Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Grab des Herkules

Titel: Das Grab des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McDermott
Vom Netzwerk:
Alle blickten zu dem verwitterten Fels hinüber, der aus dem Hang hervorragte.
    »Ausgezeichnet«, sagte Corvus, setzte einen breitkrempigen Sonnenhut auf und kletterte nach draußen. Komosa stieg durch die Hintertür aus und hielt sie für Sophia auf, dann zerrte er Chase vom Sitz und stieß ihn auf den glühend heißen Sand hinaus. Nina folgte ihm widerwillig, den Hermokrates -Dialog an die Brust gedrückt.
    Geblendet von der sengenden Sonne, betrachtete sie blinzelnd die umliegende Landschaft. Der Schweiß brannte ihr in den Augen. Abgesehen von den wogenden Dünen, die sich in alle Richtungen bis zum Horizont erstreckten, war der flache Hügel der einzige Orientierungspunkt weit und breit.
    Nina hatte die Satellitenbilder gesehen, mit deren Hilfe Corvus im Château die exakte Lage des Grabes bestimmt hatte, und wusste, dass die nächste Stadt fast hundertsechzig Kilometer entfernt war. Niemand kam ohne guten Grund hierher. Die Westsahara war zwar nicht die heißeste Wüste der Welt, aber sie war genauso trostlos und unbarmherzig.
    Ein guter Ort, um einen großen Schatz zu verstecken …
    Corvus’ Männer kehrten zu den Helikoptern zurück und luden weitere Ausrüstungsgegenstände aus, während der Expeditionsleiter zu dem markanten Felsen eilte. Die anderen folgten ihm.
    Nina war in kürzester Zeit schweißgebadet. Sie bat Sophia, den schwitzenden Chase die Lederjacke ausziehen zu lassen, doch wie erwartet wurde ihre Bitte zurückgewiesen – nicht ohne Häme.
    Sie erreichten den Felsen. Daneben war ein kleinerer Stein halb im Sand vergraben, und dazwischen lag ein etwa ein Meter zwanzig breiter Durchgang, der in den Hang hineinführte. Bertillon spähte aus dem Schatten hervor, als ihre Gruppe eintraf. »Der Gang reicht ziemlich weit, Sir. Und da ist etwas, das Sie sehen sollten. Wir sind nicht die Ersten, die das Grab entdeckt haben.«
    Sie schalteten die Taschenlampen ein und betraten den Gang. »Nicht sehr eindrucksvoll«, sagte Sophia abfällig, als sie in der Kammer umherleuchtete.
    »Da hinten ist noch mehr, Ma’am«, sagte Bertillon und ging weiter in die Kammer hinein. Ein überwölbter Durchgang führte in eine zweite Kammer; die Luft war kühl und unbewegt. Nina sah auf den ersten Blick, dass dies athenische Architektur war, die trotz der verflossenen Jahrtausende noch immer elegant wirkte. Mit Sicherheit waren sie hier am richtigen Ort, doch was würden sie finden?
    »Wow!«, sagte sie staunend, als sie die Kammer betreten hatte.
    Sophia blieb neben ihr stehen und schwenkte den Strahl der Taschenlampe über ein großes Objekt. »Na schön, ich geb’s zu – das ist beeindruckend«, sagte sie.
    Sie standen vor einer Statue, der etwa dreieinhalb Meter hohen und fast ebenso breiten stilisierten Darstellung eines Löwen, welche die gesamte Hinterseite der Kammer einnahm. Er hatte das Maul in lautlosem Gebrüll aufgerissen und die eine Tatze zum Schlag erhoben, die andere ruhte auf dem Steinboden.
    Unter der Tatze lag ein Toter.
    »Der ist schon lange tot«, sagte Nina und kniete nieder, um sich das unheimliche Stillleben näher anzusehen. Von dem zerschmetterten Leichnam war wenig mehr als das eingestaubte Skelett übrig, über das sich die vertrocknete Haut spannte. »Seit mindestens tausend Jahren. Vielleicht auch noch länger.«
    »Was ist mit ihm passiert?«, fragte Corvus und leuchtete dem Löwen mit der Taschenlampe ins Maul, das sich fast zwei Meter über dem Boden befand. Die Statue war aus Stein, die Zähne aus matter Bronze … und einige davon wiesen dunkle Blutflecken auf. Weiteres Blut war im Rachen zu erkennen, als habe der Löwe jemandem den Arm abgebissen.
    »Liegt das nicht auf der Hand?«, sagte Chase und deutete mit dem Kinn auf die steinerne Tatze, die den glücklosen Forscher erdrückt hatte. »Clarence hat ihn zerquetscht. Das Ding ist eine Falle.«
    Alle wichen in respektvolle Entfernung zurück und schauten Nina an. »Ich glaube, du solltest uns jetzt allmählich sagen, was du in deinen Übersetzungen sonst noch entdeckt hast«, sagte Sophia und legte die Hand auf das Holster.
    Nina blätterte in ihrem Notizbuch. »Ich vermute, dass das hier der Nemëische Löwe ist – die erste der zehn Arbeiten, die Herkules bewältigen musste.«
    »Zehn?« Sophia zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. »Ich dachte, es wären zwölf gewesen.«
    »Das kommt darauf an, auf welche Version der Legende man sich bezieht. In den ältesten griechischen Erzählungen musste Herkules nur zehn

Weitere Kostenlose Bücher