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Das Grab des Herkules

Titel: Das Grab des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McDermott
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sprang ihr etwas anderes ins Auge: In den Wortschemen des Originaltextes zeichneten sich einzelne Buchstaben ab, und die Tinte, die eben noch fast farblos gewirkt hatte, erschien auf einmal nahezu schwarz …
    » Das war also mit der Zeile gemeint, wo es darum geht, die Welt durch rötendes Glas zu betrachten«, sagte Nina ehrfürchtig. »Ich habe geglaubt, bei den dunkleren Stellen handele es sich lediglich um Verunreinigungen der Tinte – aber die müssen nach Vollendung des Textes hinzugefügt worden sein. Rotes Glas war damals unglaublich selten und kostbar, deshalb wären nur wenige Menschen imstande gewesen, den verborgenen Text zu entdecken. Jemand hat die Buchstaben mit verdünnter blauer Tinte überschrieben, um eine Botschaft zu verstecken, Worte innerhalb von Worten. Vielleicht mit der Tarnflüssigkeit des Tintenfisches oder …«
    »Meinetwegen auch mit Kugelschreiber«, sagte Sophia ungeduldig. »Was steht da?«
    »Notizbuch, Notizbuch.« Nina schnippte mit den Fingern. Chase musste über Sophias gekränkten Gesichtsausdruck lächeln, als sie Nina ein Notizbuch und einen Stift reichte. »Okay, dann schauen wir mal …«
    Etwas ungelenk wegen der Handschellen, notierte Nina jeden einzelnen hervorgehobenen Buchstaben, bis allmählich ein Satz in altgriechischen Buchstaben Gestalt annahm. »Also, das ist ein vielversprechender Anfang«, sagte sie. »Hier steht, der Eingang sei der Morgendämmerung zugewandt.«
    »Landen Sie an der Ostseite des Berges«, wies Corvus den Piloten an. »Was noch?«
    »Mehr hab ich noch nicht«, erwiderte Nina gereizt. »Ich muss noch dran arbeiten.«
    »Da wirst du dich wohl beeilen müssen«, meinte Sophia. »Wir sind fast da.«
    Alle blickten nach vorn zu einem kleinen Felsenhügel, der sich dunkelgrau von den helleren Grau- und Brauntönen der Dünen abhob.
    »Ein Berg ist das ja nicht gerade«, sagte Chase ein wenig enttäuscht. »Eher ein Höcker. Ich hätte mir für Herkules etwas Eindrucksvolleres vorgestellt.«
    »Im Unterschied zu manchen anderen Männern hatte Herkules sicherlich keinen Grund, einen körperlichen Mangel zu kompensieren«, bemerkte Sophia trocken. »Außerdem gehe ich davon aus, dass der Inhalt des Grabes sehr viel eindrucksvoller sein wird.«
    Der Helikopter ging am Fuße des Osthanges nieder und landete in einer dicken Wolke aus Sand und Staub. Die anderen Hubschrauber setzten ebenfalls auf.
    »Verteilen«, befahl Corvus über Funk. »Irgendwo gibt es einen Eingang – findet ihn.« Bewaffnete in Tarnkleidung sprangen aus den Helikoptern und machten sich auf die Suche. Corvus wandte sich zu Nina herum. »Dr. Wilde, machen Sie weiter. Wenn der Eingang gefunden ist, möchte ich so viele Informationen über das Grabinnere vorliegen haben wie möglich. Allerdings fürchte ich, dass Sie Ihre Arbeit unterwegs werden abschließen müssen.«
    »Wozu die Eile?«, sagte Chase. »Hier geht es schließlich nicht um ein Wettrennen – außer uns weiß niemand, wo sich das Grab befindet.«
    »Ich bezweifle, dass Sie das verstehen können, Chase«, sagte Corvus höhnisch. »Sie sind ein kleiner Mann mit kleinen, unbedeutenden Träumen. Wenn Sie einen Traum hätten, wie ich ihn habe, und im Begriff wären, ihn Wirklichkeit werden zu lassen … dann würden auch Sie keine Sekunde zu viel warten wollen.«
    »Hey, ich habe auch Träume, die ich unbedingt Wirklichkeit werden lassen will«, erwiderte Chase. »Zum Beispiel heute Nacht. Sie kamen übrigens auch darin vor. Genau wie du«, setzte er in Sophias Richtung hinzu, »und Joe mit den beringten Titten ebenfalls.« Er lächelte kalt. »Ich hatte einen Baseballschläger in der Hand. Mit Nägeln drin.«
    »Ach, sei doch still, Eddie«, sagte Sophia verärgert. »Das ist einer der Gründe, weshalb ich ihn verlassen habe«, erklärte sie Corvus. »Er konnte einfach nicht den Mund halten. Das ist dir bestimmt auch schon aufgefallen.«
    »Wenn alle einmal den Mund halten würden, könnte ich mich vielleicht konzentrieren«, sagte Nina erbost.
    Da mittlerweile jedoch der Motor abgestellt war, stieg die Temperatur in der Kabine rasch an. Nina, die damit beschäftigt war, die hervorgehobenen Buchstaben zu notieren, war nicht die Einzige, der das auffiel. Sie war auf der neunten Textseite angelangt, als sich einer von Corvus’ Männern über Kabinenlautsprecher meldete.
    »Sir, hier spricht Bertillon«, sagte er aufgeregt. »Wir haben den Eingang gefunden, etwa zweihundert Meter nördlich hinter dem großen Felsen.«

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