Das goldene Meer
dick wie seiner. Der zerplatzt an uns.«
»Und wenn er einen verstärkten Bug wie ein Eisbrecher hat?«
»Halten Sie den Mund, Stellinger!« sagte Larsson grob. »Was machen Sie überhaupt hier? Wo ist Ihr Platz?«
»Beim Schlauchbootkran.«
»Dann begeben Sie sich gefälligst schnell dahin!«
Knurrend verließ Stellinger die Nock und ging zurück aufs Deck. Dort traf er auf Dr. Starke und Anneliese Burgbach, die beide mit einem Fernglas hinüber zu dem das Meer durchschneidenden weißen Schiff starrten.
»Ist das eine Yacht!« sagte Starke begeistert. »Ein Traum. So etwas kann man sich leisten, wenn man Kashoggi heißt.«
»Oder wenn man Menschen ausraubt und Frauen in Bordelle verkauft.« Annelieses Gesicht hatte scharfe Züge bekommen. So kann sie in zwanzig Jahren aussehen, dachte Starke. Etwas herber, aber immer noch schön. »Was will er von uns?«
»Noch ist alles nur ein Gerücht, daß es Truc ist.«
»Die Vietnamesen liegen auf den Knien, Wilhelm.«
»Weil dieser Le sie verrückt macht. Ich möchte ihn am liebsten in den Hintern treten. Keiner weiß, wer Truc ist, keiner kennt sein Schiff, ihn selbst schon mal gar nicht. Woher will der Kerl wissen, daß das Truc ist?«
»Wir haben ihn doch mit Messerstichen aufgefischt …«
»Die ihm bestimmt nicht Truc persönlich verpaßt hat.«
»Aber er wird das Schiff kennen.«
»Dann würde er nicht mehr leben, schöne Kollegin.«
»Er hat sich doch tot gestellt.« Sie stieß plötzlich die Hand vor und zeigte auf das Schiff. »Will er uns rammen?« rief sie entsetzt.
»Verdammt! Das ist ein Verrückter!« Dr. Starke legte den Arm um Annelieses Schulter. Sie schob sich nicht von ihm weg oder schüttelte ihn ab, in diesem Augenblick war er ein Schutz für sie. »Warum weichen wir nicht aus?«
»Dazu ist es jetzt zu spät.« Stellinger drückte sich an die Bordwand. »Wenn er will, kriegt er uns in jeder Position. Passen Sie auf, was jetzt passiert.«
Bis auf etwa fünfhundert Meter war Trucs schönes Schiff herangeprescht, einem Schnellboot gleich, das einen Angriff fährt. Ohne die Geschwindigkeit zu drosseln, so, als wolle es seine Wendigkeit demonstrieren, legte es sich plötzlich ein klein wenig auf die Seite und drehte bei, bis es Seite an Seite mit der Liberty lag.
Auf der Nock hieb Kapitän Larsson mit den Fäusten auf das Schanzkleid und brüllte: »Du Scheißkerl! Du Arschloch!«
Im Kommandoraum stellte Büchler den Telegrafen auf Stopp. Er wußte, daß Chief Kranzenberger jetzt gottserbärmlich fluchte, sich mit beiden Händen durch die Haare fuhr und in wenigen Minuten auf der Brücke erscheinen würde.
Die Maschine schwieg, die Liberty lief aus. Auch das herrliche weiße Schiff drosselte seine Fahrt und schwamm langsam an die Liberty heran. Bei ungefähr dreihundert Metern Abstand ging auch seine Maschine auf Stopp.
»Das ist eine bodenlose Frechheit!« schrie Larsson. »Keine Flagge! Keine Antwort!«
»Was erwarten Sie von einem Piraten, Larsson?« fragte Herbergh.
»Selbst die kleinen Piratenboote haben Flagge gezeigt. Thailändische Flagge.«
»Das da ist der Chef. Er hat's nicht nötig.«
»Und was will er längsseits von uns?«
»Das werden wir sehr schnell erfahren.«
Auf Deck war es jetzt ganz still geworden. Fast alle Flüchtlinge waren nach oben gekommen, standen an der Bordwand und starrten hinüber zu dem Schiff. Was würde Truc in den nächsten Minuten tun? Die Liberty beschießen? Sie entern? Würden seine Mörder an Bord kommen und mit Maschinenpistolen alle niedermähen, Männer und Kinder, nur die Frauen übriglassen, die jungen Frauen?
»Wenn er wollte, würden wir jetzt schon sinken«, sagte eine Stimme hinter Stellinger. Der fuhr herum und blickte in das lächelnde Gesicht von Le. »Man sagt, er hätte eine Kanone an Bord und vier schwere Maschinengewehre. Solche, mit denen man Flugzeuge abwehren kann.«
»Eine Vierlingsflak?« Stellinger starrte Le an. »Du spinnst.«
»Man erzählt es sich. Er ist besser bewaffnet als die Küstenboote der Marine.«
Stellinger griff nach seinem umgehängten Sprechfunkgerät und drückte die Taste. »Herr Kapitän«, sagte er, »dieser Le behauptet, die hätten da drüben eine Kanone und eine Vierlingsflak an Bord.«
»Wo sollen die denn montiert sein?« kläffte Larsson zurück.
»Auf einer Versenkung, Kapitän. Wenn's stimmt.«
»Das ist es. Ich glaube nicht an diese Märchen. Um diesen Truc werden ja schon Sagen gesponnen.«
Larsson unterbrach das Gespräch. Drüben
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