Das Grab des Ghouls
das neue Bild in mich aufzunehmen. Da war die leere Öffnung, durch die jetzt das Licht meiner Lampe schien.
Aber das Bild war leider kein Spuk oder eine Einbildung gewesen. Es hatte diesen veränderten Desmond Wayne gegeben, was mir überhaupt nicht in den Kopf wollte.
Mit einem Zombie oder einem Zombie-Ghoul hatte ich nicht gerechnet. In der folgenden Sekunden drehte sich ein Schalter in meinem Kopf, und ich wusste endlich, was ich tun musste.
Die Treppe hinab, die Mauer herumlaufen, um nachzuschauen. Ich hoffte, dass meine Kugel getroffen hatte, denn ich hatte die schnelle Bewegung beim Klang des Schusses nicht vergessen.
Die Treppe nach unten zu laufen war alles andere als einfach, trotz der breiten Stufen.
Einmal wäre ich beinahe ausgerutscht. Im letzten Moment fand ich das Gleichgewicht wieder.
Kaum hatte ich einen Fuß in den Innenhof gesetzt, sprintete ich los. Es dauerte nur Sekunden, bis ich das Ende der Mauer erreicht hatte und herumwirbeln konnte.
Ich wusste ungefähr, wo die leblose Gestalt liegen musste.
Die Enttäuschung erwischte mich wenige Sekunden später, denn als ich gegen diese Stelle leuchtete, sah ich nur den nackten Erdboden des Innenhofs.
Von Desmond Wayne fehlte jeder Spur!
***
Zuletzt hatte Rosali Carter ihren Rucksack gepackt. Nicht mit Lebensmitteln, sondern mit einem Erste-Hilfe-Kasten, denn sie rechnete damit, dass sie ihren Mann möglicherweise verletzt in der alten Ruine fand und ihn verarzten musste.
Am liebsten hätte sie alles ungeschehen gemacht. Leider ging das nicht. Und sie konnte die Reisegruppe auch nicht wegschicken, das Geschäft war einfach zu wichtig. Auch jetzt, da sie nicht wusste, was mit ihrem Mann geschehen war.
Sie hatte zwischendurch noch mal versucht, ihn anzurufen, aber sein Handy war tot, und das empfand sie ebenfalls als ungewöhnlich.
Am liebsten wäre sie im Hotel geblieben. Das konnte Rosali Carter sich selbst und ihrem Mann einfach nicht antun. Sie hätte nur ein schlechtes Gewissen gehabt. Sie musste einfach wissen, was mit ihm geschehen war.
Zwei tiefe Atemzüge noch. Dabei schaute sie durch ein Fenster nach draußen vor die Tür. Dort hatte sich einiges verändert. Rita McQueen war ihrer Pflicht nachgekommen und hatte die Fackeln verteilt, von denen die meisten schon brannten. Es würde zur richtigen Einstimmung einen Fackelzug hoch zur Ruine geben. Rosali Carter konnte an den Fingern einer Hand abzählen, wie oft sie dort mitgegangen war. Diese Fackelzüge waren einfach nicht ihre Sache gewesen. Sie war lieber im Hotel geblieben und hatte mitgeholfen, die Reste der Mahlzeit wegzuräumen.
Das tat sie jetzt nicht. Rosali hörte das Klappern von Geschirr aus der Küche. Es war wirklich alles so schrecklich normal. Nicht normal war, dass sich Donald nicht meldete, und daran hatte sie zu knacken.
Die Tür öffnete sich. Rita trat nicht ein. Sie blieb auf der Schwelle stehen.
»He, Rosali, was ist los? Wir sind fertig, zum Abmarsch bereit.«
Sie nickte. »Ja, ich komme.«
Rita McQueen wusste, wie es in ihrer Freundin aussah. Deshalb nahm sie sich die Zeit, ging zu ihr und legte beide Hände gegen ihre Wangen. »He, Mädchen, was ist?«
»Mit mir nichts«, flüsterte Rosali. Ihre Stimme klang, als würde sie gleich ersticken. »Es geht um Don.«
»Ahhh, den finden wir schon.«
»Finden?«
Rita schüttelte den Kopf. »So meine ich das nicht. Ich bin sicher, dass wir ihn treffen.«
»Ich kann nur hoffen, dass er noch lebt.«
»Ganz bestimmt. Wenn wir an der Ruine sind, wird er wieder alle Tricks anwenden und die Leute das Grauen lehren.« Sie drückte eine Hand gegen den Rücken der Freundin. »Jetzt lass dich nicht mehr lange bitten, wir müssen los.«
»Okay.« Rosali Carter nickte. Der Rucksack saß fest auf ihrem Rücken. Der Mund zeigte kein Lächeln und nicht mal die Andeutung eines Gefühls. Die Lippen blieben fest zusammengepresst, als sie durch die Tür ging, die Rita ihr offen hielt.
Es war dunkel und kühler geworden. Das Licht der Fackeln sorgte bei Rosali für eine leichte Blendung, sodass sie zwinkern musste.
Eine Männerstimme meldete sich.
»He, welch hohe Ehre für uns. Die Chefin selbst geht mit.«
Rita McQueen zeigte, dass sie ihren Job verstand, klatschte zweimal in die Hände und rief: »Diese Ehre wird nicht jeder Reisegruppe bewusst. Ich hoffe, Ladies and Gentlemen, dass Sie dies zu schätzen wissen.«
»Aber immer doch«, rief der Mann, der eine rote Kappe auf dem Kopf trug. »Da haben wir eine Person
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