Das Grab des Herkules
klappte.
»Herrgott noch mal!«, keuchte er. »Was soll das? Ich dachte, du hättest alles ausgeknobelt!«
»Tut mir leid! Wir schauen in entgegengesetzte Richtungen – rechts von mir hab ich gemeint. Von dir aus links.«
Chase lachte auf. »Du bist so intelligent, und dann kannst du links nicht von rechts unterscheiden?«
»Schon gut, tut mir echt leid«, sagte Nina geknickt. »Also, du musst nach links gehen und dann wieder nach links bis zur nächsten Säule.«
»Ganz sicher?«
»Ja.«
»Wie ich schon sagte, ich wollte mich nur noch einmal vergewissern.«
Dirigiert von Nina, ging er vorsichtig über das Schachbrettmuster zurück, nahm die verbliebenen drei Äpfel aus den Metallkäfigen und kehrte dann zur Atlasstatue und zu den Wandlöchern zurück. Als er den letzten Apfel einsetzte und drehte, klickte vernehmlich ein verborgener Mechanismus; ein Schloss wurde entriegelt.
Jetzt brauchte er nur noch die schwere Kugel über die Schienen auf Atlas’ Schultern hochzurollen. Dies erforderte weit mehr Kraft, als sie nach unten zu befördern, doch nach einer Weile ruhte die Kugel wieder auf den Schultern der Statue. Mit einem lauten Poltern klappte eine der hellen Fliesen an der Rückseite des Raums nach unten.
»Na, wie war ich?«, rief Chase triumphierend, als der Rest der Gruppe in die Kammer trat.
»Eine Aufgabe hast du gelöst«, erwiderte Sophia unbeeindruckt. »Bleiben noch zwei. Also los, geh schon weiter.«
»So war sie auch schon, als wir noch verheiratet waren«, sagte Chase in sein Headset zu Nina, obwohl er genau wusste, dass auch Sophia zuhörte. »Mal abgesehen davon, dass sie damals noch keine kaltblütige Mörderin war.«
Nina hätte beinahe gelächelt.
»Wir sollten die dummen Kommentare auf ein Minimum beschränken, Eddie«, schnappte Sophia.
Chase zuckte nur mit den Schultern und stieg in die neu entstandene Öffnung. Komosa wartete, bis Chase den Weg freigemacht hatte, dann sprang er ihm nach.
Unter Ninas Führung drangen sie weiter in das Labyrinth vor. Schließlich stand Chase vor dem Eingang einer weiteren Kammer und leuchtete hinein. »Also, ich sehe jede Menge scharfe, spitze Sachen. Worum geht’s hier?«
Nina schloss gerade die nächste Übersetzung ab. »Das hier ist … der Gürtel der Hippolyte. Herkules musste den Zaubergürtel der Hippolyte, der Anführerin der Amazonen, in seinen Besitz bringen. Hätte er ihn ihr mit Gewalt geraubt, hätten die Amazonen ihn getötet. Deshalb ließ er sich etwas anderes einfallen. Also, was siehst du?«
Chase trat vorsichtig in die Kammer. »Also, ich befinde mich hier in einem Raum mit kreisrunder Grundfläche und etwa siebeneinhalb Meter Durchmesser. An der Wand entlang stehen Frauenstatuen mit Speeren und Bogen in der Hand.« Als er sich einer der Statuen näherte, bemerkte Chase, dass der Speer, den sie in der Hand hielt, in eine Wandöffnung hineinreichte. Er streckte den Zeigefinger vor. »Ich habe keine Ahnung, ob die noch funktionieren…«, setzte er an. Weiter kam er jedoch nicht: Kaum hatte Chase den Speer berührt, löste dieser sich auch schon aus der Hand der Statue, flog quer durch den Raum und prallte so heftig gegen die gegenüberliegende Wand, dass die scharfe Spitze zersplitterte.
Gleichzeitig entspannte sich an der anderen Seite schwirrend ein Bogen, und ein Pfeil sauste Chase entgegen.
Mit knapper Not wich er ihm aus, dennoch schlitzte das Geschoss ihm den Jackenärmel auf. »Mist! Ich muss mich korrigieren, die Waffen funktionieren noch«, sagte er und wich eilig zurück. Die Fallen waren miteinander gekoppelt, um zu verhindern, dass man sie nacheinander auslöste.
Er bemerkte, dass mehrere zerbrochene Pfeile und Speere auf dem Boden lagen; wahrscheinlich hatten sie sich im Laufe der Zeit selbsttätig ausgelöst. Eines war klar: Wenn alle verbliebenen Waffen gleichzeitig feuerten, würde er sich in ein Nadelkissen verwandeln.
Chase richtete seine Aufmerksamkeit auf die Statue, die einzeln für sich in der Mitte des Raumes stand.
»Also, wie ist Herkules an den Gürtel rangekommen?«, fragte er in das Mikrofon an seinem Headset. »Hier ist noch eine Statue; das muss Hippo Langbein sein. Sie trägt auch einen Gürtel, oder jedenfalls einen Teil davon.«
Die Frauenstatue war fast so groß wie die des Atlas. Die Füße hatte sie ein wenig auseinandergestellt und die Arme in die Hüften gestemmt, eine unverkennbar dominante Pose. Um die Hüfte trug sie ein Band aus Silber und Bronze. Ein Teil des Gürtels
Weitere Kostenlose Bücher