Das Grab des Herkules
die Firmen profitieren, die sie beliefern. Wie zum Beispiel meine. Ein Geschenk, das noch lange nachwirkt.« Er blickte sich über die Schulter nach Sophia um. »Na, hat sein Gesichtsausdruck deine Erwartungen erfüllt?«
Tatsächlich war Chases Gesicht so ausdruckslos wie eine Maske, denn er versuchte, seine Gedanken zu verbergen. Dies war seine letzte Chance, die letzte Gelegenheit, sich zu befreien …
Doch er wusste, dass es ihm nicht gelingen würde. Jeder einzelne der vier Männer, die ihn gegen die Wand drückten, war so stark wie er selbst, und wenn nur einer von ihnen rechtzeitig abdrückte, wäre er tot.
Das sollte ihn jedoch nicht davon abhalten, es wenigstens zu versuchen. Er spannte die Muskeln an, um einen letzten verzweifelten Befreiungsversuch zu unternehmen … als ihm auf einmal eine Idee kam.
Es war ein trivialer Gedanke, eine in Anbetracht der Umstände völlig belanglose Frage. Dennoch wollte Chase sie unbedingt beantwortet haben.
»Warten Sie«, sagte er, als Yuen den Mund öffnete, um den Befehl für seine Hinrichtung zu geben. »Die Landkarte, die Nina entdeckt hat – was hat sie mit den Atombomben zu tun? Was erwarten Sie im Grab des Herkules zu finden?«
Yuen wirkte aufrichtig beeindruckt. »Das Grab des Herkules? Das interessiert mich einen Scheißdreck – ich habe nur deshalb so getan als ob, weil Sophia mich darum gebeten hat.«
»Das reicht, mein Lieber«, sagte die hinter ihm stehende Sophia.
Eine Sekunde später schoss eine Kugel aus der blutigen Austrittswunde in Yuens Brust hervor. Yuen öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei, dann brach er zusammen.
Ehe jemand reagieren konnte, fuhr Sophia herum und schoss einem der uniformierten Wachleute in den Kopf. Blut spritzte an die Wand.
Der andere Wachmann schwenkte seine Waffe herum – dann schoss einer der Bodyguards ihm in den Bauch. Er sackte zusammen und krümmte sich am Boden – bis Sophia einen weiteren Schuss auf seinen Rücken abfeuerte. Dann rührte der Mann sich nicht mehr.
Chase verspürte jähe Hoffnung – vielleicht hatte Sophia ja nur mit Yuen gespielt und den geeigneten Zeitpunkt abgewartet, um ihm zu helfen …
Seine Hoffnung wurde jedoch auf einen Schlag zunichtegemacht, als sie erneut die Waffe hob und diesmal auf ihn zielte. Die beiden Bodyguards traten beiseite, zielten aber noch auf seine Brust.
»Wie ich sehe, hat die Partnerschaftsberatung nichts gebracht«, sagte Chase, der sich allmählich wieder von seinem Schock erholte.
»Bitte ein wenig Taktgefühl, Eddie«, erwiderte Sophia mit gespielter Empörung. »Ich bin jetzt Witwe! Ich brauche Zeit, um über den Tod meines verstorbenen Gatten hinwegzukommen.« Sie warf einen Blick auf Yuens Leichnam, dann sah sie wieder Chase an. »So, das sollte reichen. Danke, Jungs«, wandte sie sich an die Bodyguards, die respektvoll nickten.
Chase musterte die beiden Männer argwöhnisch. »Wie geht es jetzt weiter? Willst du mich ebenfalls umbringen?«
»Sei nicht blöd. Ich werfe niemals etwas weg, was ich noch brauchen könnte. Wenn ich dich töten wollte, hätte ich dich schon abgeknallt, als du am Fallschirm gehangen hast. Ja, ich habe gewusst, dass du kommen würdest«, fügte sie hinzu, als sie Chases Gesichtsausdruck sah. »Ich habe während des Fluges nach Botswana einen Peilsender in deiner grässlichen Lederjacke versteckt. Ich wusste ja, dass du die ständig trägst.«
Chase hob vorsichtig beide Hände an und durchsuchte seine Taschen. »In der linken Brusttasche«, sagte Sophia. »Dort, wo du früher immer deine Zigaretten aufbewahrt hast, bevor du aufgehört hast zu rauchen. Diese Tasche hast du anschließend nicht mehr verwendet, deshalb konnte ich mir sicher sein, dass du das Gerät nicht entdecken würdest.«
Mit den Fingerspitzen berührte Chase Metall und Plastik, dann zog er ein kleines, rechteckiges Gerät hervor und schleuderte es angewidert auf den Boden. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Sophia«, sagte er. »Weshalb interessierst du dich für das Grab des Herkules?«
Sie lächelte kühl. »Das wirst du früh genug erfahren. Einstweilen möchte ich mein persönliches Hiroshima einsammeln.«
»Warum?«
»Wie ich schon sagte, das wirst du noch früh genug erfahren.«
Chase blickte durchs Fenster auf das Fließband hinunter. »Da steht nur eine einzige fertige Bombe.«
»Ich brauche auch nur eine.« Sophia wandte sich an einen der Bodyguards. »Philippe, bleiben Sie hier und passen Sie auf Eddie auf, bis wir
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