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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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ruhig vor sich wie zum Gebet gefaltet. Er trug einen dunklen Anzug, ein schwarzes Hemd und eine weiße Krawatte. Die gepflegte Aufmachung, sein bester Sonntagsanzug, wie Vincent vermutete, passte genau zu seinem gestutzten Schnurrbart und zum kurzen, weißen Haar.
    Als Vincent die einzige Stufe erklomm, streckte der Mann ihm die Hand entgegen.
    »Mr. Tarretti, richtig? Freut mich sehr, Sie endlich kennen zu lernen.« Vincent schüttelte die Hand flüchtig. »Mein Name ist Peter Quinn. Ich habe gehofft, wir können uns unterhalten.«

Kapitel Elf
    Der Keller der Baptistenkirche von Hillcrest hatte einst den Arbeitsraum und den Weinkeller der Familie Dreyfus beherbergt, war jedoch nach und nach in einen Saal für Kirchenveranstaltungen umgebaut worden. Er war breiter als die Kirche selbst, verlief unter der gesamten Länge des Hauses und bot eine sechzig Zentimeter hohe Bühne für gelegentliche Kinderaufführungen und Gruppentreffen. Nathan empfand diesen Raum als so vertraut wie sein Elternhaus. Achtzehn Jahre lang hatten sich die Dinnecks jeden zweiten Sonntag in diesem Saal zu einem Gemeinschaftsessen eingefunden, bei denen die Christen zusammen das Brot brachen und über alles Mögliche diskutierten, von der Predigt des Morgens bis zu den Chancen der Patriots beim Spiel am Nachmittag. Die Tische füllten sich rasch, obwohl heute viele Leute stehen blieben und sich unter die ungewöhnlich große Menschenmenge mischten. Laut Hayden war der Sonntagsgottesdienst zuletzt zu Ostern so gut besucht gewesen.
    Durch den Raum trieben die Gerüche von frisch gebrühtem Kaffee, Orangensaft, Fleischklößchen, Nudeln und Kuchen. Kinder steuerten auf die Desserttische zu und wurden von Eltern zurückgezogen, die sie zwangen, sich zuerst etwas »Anständiges« auf die Teller zu laden.
    Wie versprochen, waren seine Eltern zu zweit gekommen, wenngleich sein Vater während des Gottesdienstes zappeliger als üblich gewirkt hatte. Nathan hatte auch Josh Everson erspäht, der ihm von der letzten Reihe der Klappstühle aus zugelächelt hatte. So wie Elizabeth war Josh nie ein regelmäßiger Kirchgänger gewesen, obwohl Nathan ihn stets beflissener als Elizabeth eingeladen hatte. Allerdings kannte er die Grenzen der Geduld seines Freundes und wusste, wann er lockerer lassen musste. Nathan hatte sich schon oft gefragt, weshalb er sich in der Kindheit so viele Freunde ausgesucht hatte, die keine Gläubigen waren, statt die Zeit mit Kindern der Kirchgemeinde zu verbringen. Anscheinend konnte man sich im Leben die Freunde nicht immer aussuchen, wenngleich Nathan sich beileibe nicht beschweren konnte. Josh war einer der guten. Seit Nathan zu seinem letzten Vorstellungsgespräch gekommen war, hatten sie sich nicht mehr gesehen, aber sie waren ständig per E-Mail und durch gelegentliche Telefonate in Kontakt geblieben.
    Als seine Eltern in der zur Begrüßung wartenden Schlange an der Reihe waren, umarmte er sie beide. Nathan hatte versucht, sie nach vorne zu holen und zuerst zu begrüßen, aber seine Mutter hatte darauf bestanden, zu warten wie alle anderen. Als er sich von seinem Vater löste, meinte er: »Schön, dich heute zu sehen, Dad. Wie hat dir die Predigt gefallen?«
    Art Dinneck stellte ein verlegenes Grinsen zur Schau und erwiderte: »Du hast deine Sache sehr gut gemacht, Nate. Hast deine Mutter wach gehalten – das ist schon mal wichtig.« Er beugte sich vor und flüsterte verschwörerisch, aber laut genug, dass sie es hören konnte: »Du weißt ja, wie leicht sie eindöst.«
    Nathan drückte den Arm seines Vaters, der gleichzeitig einen verspielten Schlag von Beverly erhielt. Bevor Nathan sich bremsen konnte, fragte er: »Sehe ich dich nächste Woche wieder?«
    Arts Lächeln verblasste, und sein Gesicht verlor einen Großteil der gesunden Farbe, die es zu zeigen begonnen hatte. Er wandte den Blick ab. »Wir werden sehen. Ich versuch‘s.« Aber Nathan wusste sofort, dass er die unlängst von seinem Vater gezogene Grenze überschritten hatte. Art schaute durch den Saal und hinter sich. Er zögerte kurz, ehe er mit einer Handbewegung auf die Länge der wartenden Schlange deutete. »Wir gehen da rüber«, sagte er und nickte in Richtung der Tische. »Komm doch zu uns, wenn du hier fertig bist.«
    Damit gingen sie weiter. Nathan begrüßte die nächste Wartende, eine schüchterne alte Frau mit lichtem, grauem Haar. Pastor Hayden unterhielt sich am anderen Ende des Saals ungezwungen mit einer kleinen Gruppe von Leuten. Dies war ein

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