Das Grab der Königin
»Das klingt nicht ganz ungefährlich, Jenna.«
»Seit wann hast du Furcht?«
»So meine ich das nicht einmal. Es geht da mehr um dich. Ich kann mich meiner Haut wehren.«
»Ich auch, John. Denke daran, daß ich selbst in der Nähe der versunkenen Stadt Marib geforscht habe. Und da war ich allein. Bei der nächsten Reise wirst du mich begleiten.«
»Nicht nur ich. Auch Suko muß mit.«
Jenna lächelte mich an. »Das ist noch besser.«
Ich stand auf. »Kann ich dich für die nächsten Stunden allein lassen?«
»Na ja…«
»Nur für die nächsten Stunden.« Ich winkte ab. »Quatsch, wir machen es anders. Suko soll herkommen.«
»Jetzt noch?«
»Klar, Männer wie wir sind doch immer im Dienst«, grinste ich und hob bereits den Hörer an.
Natürlich war Suko nicht begeistert, in der Kälte noch einmal rauszumüssen.
»Stell dich nicht so an, Alter! Oder hat dein BMW keine Heizung?«
»Sogar eine Klimaanlage.«
»Na bitte.«
»Okay, ich bin gleich bei euch. Kannst du denn sagen, um was es sich handelt?«
»Ja, um die Königin von Saba.«
»Na denn.« Erlegte auf.
»Kommt er?« fragte Jenna.
»Ja. Aus Sicherheitsgründen werde ich die Nacht bei dir verbringen. Sollte Morgana noch einmal zurückkehren, wird sie sich einen blutigen Schädel holen.«
Jenna hob die Schultern. »Ich weiß nicht so recht. Ich muß nur soeben an einen Satz von ihr denken, der mich doch etwas betroffen gemacht und zum Nachdenken angeregt hat.«
»Welcher Satz ist das?«
Jenna überlegte sich die Formulierung. »Sie hat davon gesprochen, daß sich in deinem Besitz etwas auch für sie ungemein Wertvolles befindet. Mehr nicht.«
»Das Kreuz?« fragte ich.
»Das habe ich auch gemeint, aber sie hat es abgestritten. Es muß etwas anderes sein.«
»Wenn sie die Wahrheit gesagt hat, kann es sich eigentlich nur um den Dolch handeln.«
Da widersprach Jenna. »Besitzt du nicht auch den Dunklen Gral, John Sinclair?«
Ich starrte sie an. »Meinst du, daß die Königin den Gral gemeint haben könnte?«
»Ich weiß es nicht, aber möglich ist alles.«
Mit der Faust schlug ich auf meine Handfläche. »Das wäre allerdings ein Hammer. Nur kann ich mir nicht vorstellen, was der Gral mit der Königin zu tun hat.«
Jenna Jensen wiegte den Kopf. »Weißt du, John, ich habe mich mit der Königin beschäftigt. Du kannst sie nicht fassen, ihr Leben schwimmt mir weg, wenn ich nachhake. Die einen sehen sie als Stammutter des alten Ägypten an, manche Christen wiederum sagen, daß sie am Jüngsten Gericht dabeiwäre. Andere behaupten, daß sie und Salomo ein Kind zusammen gezeugt hätten. Sein Name war Nebukadnezar, der Zerstörer der salomonischen Tempel, aber das alles sind Interpretationen, auch diejenige, die davon ausgeht, daß die Urdämonin Lilith und die Königin ein und dieselbe Person sind.«
Ich saß plötzlich steif. »Was sagst du da?« flüsterte ich.
»Bitte, John, ich habe es nur gehört. Was daran stimmt, kann ich dir nicht sagen.«
»Lilith ist eine Feindin. Sie hat die Zeichen in der Mitte meines Kreuzes zerstört, aber die Königin von Saba steht mir nicht als solche gegenüber.«
»Das weiß ich, John. Ich habe nur versucht, dir gewisse Dinge aufzuzählen. Man kann hinfassen, wo man will. Man findet immer etwas und greift trotzdem ins Leere.«
»Gut gesprochen«, erwiderte ich leise. »Allmählich habe ich das Gefühl, als wäre sie selbst das größte Rätsel.«
»Das kann gut sein. Ich finde, daß wir die Auflösung, wenn übrhaupt, nur auf der arabischen Halbinsel finden können.«
»Mal sehen.«
Es schellte. Sicherheitshalber ging ich zur Tür, die von Suko schon aufgestoßen wurde. »Ich habe gesehen, daß man zwei tote Wölfe wegschaffte. Gehen die auf dein Konto?«
»Ja.«
»Dann stecken wir wieder mittendrin, wie?«
»Und auch sehr tief, Alter…«
***
Sir James Powell, unser Chef, wollte es nicht glauben, als wir vor ihm saßen und unsere Pläne offenlegten. Sein Blick hinter den dicken Brillengläsern war derart starr geworden, daß sich Jenna Jensen, die wir mitgenommen hatten, regelrecht duckte und sich wahrscheinlich auf eine einsame Insel gewünscht hätte.
Sie hatte die Zeit über nichts gesagt, nur nach dem Betreten des Büros kurz, gegrüßt.
Als Zeichen und Wunder hatte ich es angesehen, daß in der Nacht tatsächlich noch zwei Handwerker erschienen, sich um die Tür und auch um das Fenster gekümmert hatten. Danach hatte ich mich noch einige Stunden aufs Ohr gelegt, aber sehr unruhig
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