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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mehr Geld verdienen, aber im Kopf bist du der kleine, armselige Fischer Tran Loc geblieben, der jeden Morgen hinausruderte und seine alten, morschen Netze auswarf. Du kannst noch nicht einmal lesen und schreiben.«
    »Nein, aber ich weiß, daß es für dich ein Triumph ist, den Deutschen zu zeigen, daß du unbesiegbar bist.«
    »Ja.«
    »Was bringt dir das?«
    »Eine tiefe Freude.« Truc setzte das goldene Glas wieder ab. Er sah sein Gegenüber nachdenklich an, ein Blick, den Vu früher gefürchtet hatte, denn wen Truc so angesehen hatte, der war bereits aus dieser Welt entfernt. Das hatte sich in den Jahren geändert. Jetzt wußte Vu, daß er der einzige war, mit dem Truc reden konnte und dem er seine verborgenen Gedanken offenbarte. Wie gefährlich das eines Tages werden konnte, wußte Vu nicht, aber solange sie mit diesem Schiff die Flüchtlinge jagten, würde auch ihre Freundschaft halten. Und Truc würde diese Jagd nie aufgeben.
    »Warum Freude?« fragte Vu.
    »Die Deutschen sind es gewohnt zu siegen. Immer und überall wollen sie die Ersten sein. In alles mischen sie sich ein, heben den Zeigefinger, wollen belehren, betrachten sich als die Überlegenen. Truc Kim Phong wird ihnen zeigen, daß sie kleine Scheißer sind, ganz kleine Scheißer. Dieses Meer gehört uns. Wir fischen es aus, ob mit Fischen oder Menschen, das geht am wenigsten die Deutschen etwas an! Das, genau das will ich ihnen zeigen! Einmal sollen sie belehrt werden!«
    »Du mußt es wissen, Truc.« Vu zuckte mit den Schultern. »Ich täte es nicht!«
    »Volle Kraft!« Truc betätigte den Maschinentelegrafen. Die weiße Yacht bäumte sich auf und jagte dann mit schäumender, bis zur Brücke gischtender Bugwelle über das Meer. Dann griff er zum Bordtelefon und sagte hart: »Alles vorbereiten! Keiner kommt an Deck. Dang, hol die Flagge ein!« Er hängte den Hörer ein und gab Vu einen Stoß in die Seite. »Kurs genau auf sie zu, bis auf dreihundert Meter!«
    »Dreihundert? Das ist doch Wahnsinn, Truc!«
    »Und dann längsseits mit ihnen auf gleicher Höhe. Wir zeigen ihnen unsere Macht, und sie werden vor Wut zittern, diese Deutschen.«
    Das war der Augenblick, wo die Yacht von der Liberty of Sea gesichtet wurde und der Alarm alle an Deck jagte.
    »Rufen Sie ihn an, Buchs«, sagte Kapitän Larsson auf der Brücke. Er hatte die Nock verlassen und den Kopf in die Funkkabine gesteckt.
    »Ist bereits geschehen, Kapitän. Er gibt keine Antwort.«
    »Dann warten wir, bis wir ihn näher haben. Bleiben Sie dran, Buchs.«
    Lothar Buchs, der Funker, nickte. Er sah aus seinem Fenster, wie das weiße Schiff schnell auf sie zukam, mit schäumender Gischt und einer Geschwindigkeit, die Buchs auf mindestens 30 Knoten schätzte. Aber obwohl er die Yacht ununterbrochen anrief, gab dort niemand Antwort.
    Auf der Nock war unterdessen Stellinger erschienen. Er war sehr aufgeregt und stürzte auf Dr. Herbergh zu.
    »Doktor!« rief er. »Doktor, wissen Sie, wer da kommt? Vu Xuan Le, der Junge mit den Messerstichen, hat es eben hinausposaunt: Das ist Truc Kim Phong! Das ist dieser Sauhund von Pirat.«
    »Haben Sie das gehört, Larsson?« Dr. Herbergh zeigte mit beiden Händen auf das heranjagende Schiff. Larsson war wieder auf die Nock gekommen, wütend, daß man da drüben keine Antwort gab. »Das ist Truc.«
    »Wer soll das sein? Unser Piratenkönig? Ausgeschlossen! Der läuft nicht auf uns zu, der würde von uns weglaufen, um weiterhin unsichtbar zu bleiben.«
    »Blicken Sie mal hinunter aufs Deck.« Dr. Herberghs Stimme war plötzlich rauh. Auch Stellinger zog den Kopf in die Schultern. Der Anblick, der sich ihnen bot, war überzeugender als alle Worte.
    Die meisten der Vietnamesen lagen auf den Knien und beteten. Das Jammern der wenigen Frauen, die an Deck gekommen waren, klang bis zur Nock. Sie liefen herum wie gejagt und schrien mit schrillen Stimmen. So müssen die Massenhinrichtungen in Kambodscha begonnen haben, dachte Dr. Herbergh. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Menschen, die den Tod sehen, wie er unaufhaltsam auf sie zukommt.
    »Mein Gott«, sagte Larsson und schob die Mütze ins Genick. »Sie haben Angst. Soll das wirklich dieser Chef-Pirat sein? Der muß ja verrückt geworden sein, auf uns loszurasen.«
    »Sieht aus, als wolle er uns rammen!« schrie Stellinger erregt.
    »Blödsinn, Franz.« Büchler, der Erste, war auf der Nock erschienen, nachdem er aus seiner Kabine einen Fotoapparat und ein Teleobjektiv geholt hatte. »Unser Rumpf ist doppelt so

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