Das goldene Ufer
bedeuten mochte, erklärte Gamuzana Frau und Tochter, dass die Menschen, die er mitgebracht hatte, Schiffbrüchige aus Frankreich und Deutschland seien.
»Sie wollten nach New Orleans, doch der Sturm hat sie an unsere Küste gespült!«, setzte er hinzu und wiederholte es auf Englisch, damit Walther es verstehen konnte.
Da der Alcalde kein Französisch sprach, musste Walther dessen Worte auf Deutsch an Gertrude weitergeben, damit diese das Gesagte für die übrigen Schiffbrüchigen übersetzen konnte. Das war eine mühsame Form der Verständigung, doch es störte niemanden. Die Auswanderer waren froh und dankbar, jemanden gefunden zu haben, der sich ihrer annahm. Walther merkte bald, dass Gamuzana ihn trotz seiner Erklärung für den Anführer der Gruppe hielt und entsprechend behandelte. Während der Alcalde die anderen in die Kirche schickte, in der sie Quartier erhalten sollten, lud er ihn und Gisela in sein Haus ein und ließ ihnen Wein und ein gutes Mahl vorsetzen.
Als Walther die Gelegenheit nutzte und Gamuzana nochmals auf das Malheur mit seinem Pass ansprach, winkte dieser ab. »Darüber reden wir morgen, Señor. Heute ruhen Sie sich aus. Wir können dann auch zu meiner Hazienda reiten, damit Sie unser Land besser kennenlernen.«
»Gerne, Herr de Gamuzana! Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meiner Gattin und mir eine Kammer zuweisen könnten. Ich bitte die Damen, uns zu entschuldigen.« Beim letzten Satz verbeugte Walther sich vor Doña Elvira und deren Tochter.
Die beiden nickten lächelnd, und Gamuzana übersetzte den Ausspruch seiner Frau.
»Doña Elvira sagt, Sie seien ein sehr höflicher Mann und keiner dieser lauten, rüpelhaften Americanos!«
»Ich bin glücklich, dass den Damen meine Manieren zusagen.« Walther war zu ausgelaugt, um darüber nachdenken zu können, was die Menschen hier gegen die Amerikaner haben mochten. Er reichte Gisela, die sich mit einem Knicks von den beiden Damen verabschiedete, den Arm und folgte einem Diener, der sie in ein Gästezimmer führen sollte.
Die Kammer war überraschend groß und angenehm kühl. Neben einem breiten Bett standen mit fremdartigen Mustern bemalte Truhen. Zwei Frauen in einfachen Kleidern brachten ihnen einen Krug mit lauwarmem Wasser, eine Schüssel, Seife, einen Schwamm und zwei Tücher zum Abtrocknen. Da Gisela und Walther sich während der Reise nur mit Salzwasser hatten waschen können, war ihnen dieser Luxus hochwillkommen. Kaum hatte der Diener sich mit einer Verbeugung zurückgezogen, entledigte Gisela sich ihrer Kleidung und begann sich von oben nach unten abzuschrubben.
Walther betrachtete sie voller Liebe. Ihr Bauch wölbte sich bereits stark, doch ihre Haut spannte sich über die Schlüsselbeine und die Rippen. »Du bist während der Reise mager geworden, mein Schatz. Ich hätte mehr darauf dringen sollen, auf der Loire aus unseren persönlichen Vorräten versorgt zu werden«, erklärte er betroffen.
Gisela sah ihn erschrocken an. »Gefalle ich dir jetzt nicht mehr?«
»Du bist wunderschön, und wenn ich nicht so matt wäre, würde ich …« Noch während er es sagte, spürte Walther, wie sein Begehren wuchs.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, drehte Gisela sich zu ihm um. »Kannst du mir helfen und mir den Rücken waschen? Ich übernehme das dann auch bei dir.«
»Gerne«, sagte Walther lächelnd und nahm den Schwamm zur Hand.
»Du solltest dich vorher ausziehen, sonst machst du deine Sachen nass«, forderte Gisela ihn auf.
Walther befolgte den Rat, doch als er im Adamskostüm vor ihr stand, klopfte jemand an der Tür. »Señor, soll holen Kleidung zum Waschen«, sagte jemand in einem gutturalen Englisch.
Mit einem Wink brachte Walther Gisela dazu, sich in den toten Winkel der Tür zu stellen. Er nahm das in der Kleidung versteckte Geld an sich und öffnete die Tür einen schmalen Spalt, um die Sachen hinauszustecken. Als der Diener sich entfernte, atmete er auf, stellte dann einen Stuhl so gegen die Tür, dass dessen Lehne die Klinke blockierte.
»Nun kann uns niemand überraschen«, sagte er und ging mit ausgestreckten Armen auf Gisela zu.
Diese rümpfte missbilligend die Nase. »Du wirst dich abschrubben müssen, bevor ich dir mehr erlaube. Aber vorher wäschst du meinen Rücken!«
Walther war verblüfft und erfreut, dass Gisela ihre frühere Schamhaftigkeit, die sie während der unglückseligen Reise mit Gertrudes Nachhilfe abgelegt hatte, nicht wieder annahm. Mit einem erfreuten Lächeln trat er auf sie zu,
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