Das Grab des Herkules
Nische in der Tür auf der anderen Kammerseite aufgefallen, deshalb war er nicht überrascht, dass der Gürtel genau hineinpasste. Die Zapfen an der Rückseite des alten Bronzeteils passten genau in die Vertiefungen, und als er sie hineindrückte, klickte ein Schloss. Ein weiterer Druck, und die Tür schwang auf. Dahinter lag ein dunkler Gang.
Komosa trat in den Raum, gefolgt von Sophia. »Jetzt bleibt nur noch eine Aufgabe übrig, Eddie«, sagte sie. »Also, an die Arbeit.«
»Und was passiert dann?«, wollte Chase wissen. »Wirst du uns umbringen, sobald wir das Grab erreicht haben?«
Sophia gab keine Antwort, doch ihr Lächeln machte Chase stutzig. Ihm schwante, dass sie Nina und ihn nicht einfach töten würde. Sie hatte etwas anderes im Sinn. Allerdings bezweifelte er, dass ihm das gefallen würde. Was immer es war, Komosa wusste anscheinend Bescheid, denn auch in seiner Miene zeichnete sich sadistische Vorfreude ab.
Chase trat in dem Moment in den Tunnel, als Nina den runden Raum betrat. Sie wollte sich darin umschauen, doch Corvus drängte sie zum Weitergehen.
Nina aber verharrte stur in ihrer Position, sodass Corvus’ Eskorte sich hinter ihr staute. »Sie könnten mich die Kammer wenigstens einmal anschauen lassen«, schnauzte sie Corvus an. »Das ist eine unglaubliche archäologische Entdeckung.«
»Die Vergangenheit interessiert mich nicht«, entgegnete dieser hochnäsig. »Mir geht es allein um die Zukunft.« Und an seine Männer gewandt: »Fortfahren!«
Gehorsam marschierten sie um die Statue der Hippolyte herum.
Ninas Stimme triefte vor Verachtung, als sie Corvus antwortete: »Wissen Sie nicht, dass diejenigen, die nicht aus der Vergangenheit lernen wollen, dazu verdammt sind …«
Zack!
Nina und Chase schreckten zusammen, als sie eine verwischte Bewegung wahrnahmen, auf die ein gequältes Gurgeln folgte. Einer von Corvus’ Männern sank vor ihren Augen in die Knie. Im Vorbeigehen hatte er versehentlich einen Speer gestreift und den Abschussmechanismus ausgelöst. Er war gleich doppelt getroffen: Der erste Speer hatte sich tief in seinen Rücken gebohrt – und in seiner Brust steckte ein von der anderen Seite des Raums aus abgefeuerter. Der Mann tat seinen letzten Seufzer und kippte nach vorn, wodurch sich der Pfeil noch tiefer in seinen Körper bohrte.
Nina blickte Corvus an. »Meiner Rede Sinn. Eddie hat vor fünf Minuten gelernt, das zu unterlassen.«
Die anderen Männer wandten sich nervös zu Corvus um, einer bückte sich und nahm dem Toten Ausrüstung und Waffe ab. »Lasst ihn liegen«, befahl Corvus. Sorgfältig darauf achtend, den schlummernden Waffen nicht zu nahe zu kommen, rückte die Gruppe weiter vor.
Chase ging voran und wartete an jeder Kreuzung auf neue Anweisungen; Nina übersetzte den dechiffrierten Text im Gehen. Er hatte keine Ahnung, welche Gefahren in den Gängen verborgen waren, die er links liegen ließ, doch als er zum Eingang einer weiteren Kammer gelangte, musste er unwillkürlich daran denken.
Die letzte Aufgabe des Herkules: Zerberus besiegen, den Wächter der Unterwelt.
Sie war ähnlich wie die Aufgabe zu den Rössern des Diomedes, doch in diesem Fall erwartete Chase nur eine einzelne Statue: ein Koloss, so breit wie der Gang. Doch nicht die Statue erregte Chases ganze Aufmerksamkeit, auch nicht die beiden großen Pfoten, die vermutlich beweglich waren und jeden zerfleischen würden, der ihnen zu nahe kam – es waren die Köpfe der Statue: Zerberus glich einem besonders wilden Rottweiler, doch auf seinen breiten Schultern ruhten nicht weniger als drei Köpfe mit geifernden Mäulern, die jeweils einen Durchmesser von etwa sechzig Zentimetern hatten. Im Unterschied zu den Rössern des Diomedes blieben die Mäuler offenbar dauerhaft geöffnet.
»Verfluchte Hölle, das ist ja das reinste Kuscheltier«, sagte Chase ins Headset. »Also, wie geht man mit dreiköpfigen Riesenkötern um?«
»Herkules musste mit Zerberus ringen«, antwortete Nina. »Er musste den Hund aus der Unterwelt hinausschaffen, und das gelang ihm, indem er ihn buchstäblich in den Schwitzkasten nahm und ins Freie zerrte.«
»Ich glaube, der Köter hier ist ein bisschen zu groß, um ihn irgendwohin zu zerren, und Hagrid ist einfach nie da, wenn man ihn braucht. Dann soll ich hier also den Hulk Hogan geben, wie?«, witzelte Chase, sah sich aber bereits konzentriert die Konstruktion der Skulptur an: Wenn sich die Pfoten tatsächlich auf und ab bewegten, würde die Bewegung aufgrund ihrer
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