Das Grab des Herkules
Kabine, und die Beleuchtung flackerte.
»Es wird allmählich knapp!«, rief Trulli. »Die Jets überhitzen sich, das Boot wird’s nicht mehr lange machen!«
»Geh näher ran!«, rief Nina. Sie holte mit dem Haken Schwung.
Das U-Boot näherte sich der Ocean Emperor . Als es ins Kielwasser der Yacht geriet, nahm das Schaukeln zu. Der Bug der Wobblebug stieg hoch in die Luft, dann krachte er in das Wellental hinab. Obwohl Nina sich an der Luke festhielt und die Beine um den Rand der Einstiegsöffnung geklammert hatte, hätte sie beinahe den Halt verloren.
Die Yacht war im Begriff, sie zu überholen. Das Achterdeck glitt einfach an ihr vorbei.
Nina holte aus. Bei der Geschwindigkeit der Yacht hatte sie nur einen einzigen Versuch …
Blaue Funken sprühten in der Kabine, die Beleuchtung erlosch.
»Scheiße!«, rief Trulli. »Ich kann das Boot nicht mehr …«
Nina schleuderte den Haken.
Er flog auf das Achterdeck zu, der Wind peitschte die Leine.
Dann prallte der Haken von einem Pfosten ab und stürzte in das schäumende Wasser zwischen den beiden Booten.
Nina beobachtete entsetzt den Fall des Hakens, dann holte sie hektisch die Leine ein. Aus der Luke ging ein kreisförmiger Wasserfall in die Kabine nieder. Der Antrieb der Wobblebug stotterte, und weil das U-Boot stetig langsamer wurde, zog die Ocean Emperor immer schneller vorbei.
Nina ergriff erneut den Haken, kletterte vollständig aus der Luke und balancierte auf dem Rumpf. Trulli kletterte schwerfällig von seinem Sitz herunter, während sich eine Wasserflut auf ihn ergoss.
Das Heck der Yacht zog an Nina vorbei. Der Propellerschwall wollte sie verschlingen, der Sog des Kielwassers drohte das U-Boot unter Wasser zu ziehen …
Und weg damit!
Diesmal fiel der Haken aufs Achterdeck und rutschte darauf nach hinten, während die Ocean Emperor sich weiter entfernte.
Der Bug der Wobblebug krachte in die schäumende See – dann straffte sich die Leine unvermittelt.
Im letzten Moment bekam Nina sie noch zu fassen, dann wurde sie auch schon vom Rumpf des U-Boots heruntergerissen und stürzte hinter der großen Yacht ins Wasser.
Trulli war halb aus der Luke geklettert, als die Nase der Wobblebug eintauchte und das strömende Wasser das U-Boot in die Tiefe zog. Das Heck stieg in die Luft, worauf das ganze Boot untertauchte. Blaue Lichtblitze knisterten unter Wasser, als die starken Batterien kurzschlossen, dann wurde es dunkel.
Nina hatte keine Zeit, sich über das Schicksal des Australiers Gedanken zu machen. Eiskalter Gischt peitschte ihr ins Gesicht. Hustend und spuckend hangelte sie sich an der Leine entlang. Jede aufprallende Woge drohte sie ihr zu entreißen und sie in das kalte, schwarze Meer hinabzuziehen.
Vorsichtig setzte Nina eine Hand vor die andere und zog sich bis ans Heck der Yacht heran. Jedes Mal, wenn sie in das schäumende Kielwasser eintauchte, spürte sie die Nähe der sich drehenden Propeller.
Von der Kälte wurden ihre Hände taub, und binnen Minuten löschte der Schmerz alles andere aus.
Noch ein Stück …
Nina schnappte nach Luft, als die Gischt sie einhüllte, und versuchte, das brennende Meerwasser aus den Augen zu schütteln. Das Heck der Yacht war eine senkrecht aufragende Wand aus weiß lackiertem Stahl. Fast hätte sie der Mut verlassen, da entdeckte Nina etwas neben sich, genau über der Mittschiffslinie …
Eine Badeleiter!
Wenn die Yacht vor Anker lag, wurde die Leiter abgesenkt, damit man vom Wasser aus auf die Badeplattform klettern konnte. Ihre Funktion aber war Nina egal – für sie zählte nur, dass die Leiter sich in Reichweite befand.
Sie musste es bloß noch schaffen, sich festzuhalten.
Mit frischer Energie zog sie sich an der straff gespannten Leine hoch, bis sie mit der Schulter gegen etwas Metallisches stieß. Mit schmerzenden Muskeln hob sie die Beine aus dem Wasser, stemmte sie gegen das Heck und ließ sich seitlich zur Badeleiter hinüberpendeln.
Sie war noch nicht hoch genug. Ihre Beine rutschten am glitschigen Yachtkorpus ab, und die aufgewühlten Wellen versuchten, sie wie mit Klauen ins Verderben zu ziehen. Mit einem Aufschrei zog Nina sich ein Stück weiter hoch und versuchte es dann erneut: Diesmal konnte sie das schäumende Kielwasser um mehrere Zentimeter hinter sich lassen. Obwohl sie mit den Füßen an der glatten Metallfläche abrutschte, arbeitete sie sich halbwegs erfolgreich am Heck entlang. Die Leine schnitt ihr in die Hände. Mittlerweile war die Leiter nur noch etwa anderthalb
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