nach.«
    »Das ist für einen Mann legitim.«
    Fritz Kroll schoß die zweite weiße Rakete ab. Jetzt war das Boot mit dem bloßen Auge deutlich erkennbar. Die Punkte drin, das waren die Menschen. Aber sie bewegten sich nicht, sie winkten nicht wie die anderen Flüchtlinge, die man aufgefischt hatte. Sie blieben starre Punkte.
    »Es ist wie ein Boot mit Geistern«, sagte Anneliese leise. »Nichts rührt sich. Sie sind wie gelähmt.«
    »Oder Tote, die auf rätselhafte Weise aufrecht stehen.«
    »Und Sie kündigen mir einen Heiratsantrag an«, Anneliese sah Dr. Starke mit einem langen Blick an. »Sie sind mir ein Rätsel, Wilhelm.«
    »Lösen Sie es, Anneliese.«
    »Dann nur auf die Art Alexander des Großen.«
    »Auch dazu bin ich bereit. Spalten Sie mich. Sie werden zwei Bewunderer haben.«
    Im Ruderhaus stellte Büchler die Maschinen auf langsame Fahrt. Chief Kranzenberger erschien auf der Brücke und setzte seinen Feldstecher an die Augen. Er sah, wie plötzlich alle Köpfe hinter der Bordwand verschwanden und nur ein Mann stehen blieb. Es war der Augenblick, in dem Xuong seinem Gott dankte, daß man Menschen getroffen hatte.
    »Was ist denn da los?« fragte Kranzenberger. »Plötzlich ducken sich alle? Da stimmt doch was nicht. Sind das überhaupt Flüchtlinge?«
    »An einem Stock flattert ein weißes Tuch mit

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