Das goldene Ufer
Franc als Lohn und einen Viertelfranc als Trinkgeld und sah sich dann erst auf dem Schiff um.
Auf dem zweiten Blick erschien ihm die Loire nicht mehr so stattlich wie vor zwei Stunden. Es gab größere Schiffe im Hafen, mit drei Masten und hohen Bordwänden, die ihm weitaus sicherer und zuverlässiger erschienen. Doch er hatte sich nun einmal auf die Reise mit diesem Schiff eingelassen und musste dazu stehen.
Ein gutes Dutzend Matrosen arbeiteten an Deck. Einige schrubbten die Planken, andere besserten das Tauwerk aus, und der Rest schleppte die Fässer und Kisten an Bord, die draußen am Kai aufgestapelt standen. Walther schätzte, dass die Männer noch mehrere Stunden brauchen würden, bis alles verstaut war, und ärgerte sich über die Eile, zu der Kapitän Buisson ihn getrieben hatte.
Sein Blick suchte den Mann, fand ihn aber nicht, und so sprach er einen der Matrosen an. Der verzog nur das Gesicht, knurrte etwas auf Französisch und arbeitete weiter.
»Ich muss zu Kapitän Buisson!«, rief Walther dem Nächsten zu.
Der sah ihn kurz an und verschwand unter Deck. Noch während Walther sich fragte, ob er Diebolds Pistole ziehen und einen Schuss abgeben sollte, damit man auf ihn aufmerksam wurde, vernahm er Schritte, die den Niedergang hochkamen. Wenige Augenblicke später tauchte der Kapitän auf und begrüßte ihn wie einen lange vermissten Freund.
»Willkommen an Bord der Loire, Monsieur! Madame, Ihr Diener.«
»Wir sind wie gewünscht an Bord gekommen. Allerdings werden Sie kaum zu der genannten Zeit auslaufen können. Sie haben ja noch nicht alle Ladung an Bord!«, erklärte Walther missmutig.
Der Kapitän winkte lachend ab. »Das nicht lange dauern. Kommen mit in Kajüte und zahlen Überfahrt. Sehe, Sie Lebensmittel, Decken und Hängematten gekauft haben. Ist klug von Ihnen, werden brauchen alles. Hängematten, Decken und persönliches Gepäck werden gebracht zu Schlafplatz. Die Lebensmittel übernehmen Schiffskoch. Ihnen machen Essen für kleines Trinkgeld.«
»Daran soll es nicht scheitern. Allerdings dachte ich, wir würden für uns selbst kochen«, antwortete Walther.
Buisson hob erschrocken die Hände. »Zu gefährlich wegen Feuer, mon ami! Muss gekocht werden in Bordküche. Aber jetzt kommen.« Damit fasste er Walther unter und zog ihn mit sich.
Gisela, die ihnen auf zitternden Beinen folgte, kämpfte bereits bei den ersten Schritten mit heftiger Übelkeit, obwohl die Loire noch fest vertäut am Kai lag.
In der Achterkajüte zog der Kapitän eine Tonflasche sowie zwei Zinnbecher aus einem an der Wand befestigten Schrank und schenkte ein. Einen davon reichte er Walther und nahm den anderen selbst zur Hand.
»Auf gute Reise!«
»Auf eine gute Reise!« Walther stieß mit Buisson an und würgte den scharfen, nach Anis schmeckenden Schnaps mit Todesverachtung hinunter.
Unterdessen betrachtete der Kapitän Gisela und schnalzte mit der Zunge. »Schöne Frau, mon ami. Glückwunsch! Doch jetzt wir wollen vertäuen unser Geschäft. Sie zahlen in Franc oder in Dollar?«
»In preußischen Talern, wenn es recht ist.«
»Aber natürlich! Das machen … eine Moment! Dreihundertachtzig Taler!«
Während der Kapitän fröhlich grinste, war es Walther, als hätte ihn ein Pferd getreten. »Aber vorhin haben Sie eine weit geringere Summe genannt: Nur ein wenig über die Hälfte!«, rief er entsetzt aus, denn der Betrag riss ein großes Loch in die Reserven, die er und Gisela für den Beginn in der Neuen Welt benötigten.
»Für Person eines«, antwortete Buisson ungerührt. »Frau ist schon billiger.«
»Das lasse ich mir nicht bieten!«, schäumte Walther auf. »Es wird auch noch andere Schiffe geben, die nach New York fahren. Schaffen Sie die Sachen, die ich gekauft habe, sofort wieder von Bord!«
»Das ist, pardon, unmöglich. Matrosen keine Zeit. Wollen auslaufen. Jetzt zahlen oder gehen von Bord ohne Vorräte.« Von Buissons freundlicher und jovialer Art war nichts übriggeblieben, dafür ließ er sich die Freude, diesen preußischen Tölpel übers Ohr gehauen zu haben, deutlich anmerken.
Walther überlegte verzweifelt, was er tun sollte. Die Forderung des Kapitäns empörte ihn, allerdings befand sich die Summe noch in dem Rahmen, der in seinem Büchlein genannt wurde. Auf einem anderen Schiff würde er kaum weniger zahlen müssen. Außerdem konnte er nicht auf die Vorräte und die anderen Sachen verzichten, für die er so viel Geld bezahlt hatte.
Daher zwang er sich ein Lächeln auf und reichte
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