Das Grab des Herkules
wieder auf das Radar.
Das Objekt, das die Ocean Emperor geortet hatte, befand sich bereits viel näher, als deren Captain ahnte. Mit Ninas Hilfe hatte Trulli die Wobblebug in anderthalb Meter Tiefe auf einen Kurs gebracht, der sich mit dem der Yacht schnitt. Jetzt, da sie zu zweit die Steuerung bedienten, wirkte die Enge in der Kabine eher noch bedrückender als zuvor.
»Verzeihung«, sagte Nina zum wiederholten Mal, als sie Trulli mit dem Ellbogen anstieß.
»Keine Ursache. Wenigstens hast du diesmal meine Rippen verfehlt.« Trulli warf einen Blick auf den Monitor. In dieser geringen Tiefe konnte der Rechner GPS-Signale empfangen, und damit war auf der Landkarte genau zu sehen, dass die Wobblebug und die Ocean Emperor nicht einmal mehr zweihundert Meter voneinander entfernt waren. Das U-Boot fuhr unmittelbar vor der Yacht und steuerte in dieselbe Richtung, würde aber bald von der Ocean Emperor eingeholt werden. »Okay, sie haben uns fast erreicht. Ich tauche an der Backbordseite auf und versuche, unsere Geschwindigkeit anzugleichen«, sagte Trulli.
»Wie viel Zeit haben wir?«
»Nicht viel. An der Oberfläche sind U-Boote langsamer als unter Wasser, und ich muss die Pumpen bis in den roten Bereich hinein belasten, um mit der Yacht gleichzuziehen. Selbst wenn die Motoren nicht durchbrennen, haben wir bald keinen Strom mehr. Und da ist noch etwas.«
»Das war ja klar«, stöhnte Nina. »Was genau?«
»Das Ding macht dreiundzwanzig Knoten und wirft eine hohe Bugwelle auf. Das heißt, bei geöffneter Luke wird Wasser eindringen. Eine Menge Wasser.«
»Moment mal, soll das heißen, wir werden sinken?«
»Auf jeden Fall wird das Boot nicht wieder heimkehren«, sagte Trulli betrübt. »Na ja. Wenigstens hat es noch einen guten Lauf hingelegt.«
Nina musterte ihn besorgt. »Aber was ist mit dir?«
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Wenn du raus bist, komme ich schon klar.«
»Mit einer gebrochenen Rippe?«
»Ohne Herausforderungen wär ’ das Leben ziemlich öde, meinst du nicht?« Er drückte ihr den Arm. »Du kletterst einfach auf die Yacht, okay? Finde Eddie, entschärfe die Bombe und leg diesem wahnsinnigen Miststück das Handwerk!«
Nina drehte sich, so gut sie das auf dem beengten Raum vermochte, und küsste ihn auf die Stirn. »Danke, Matt.«
»Schon gut. Falls ich das hier überlebe, wär’s aber nett, wenn du dich an dein Jobangebot erinnern würdest, okay?«
Nina lächelte. »Du stehst ganz oben auf meiner Liste.«
Auf dem Monitor überlappten sich die Symbole der Wobblebug und der Ocean Emperor beinahe, und in das Rauschen der Pumpen mischte sich ein neues Geräusch, ein tieffrequentes Brummen, das durchs Wasser übertragen wurde.
Starke Dieselmotoren. Das hieß, die Yacht hatte sie eingeholt.
Trulli brachte das U-Boot dichter an die Oberfläche. »Okay, das wär’s! Entriegele die Luke, öffne sie erst, wenn ich es sage.«
Nina nickte und kurbelte am Verriegelungsrad, während Trulli das Boot dichter an die Ocean Emperor heransteuerte und den Monitor auf die Rumpfkamera schaltete. Das Bild war sehr dunkel, von Gischt verschleiert, doch an der rechten Seite sah man inmitten der Meereswogen helle Lichter.
Bullaugen. Die Ocean Emperor fuhr neben ihnen her, und jetzt klang das Brummen der Motoren wie das Schnurren einer monströsen Katze.
Die Wobblebug bockte, als sie die Bugwelle der Yacht durchstieß. Trulli kämpfte einhändig mit dem Steuerknüppel. Bullaugen glitten vorbei …
»Okay, mach auf!«, rief er.
Nina drückte die Luke hoch. Eiskaltes Wasser schwappte in die Kabine und durchnässte sie und Trulli. Die Wobblebug tanzte auf den Wogen, und jedes Mal, wenn sie eine Welle durchstieß, ergossen sich weiteres Wasser und Gischt in die Kabine.
Nina ergriff das aufgerollte Seil, das sie neben die Luke gehängt hatten, kletterte nach oben und setzte sich auf den Rand des Rumpfes. Sie machten nach wie vor über zwanzig Knoten, und der Fahrtwind schnitt wie ein Messer aus Eis durch ihre nasse Kleidung.
An Steuerbord ragte die Ocean Emperor auf. Das Achterdeck war der Wasseroberfläche am nächsten, befand sich aber gleichwohl in über drei Meter Höhe.
Sich mit einer Hand an der offenen Luke festhaltend, machte Nina die Leine klar, an deren Ende ein Haken befestigt war. Mit etwas Glück würde er sich an einem Pfosten oder an der Reling des Achterdecks verfangen.
Mit etwas Glück …
Über ihr brach eine weitere Welle. Die Kälte drang ihr bis ins Mark. Wasser strömte in die
Weitere Kostenlose Bücher