Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
Vom Netzwerk:
zerbrochen; es hatte sich eine zu große Kluft aufgetan, um sie zu überbrücken. Obwohl Nathan nie aufgehört hatte, für sie zu beten, hatte er seine Anrufe bei ihr nach einigen unbeantworteten Versuchen schließlich eingestellt.
    An der Universität war er fallweise mit Studienkolleginnen ausgegangen, doch es hatte sich nie etwas daraus entwickelt. Die behagliche Verbundenheit, wie er sie früher bei Elizabeth gespürt hatte, war nie eingekehrt. Ohne sie war sein Leben mit einer Landkarte vergleichbar – übersichtlich, geordnet und stets vorhersehbar. Er hatte sich auf die letzten Vorbereitungen für seinen Magister der Theologie und sein Leben als Geistlicher konzentriert, dabei stets versucht, die Zeit als Heilmittel wirken zu lassen, das den Schmerz und die Erinnerungen verbannen sollte. Der Umzug nach Florida an sich war ein Umschwung gewesen, eine Wende, die ihn hatte glauben lassen, er würde zurechtkommen; eine Chance, seinen eigenen Weg einzuschlagen, seine eigenen Veränderungen zu durchleben.
    Nun war er plötzlich wieder zu Hause und würde bleiben. Dennoch fühlte es sich nicht wie ein Rückschritt an. Und schließlich hatte es ihm freigestanden, das Amt anzunehmen. Er hätte ebenso gut weit weg in der Sonne und Wärme Floridas bleiben können. Es war seine Entscheidung gewesen, nach Hause zurückzukehren, und er würde sich hier sein Leben aufbauen.
    Um sich aus der Vergangenheit zu lösen, erzählte Nathan seinen Eltern von der dreiundzwanzigstündigen Busfahrt am Vortag, wobei er die Einzelheiten seines Albtraums ausließ. Als er schließlich aufstand und sich verabschiedete, hatte die Stimmung in der Küche der Dinnecks sich wieder merklich gebessert. Zumindest dafür war er dankbar.
    Über Elizabeth und den plötzlichen Abfall seines Vaters vom Glauben würde er sich später den Kopf zerbrechen.

Kapitel Acht
    Die Greenwood Street war eine lange Allee am äußersten Westrand der Stadt, einen Häuserblock von der Kirche entfernt. Nathan lief mit gezwungener Unbeschwertheit neben Ralph Hayden einher, der mit kräftigen, aber qualvoll langsamen Schritten vor sich hin ging. Das Kirchengrundstück grenzte an einen kleinen Waldstreifen, der es vom älteren Friedhof der Ortschaft trennte. Für Mitte September war es mit fast fünfundzwanzig Grad ein warmer Tag. Nathan genoss die Schatten der noch grünen Bäume, die sie passierten. Gott sei Dank würde bald kühleres Wetter einsetzen, eine erfrischende Abwechslung zu Floridas ganzjähriger Hitze. Nathan trug sein Sportjackett an zwei Fingern der rechten Hand über die Schulter geschlungen, als er auf den Eingang des Friedhofs zusteuerte. Er empfand Hayden als angenehme Gesellschaft, zumal der Pastor keine unnötige Konversation anzettelte und auch nicht erwartete.
    Der Friedhof wirkte uralt. Die ihn umgebende Mauer, höchstwahrscheinlich noch das als Weideabgrenzung angelegte Original aus dem späten 19. Jahrhundert, bestand aus moosüberwucherten Steinen, durchsetzt mit einer gefährlichen Mischung aus Heidelbeerbüschen und Giftefeuranken. Die Steine selbst waren größtenteils gesprungen und vor Alter dunkel. »Da sind wir«, murmelte Hayden, als sie durch eine schmale Unterbrechung der Mauer schritten, die auf einen Schotterweg führte.
    Wie die Mauer präsentierten sich viele Grabsteine vom Alter gezeichnet und an den Ecken bröckelig. Einige standen unschön schräg. Viele der Gräber in diesem Bereich wiesen den Namen »Dreyfus« auf. Wahrscheinlich waren hier vor hundert Jahren, als ein Großteil dieses Landes dem Dreyfus-Clan gehört hatte, nur Familienmitglieder beerdigt worden.
    In Anbetracht des Alters des Friedhofs fand Nathan dessen Zustand beeindruckend. Geistig merkte er sich vor, eine Bemerkung darüber anzubringen, wenn sie Tarretti trafen. Laut Hayden arbeitete der Friedhofswärter bereits seit über einem Vierteljahrhundert hier, fast so lange, wie Hayden sein Amt innehatte.
    Seine Unterkunft hatte Tarretti neben dem neueren Friedhof nahe der Ortsmitte. Immer mittwochs und freitags kümmerte er sich um die älteren Anlagen, daher hatte er darum ersucht, sich hier zu treffen.
    »Er ist penibel, was seine Routine angeht«, hatte Hayden erklärt, bevor sie aufgebrochen waren. »Es ist einfacher, sich an seinen Zeitplan anzupassen als umgekehrt.«
    Nahe der Einfahrt parkte ein rostiger weißer Chevrolet Blazer auf einem kleinen, schattigen Abstellplatz etwa fünfzig Meter von der Straße entfernt. Vincent Tarretti kam auf sie

Weitere Kostenlose Bücher