Das Gottesgrab
tatsächlich etwas verbargen, dann würde er es an dieser Verbindungsstelle finden. Der alte Mörtel zwischen den Quadern war zerbröckelt. Er drückte kräftig gegen den obersten Quader. Knirschend rückte er langsam zurück und enthüllte dahinter ein Stück massiver Felswand. Knox beließ es vorerst dabei und ging zur zweiten Wand. Als er hier den obersten Stein beiseiteschob, sah er einen Hohlraum dahinter. Er versuchte, die beiden obersten Quader zurückzuschieben, aber sie waren zu schwer. Wie ein Freeclimber in einem Felsschacht krabbelte er die Außenwand hoch und schob die Quader dann mit seinen Füßen zurück, bis sie gefährlich zwischen den Steinen darunter und der Decke darüber hingen. Er sprang hinab und schaute sich an, was er freigelegt hatte. Ein schmales Loch führte in einen kompakten Hohlraum von der Größe einer Besenkammer, am anderen Ende eine weitere Mauer. Er stopfte alles in seine Taschen, was er brauchte, und zwängte sich dann mit dem Kopf voran durch das Loch.
Knox schaltete die Taschenlampe an und begutachtete die hintere Wand. Sie war nicht aus Quadern, sondern aus Ziegeln gemauert, die ein einzelner Mensch relativ leicht handhaben konnte. Sein Herz schlug schneller, als er die Mauer abtastete. Was sich auf der anderen Seite befand, musste mit der Plinthe verbunden sein, die Ibrahim jeden Moment heben wollte. Er legte ein Ohr an die Ziegel, konnte aber nichts hören. Allein der Gedanke, weiterzumachen, war verrückt. Wenn man ihn fand, würde er für lange Zeit im Gefängnis landen. Aber er war so nah. Ein Ziegel konnte bestimmt nicht schaden. Nicht, wenn er vorsichtig war.
Er kratzte den alten Mörtel weg, zog dann einen Ziegel heraus und legte ihn äußerst behutsam auf den Boden. Eine halbe Minute lauschte er aufmerksam. Völlige Stille. Er versuchte, durch das Loch zu spähen, aber es war zu eng, um gleichzeitig mit der Taschenlampe hineinzuleuchten. Also richtete er nur die Taschenlampe durch das Loch und schaute daran vorbei. Doch nun zeigte der Lichtstrahl in die falsche Richtung, und er konnte nichts erkennen. Als er versuchte, seine Hand zu drehen, öffneten sich seine Finger ein wenig, und die Lampe rutschte ihm aus der Hand. Knox wollte sie noch packen, doch sie wirbelte zu Boden und fiel platschend in seichtes Wasser. Der Lichtstrahl erzeugte gespenstische weiße Wellen auf der gegenüberliegenden Wand.
KAPITEL 17
I
Knox hatte keine andere Wahl, als seine Taschenlampe zurückzuholen. Ibrahim, Mansoor und die anderen waren kurz davor, die Plinthe zu heben. Wenn sie die Lampe fanden, würde man auch ihn entdecken. Außerdem hatte er Zeit. Noch war alles vollkommen still. Er begann, die Mauer Ziegel für Ziegel abzubauen, und ordnete die Steine, an denen noch der alte Mörtel haftete, genau so auf dem Boden an, dass er die Mauer leicht wieder in ihren ursprünglichen Zustand bringen konnte. Als er ein ausreichend großes Loch geschaffen hatte und seinen Kopf hindurchstreckte, nahm er einen beißenden Ammoniakgeruch wahr. Er schaute in einen niedrigen, gewölbten Gang, auf dessen Boden Wasser stand und der einem alten Abwasserkanal ähnelte. In die Wände waren sogar Linien geritzt, um ihnen den Anschein zu geben, sie wären aus Ziegeln gemauert und nicht ausgeschachtet worden. Vielleicht sollte dadurch die Passage verborgen werden, die Knox gerade freigelegt hatte, wahrscheinlich aber hatten die antiken Bauherren einen Mauerbau einfach für hochwertiger gehalten als eine Aushöhlung des massiven Gesteins.
Er beugte sich hinab zu seiner Taschenlampe, bekam sie aber nicht zu fassen. Er hätte sich gegen die Mauer lehnen müssen, die nicht so aussah, als würde sie seinem Gewicht standhalten. Also entfernte er zwei weitere Ziegelreihen und stieg hinüber. Das Wasser an seinen nackten Füßen war eiskalt, als er nach der Taschenlampe griff. Er horchte angestrengt. Nichts als Stille. Jetzt, wo er schon einmal hier war, wäre es eine Schande, keinen Blick zu riskieren.
Er watete durch das Wasser den Gang entlang, fegte Spinnweben beiseite und stellte sich Würmer und andere Kreaturen der Finsternis an seinen nackten Knöcheln vor. Schließlich kam er in eine abgeschlossene Kammer unter einem Schacht, dessen Öffnung von einer Art Platte verdeckt war. Ohne Zweifel die Plinthe. Er ging zurück, folgte dem Gang in die andere Richtung und kam zu einem Marmorportal, in dessen Tragbalken eine altgriechische Inschrift eingemeißelt war.
Zusammen im Leben, zusammen im Tod.
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