Das goldene Ufer
andere Wahl blieb, erhob sie sich und zog sich an.
Unterdessen verstaute Walther ihre Habe wieder im Koffer und in der Reisetasche und rief nach einem Knecht, der ein wenig Englisch verstand. »Bring die Sachen zur Loire von Kapitän Buisson. Außerdem könntest du mir sagen, wo ich rasch die für eine Überfahrt nach Amerika nötigen Lebensmittel erstehen kann.«
»Mein Schwager Modeste arbeitet bei einem Schiffsausrüster. Er kann Ihnen alles besorgen.«
»Es muss sehr schnell gehen. Das Schiff läuft heute noch aus«, drängte Walther.
»Es dauert bestimmt nicht lange. Kommen Sie!« Der Knecht ließ Walther kaum die Zeit, seine Zeche und die Unterkunft zu bezahlen, dann eilte er ihm und Gisela voraus zum Hafen. Den sperrigen Koffer und die Reisetasche trug er dabei mit so wenig Anstrengung, als wären diese mit Luft gefüllt.
Er blieb vor einem großen Haus in der Nähe des Kais stehen, über dessen Eingangstor ein großes Schild in mehreren Sprachen darauf hinwies, dass hier Crepus et Fils Schiffsausrüstungen verkauften, und winkte einen der Angestellten heraus. Was er diesem in seiner Muttersprache erklärte, verstand Walther nicht, doch kam der andere auf ihn zu und sprach ihn auf Englisch an.
»Sie wünschen eine Ausrüstung für eine Reise über den Ozean?«
»So ist es«, erklärte Walther. »Wir brauchen genug Lebensmittel, Decken, wetterfeste Mäntel und dergleichen.«
»Kommen Sie herein! Ich stelle Ihnen alles zusammen. Mit was wollen Sie zahlen, mit Franc, englischen Sovereigns …«
»Mit preußischen Talern«, unterbrach Walther ihn.
Er hatte unterwegs nicht viel Geld umgewechselt, weil er seine Münzen in Amerika allesamt in Dollar umtauschen musste und den doppelten Verlust durch die Wechselgebühren vermeiden wollte.
»Preußische Taler? Auch gut!« Modeste ging mit Hilfe seines Schwagers daran, alles zusammenzupacken, was ein Ehepaar, das nach Amerika fahren wollte, benötigte. Es wurden mehrere großen Packen, denn sie brauchten laut Modeste genug Decken sowie feste Hängematten aus Segeltuch, in denen sie während der Überfahrt schlafen konnten. Weder Walther noch Gisela hatten je so ein Ding gesehen und fragten sich, wie ein Mensch in so einem einfachen Stück Leinwand schlafen konnte.
Modeste riet ihnen, ein Fässchen Wein mitzunehmen, da das Wasser an Bord unterwegs faulig werden könnte. Ein Fässchen Salzfleisch und ein großer Steinguttopf mit Sauerkraut gehörten ebenso dazu wie steinharte Würste, getrocknete Bohnen und Linsen.
Angesichts der Menge fragte Walther sich, wie lange die Reise dauern sollte. Auf der Grundlage der in seinem Leitfaden genannten Überfahrtsdauer hätte er höchstens die Hälfte gerechnet. Dann erinnerte er sich jedoch daran, dass auch von möglichen Flauten und Stürmen die Rede gewesen war, die das Vorwärtskommen arg behindern konnten, und akzeptierte alles, wozu Modeste ihm riet.
Zuletzt erstellte der Franzose die Rechnung. Walther schluckte im ersten Augenblick. Aber da Kapitän Buisson einen eher niedrigen Preis für die Passage verlangt hatte, konnte er sich diesen Einkauf leisten und zählte Modeste die Münzen hin.
Der Verkäufer strich das Geld mit einem zufriedenen Lächeln ein, denn er hatte eine hübsche Summe als Wechselgebühr auf den Preis der Waren aufgeschlagen. Allerdings dachte er nicht daran, das Geld bei einem der Wechsler im Hafen gegen einheimische Münzen zu tauschen. Es kamen immer wieder Schiffer aus deutschen Häfen nach Le Havre, die Waren benötigten und froh waren, wenn sie statt der hier gebräuchlichen Francs ihre gewohnten Taler als Wechselgeld erhielten.
Unterdessen bot Modestes Schwager Walther an, Lastenträger zu holen, die alles zur Loire bringen würden, und zog ab, als dieser nickte. Kurze Zeit später kehrte er mit ein paar kräftigen Kerlen zurück, die alles einschließlich des Koffers und der Reisetasche auf zwei Schubkarren luden und diese mit wüsten Flüchen durch die Menschenmenge schoben.
Walther und Gisela folgten ihnen zusammen mit dem Wirtsknecht, der grinsend an den Anteil dachte, den er für dieses Geschäft von seinem Schwager erhalten würde. Bei der Loire angekommen, dirigierte er die Lastenträger zu der Stelle, an der das Schiff beladen wurde, und wandte sich dann an Walther.
»Weiter kann ich Ihnen nicht helfen, mein Herr.« Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er ein gutes Trinkgeld erwartete. Walther drückte ihm ein Zweifrancstück in die Hand, gab auch jedem Lastenträger einen
Weitere Kostenlose Bücher