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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Buisson die Hand.
    »Sie sind ein Schelm, Kapitän. Aber mir soll es recht sein. Sie erhalten Ihre dreihundertundachtzig Taler und bringen uns dafür nach New York.«
    »Keine Sorge, ich Sie bringe heil nach Amerika. Doch jetzt das Geld!«
    Als Walther ihm die Münzen auf den Tisch legte, verriet Buissons Miene für einen Augenblick schiere Gier. Nun war er froh, sein Geld in weiser Voraussicht auf mehrere Beutel verteilt zu haben, die in seiner und Giselas Kleidung eingenäht waren. So konnte der Kapitän nicht erkennen, wie viel er wirklich besaß.
    Buisson strich die Summe ein, schrieb auf einem schmierigen Blatt etwas auf Französisch und forderte Walther auf zu unterzeichnen. Dieser schüttelte den Kopf.
    »Es tut mir leid, aber ich unterschreibe nichts, was ich nicht lesen kann.«
    »Oh, natürlich!« Mit einem unechten Lächeln drehte Buisson das Blatt um und schrieb in ungelenkem Englisch: »Habe von Monsieur Arschwasche bekommen dreihundertundachtzig Taler für bringen ihn und Frau nach Amerika.«
    Walther kniff bei der Schreibweise seines angenommenen Namens die Lippen zusammen und wollte dem Kapitän schon sagen, er solle ihn richtig schreiben. Dann aber dachte er sich, dass er diesen Zettel ja niemanden zeigen musste, und setzte ein sehr deutlich zu lesendes Artschwager darunter.
    »Ist gut! Bertrand wird bringen Sie und Frau an Ihriges Platz.« Buisson reichte Walther den Zettel, rief nach dem Matrosen und schenkte sich noch einmal einen Schnaps ein.
    Bertrand, ein kleiner, drahtiger Mann in wadenlangen Hosen und einem Ringelhemd, musterte Walther und Gisela mit schräg gelegtem Kopf und wies dann zur Kabinentür. »Mitkommen!«
    »Auf Wiedersehen, Kapitän«, verabschiedete Walther sich von Buisson, reichte Gisela den Arm und folgte dem Matrosen. Sie flüsterte ihm zu, dass ihr immer noch übel sei und sie sich nach einem Platz sehne, an dem sie allein sein konnte.
    Statt in eine einzelne Kabine führte Bertrand sie eine schmale, steile Treppe hinab in einen langen Raum, dessen Decke so niedrig war, dass Walther den Kopf einziehen musste, um nicht gegen die Balken zu stoßen. Im Schein einer einzigen Laterne, deren Flamme dem Geruch nach mit ranzigem Tran genährt wurde, sahen Gisela und Walther schätzungsweise über sechzig Menschen auf dem Boden sitzen. Überall lagen Bündel, Taschen und halb ausgewickelte Hängematten herum. Die Mienen einiger wirkten, soweit die beiden es erkennen konnten, erwartungsfroh, wahrscheinlich, weil sie hofften, in eine bessere Zukunft zu fahren. Andere starrten niedergeschlagen vor sich hin, als hätten sie Angst vor der Zukunft oder betrauerten, dass sie ihr gewohntes Leben und ihre Freunde und Verwandten zurücklassen mussten.
    Mit dem Gefühl, von Kapitän Buisson noch weitaus mehr übers Ohr gehauen worden zu sein, als er angenommen hatte, wandte Walther sich an den Matrosen. »Soll das hier etwa unsere Unterkunft sein?«
    » Oui, das ist das Zwischendeck der Loire. Hier werden alle Passagiere untergebracht. Kabinen gibt es nicht. Ist zu klein dafür. Aber für einen Franc oder zwei weise ich Ihnen den besten Platz hier zu.«
    Walther hatte das Gefühl, dass dies gut angelegtes Geld sein könnte, und steckte Bertrand fünf Francs zu. Dieser blickte auf die Münze und pfiff leise durch die Zähne.
    »Monsieur sind sehr großzügig. Dafür bekommen Sie den besten Platz!« Bertrand scheuchte einige der Zwischendeckspassagiere beiseite und blieb vor der Bretterwand stehen, die das Zwischendeck zum Heck hin abschloss.
    »Der Platz ist gut, es schaukelt nicht so wie weiter vorne«, meinte er.
    Da kein natürliches Licht ins Zwischendeck fiel und der Schein der Laterne nicht ganz bis in diese Ecke reichte, war kaum etwas zu erkennen. Eines aber begriff Walther: Neben richtigen Betten fehlte auch sonst alles, was so eine Reise erträglich machte.
    »Gibt es hier wenigstens Strohsäcke?«, fragte er Bertrand.
    Dieser wehrte mit angeekelter Miene ab. » Non! Sie werden wie die anderen in Hängematten schlafen. Das ist besser so! Aus Betten würden Sie herausfallen. Auch auf dem Boden können Sie nicht schlafen! Bei Seegang werden Sie von einer Seite des Schiffs auf die andere geschleudert. Darum muss alles Gepäck an der Wand oder den Balken festgezurrt werden. Sonst fliegt es herum und verletzt andere Passagiere.«
    »Und wo kann man sie festzurren?«, fragte Walther bissig.
    »Es gibt überall Haken, unten für Gepäck, oben an Deckbalken für Hängematten.« Dann hob er

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