Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
damit gestorben. Ihm wurde bewusst, dass es nur einen einzigen Menschen auf der Welt gab, der ihm helfen konnte, und das war er selbst.
    »Komm, Stephan, Kopf hoch! Es wird gewiss alles gut werden.« Er klopfte Thode auf die Schulter und begrüßte dann Landolf Freihart, der wieder mit seinem Stottern zu kämpfen hatte.
    »I… ich m…uss m…it dir reden, Walther, und mit dir auch, Stephan! Wir dürfen uns von der Universitätsleitung nicht mehr alles gefallen lassen. Daher sollten wir uns doch einer Burschenschaft anschließen und mithelfen, ein Netz an Kontakten zu schaffen, das quer durch unser Deutschland reicht.«
    »Ich nicht«, sagte Stephan lapidar und ging.
    Landolf sah ihm verdattert nach. »Was hat er denn?«
    »Sein Vater ist gestorben, und seine Mutter kann das Studiengeld nicht mehr aufbringen. Wenn ihm nicht Verwandte unter die Arme greifen, muss er das Studium abbrechen«, klärte Walther ihn auf.
    »Armer Kerl! Und was ist mit dir? Hast du wieder diesen famosen Grafensohn am Hals?«
    »Den werde ich bis zum Ende des Studiums am Hals haben und wahrscheinlich noch viele Jahre darüber hinaus. Der Teufel soll ihn holen!«
    »Ein frommer Wunsch! Was hat er denn jetzt wieder angestellt?«
    Das, was er vermutete, wollte Walther nicht einmal aussprechen. Daher erklärte er nur, Diebolds überhebliche Art sattzuhaben, und brachte das Thema wieder auf die Burschenschaften. Die Studentenvereinigungen wurden von den Behörden zwar verboten, trotzdem existierten sie weiter, und von Zeit zu Zeit provozierten die Burschenschaftler die Polizei mit ihren Abzeichen und Fahnen.
    Landolf war fest entschlossen, sich seiner Landsmannschaft anzuschließen. In den Ferien hatte ihm ein Bekannter dazu geraten und gleich eine Kontaktperson genannt.
    »Du solltest auch mittun«, forderte er Walther auf.
    Dieser zuckte unschlüssig mit den Achseln. »Ich werde es mir überlegen.«
    »Ich dachte, du bist ebenso wie ich gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung«, rief Landolf enttäuscht.
    »Das bin ich auch, nur weiß ich nicht, ob ich die Gelegenheit dazu finde. Außerdem müsste ich in eine andere Landsmannschaft gehen als du, und da kenne ich niemand, an den ich mich wenden kann«, versuchte Walther sein Zögern zu erklären.
    »Wenn es nur das ist! Ich werde dafür sorgen, dass dich ein zuverlässiger Kommilitone deswegen anspricht. Wir müssen uns einig sein, wenn wir etwas erreichen wollen. Das verstehst du doch?«
    Walther nickte mit treuherzigem Augenaufschlag. »Aber natürlich!«
    Dabei hinderte ihn weniger die Angst vor der Obrigkeit daran, sich einer Burschenschaft anzuschließen, als sein Mangel an Geld. Die kleine Summe, die Graf Renitz ihm zukommen ließ, reichte gerade für Bücher und Unterrichtsmaterial. Und jeden Pfennig, den er darüber hinaus erübrigen konnte, würde er zur Seite legen, bis er einen dicken Beutel voll Taler besaß. Ohne den würde er niemals nach Amerika auswandern können. Aus diesem Grund nahm er sich vor, sogar auf das Glas Bier zu verzichten, das er gelegentlich im Kreis seiner Freunde trank.

2.
    D ie Zeit verging, ohne dass sich Wesentliches in Walthers Leben änderte. Bald schon nahte das Ende des Semesters, und Walther hoffte, wenigstens diesmal mit nach Renitz fahren zu können. Er wollte mit Gisela sprechen und ihr seine Unterstützung anbieten, so gering diese zurzeit auch ausfallen mochte. Doch das Schicksal entschied es anders.
    Einen Tag vor der Abreise legte Diebold beim Abendessen den Löffel beiseite und sah Walther schadenfroh an. »Meine Frau Mama hat mir geschrieben, dass es meinem Vater wieder besser geht. Zur Stärkung seiner Gesundheit hat sein Arzt ihm einen Kuraufenthalt in Pyrmont angeraten, und dort sind meine Eltern vor einer Woche eingetroffen. Meine Frau Mama wünscht nun, dass ich die Ferien bei ihnen verbringe. Du sollst in der Zeit hier in Göttingen bleiben. So kannst du gleich in deinen Büchern nachlesen, mit welchem Stoff sich das zweite Semester beschäftigt, und mir alles aufschreiben, wie es sich für einen fleißigen Diener gehört!«
    »Das geht nicht!«, rief die Hauswirtin, bevor Walther auf Diebolds Bemerkung eingehen konnte. »Herr Fichtner kann nicht hierbleiben. Ich brauche die beiden Zimmer in den Semesterferien.«
    »Dann musst du eben ins Gasthaus ziehen«, erklärte Diebold achselzuckend.
    »Ich könnte doch zurück nach Renitz fahren.«
    Diebold musterte Walther mit einem höhnischen Blick. »Glaubst du, mein Vater bezahlt für diese

Weitere Kostenlose Bücher