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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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Herumtasten über den Fachboden des Schranks fand er die Taschenlampe. Er schloss halb die Tür und schaltete die Lampe kurz ein, um sich zu vergewissern, dass sie funktionierte. In seiner Sicht blieb ein grellweißer Punkt zurück, den er wegzublinzeln versuchte, als er die Hintertür öffnete und hinausging. Elizabeth folgte ihm und schloss die Tür mit einem einzigen, leisen Klicken hinter sich.
    Der Hauptparkplatz nahm einen Großteil der Fläche des Grundstücks hinter der Kirche ein. Dahinter erstreckte sich ein breiter Wiesenstreifen zwischen dem Asphalt und dem Wald. Er diente als verlängerter Hinterhof für Veranstaltungen der Kirche. Wortlos überquerten sie ihn. Nathan hielt in einer Hand die ausgeschaltete Taschenlampe, in der anderen Elizabeths Hand. Kein Mond war zu sehen, lediglich Sternenlicht brach vereinzelt zwischen Lücken in der dunklen Wolkendecke über ihnen. Nathan hielt nach bestem Wissen auf den Zugang des Spazierwegs zu und wünschte, er wäre diese Route schon öfter gegangen, um vertrauter damit zu sein.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte Elizabeth.
    »Ja, mir geht‘s gut. Da ...« Er deutete auf eine Stelle zwischen den Büschen und Bäumen, die etwas dunkler als der Rest wirkte. Als sie sich hineinduckten, ließ Nathan ihre Hand los und streckte den Arm vor sich aus. Nichts blockierte ihnen den Weg. Dann befanden sie sich auf dem Spazierweg.
    Nathan ließ den Arm in Gesichtshöhe vor sich. Hin und wieder stieß er auf einen niedrigen Ast, den er stets zurückbog und Elizabeth vorbeiließ, ehe er ihn hinter sich zurückschwingen ließ.
    Auf diese Weise arbeiteten sie sich Richtung Friedhof vor, wobei sie abwechselnd vorausgingen und das nächste Hindernis beiseite hielten. Sie erreichten die an den Weg grenzende Steinmauer früher, als Nathan erwartet hatte. In den meisten Bereichen erwies die Dunkelheit sich als undurchdringlich, dennoch schaltete Nathan die Taschenlampe immer noch nicht ein. Langsam gewöhnten seine Augen sich an die Finsternis.
    »Halt Ausschau nach einer Lücke in der Mauer. Sie müsste bald kommen.«
    Da war sie. Der Schemen eines alten, knorrigen Baums ragte vor ihnen auf, erkennbar nur deshalb, weil er das Sternenlicht verhüllte. Dahinter folgte offenes Gelände – der Friedhof. Die Form des Baums zeichnete sich so pechschwarz ab, dass Nathan das Gefühl hatte, seine Hand würde hindurchstreichen, wenn er sie ausstreckte. Der Baum grenzte direkt an eine kleine Lücke in der Mauer. Am anderen Ende stand eine kleine Birke, deren gesprenkelte, weiße Rinde einfacher erkennbar war.
    Bevor Nathan zwischen den Bäumen hindurchschlüpfte, flüsterte er: »Pst.« Er verharrte. Elizabeth ergriff eine der Gürtelschlaufen hinten an seiner Hose, als fürchtete sie, er könnte plötzlich wegrennen.
    Nathan lauschte. Langsam drehte er den Kopf und spähte in die undurchdringlichen Schatten des Waldes zu ihrer Rechten. Hatte er etwas gehört, aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrgenommen? Er hielt die Taschenlampe vor sich und wollte sie einschalten, um alles in einen beruhigenden, weißlichen Schimmer zu tauchen. Ein Teil von ihm – vermutlich seine tief verwurzelte, kindliche Angst vor der Dunkelheit – war überzeugt davon, dass dort ein Monster stand und nur auf das Licht wartete, damit es die Zähne aufblitzen lassen und ihn verschlingen konnte.
    Der logische Teil seiner selbst warnte seinen Daumen davor, den Schalter zu betätigen. Wenn der Friedhof beobachtet wurde, gab es kaum eine effizientere Möglichkeit, sich zu verraten, als den Wald zu erhellen, bevor sie den Friedhof betraten.
    Das Gefühl verging. Es schien am besten, rasch das offene Gelände zu überwinden und den eigentlichen Friedhof zu erreichen. Dort konnten sie sich hinter die Grabmale ducken und auf Tarretti warten, sich vielleicht sogar nach seinem Eintreffen versteckt halten, um zu beobachten, wie er sich verhielt. Und um zu sehen, was – oder wen – er mitbrachte.
    Nathan schritt durch die Öffnung in der Mauer. Ein leichtes Ziehen an der Gürtelschlaufe verriet ihm, dass Elizabeth sich hinter ihm in Bewegung setzte und ihm folgte. Er stolperte über einen Stein und fiel vornüber zu Boden. Die Taschenlampe rollte ihm aus der Hand und über das kalte Gras, dann landete Elizabeth auf ihm. Nathan wurde die Luft in einer trüben Atemwolke aus den Lungen gepresst.
    Elizabeth rappelte sich auf. Nathan war zu sehr damit beschäftigt, wieder Luft zu bekommen, um sich für seine Tollpatschigkeit zu

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