Das Grab der Königin
wie eine Katze, die miauend an der Gestalt vorbeihuschte und so rasch wie möglich die Flucht ergriff.
Morgana huschte weiter. Sie fand einen alten Schuppen und kletterte auf dessen Dach. Von dort erreichte sie einen Außenbalkon. Durch ein Geländer aus Eisen war er gesichert. Aus der Tür fiel der Lichtschein auch gegen die Gestalt der Wölfin.
Als sich die Gardine hinter der Scheibe bewegte, war Morgana schon wieder verschwunden.
Sich vom Balkon zu Balkon hangelnd, kletterte sie auf das Dach des Hauses.
Eis bedeckte die Pfannen und hatte sie rutschig werden lassen. Selbst die Wölfin hatte Mühe, sich auf dem renovierungsbedürftigen Dach zu halten. Sie griff mit ihren Krallen zu, durchstieß die dünne Eisschicht und hielt sich kratzend an den Pfannen fest.
Etwas schwerfällig wirkend näherte sie sich dem First, wo sie zwischen zwei Kaminen, aus denen dünne Qualmfahnen strömten, hockenblieb. Sie hatte den Kopf zurückgelegt und schaute gegen den dunklen Himmel, wo sie das Muster der Sterne sah und dazwischen den blassen Mond, der fast seine gesamte Fülle erreicht hatte. Morgana Layton fühlte sich an diesem Platz sicher. Niemand würde hier nach ihr suchen. Auch die Kälte störte sie nicht. Das Fell war sehr dicht und hielt sie ab.
Morgana richtete ihren Blick gegen den dunklen Nachthimmel. Sie peilte den Mond an, weil er ihr die Botschaft übermitteln würde, auf die sie wartete.
Durch diesen Erdtrabanten, der schon immer einen dämonischen Einfluß besessen hatte, würde sie zu dem Kontakt aufnehmen, den sie uneingeschränkt als Chef anerkannte.
Es war Fenris, der Götterwolf. Der Urwolf, der Stammvater aller, ob Werwolf oder nicht.
Wenn sie etwas unternahm, geschah dies stets im Einvernehmen mit Fenris. Er war ihr Führer, ihr Leiter, durch seine Hilfe konnte sie die gefährlichen Klippen im Strom des Lebens umschiffen. Sie, eine Mischung aus Wolf und Frau, hatte einmal auf der Seite der Menschen gestanden und war so etwas wie John Sinclairs Freundin gewesen. Er hatte sie einsetzen können, um gegen die Werwölfe und auch dämonisch beeinflußten Wölfe zu kämpfen. Dann jedoch hatte Fenris zugeschlagen. Er konnte einfach nicht mit ansehen, daß sich jemand aus seiner Umgebung auf die Seite der Menschen schlug. Er hatte Morgana Layton aus der Werwolf-Schlucht entführt, in sein Schattenreich geholt, wieder entlassen, und seit dem Zeitpunkt stand sie auch auf seiner Seite. Eine Folge der magischen Gehirnwäsche. Noch immer suchte sie den Kontakt. Sie schickte ihre Gedanken gegen den Mond, sie wartete auf ein Zeichen, und sie wurde nicht enttäuscht. Fenris zeigte sich seiner Vertrauten.
Plötzlich wanderte ein Schatten über den Himmel, geriet wie ein genau ausgeführter Scherenschnitt vor die Scheibe des Mondes, so daß sich die langgestreckte Schnauze des Götterwolfs zeigte. Das war er!
In Morganas Augen leuchtete es noch kälter auf. Es war der Triumph, und gleichzeitig spürte sie die fiebrige Erwartung, die sich ihrer bemächtigt hatte.
Fenris ließ sie nicht im Stich!
Die Wölfin richtete sich auf. Balancierend stand sie auf dem First, die Pranken gegen den Mond gereckt, weil sie sicher sein wollte, daß Fenris sie auch erkannte.
Seine und ihre Magie schufen eine Brücke.
Die Gestalt der Morgana Layton streckte sich, verlor ihren dreidimensionalen Charakter, wurde zu einem Schatten, der plötzlich und unerwartet gegen den Himmel schwebte.
Hinein in das Mondlicht, zu Fenris, der bereits an neue Aufgaben für Morgana Layton dachte.
Nicht in England, in einem anderen Land. Weit weg, ein Wüstenstaat, wo die endgültige Entscheidung fallen sollte…
***
›Arabia felix, glückliches Arabien‹ - so nannten antike Autoren dieses Land, das seinen Reichtum vor allem dem Handel mit Weihrauch, Myrrhe und anderem Räucherwerk verdankte.
Ich kannte diesen Spruch auch, war aber für mich persönlich nicht so sehr davon überzeugt, daß er auch stimmte, denn hinter uns lag eine verflucht beschwerliche Reise.
Es hatte alles wunderbar geklappt - zunächst jedenfalls. Der Flug war lang gewesen, dafür ruhig. Wir hatten sogar schlafen können. Auf dem Kreuzer waren wir auch gelandet, und man hatte so gut wie keine Fragen gestellt, da der Kommander entsprechende Instruktionen aus London erhalten hatte.
Bis dicht an die Küste waren wir gebracht worden, ein Schlauchboot lag auch bereit, nur hatten wir nicht mit dem Wind gerechnet. Von einem Wintersturm wollte ich nicht sprechen, trotzdem war es
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