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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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weiß es wirklich nicht. Ich habe versucht, mit deinem Vater darüber zu reden, aber er geht sofort in die Defensive und schnappt ein. In letzter Zeit konnte ich mich überhaupt nur noch durch deine Mutter über ihn auf dem Laufenden halten.« Er öffnete die Beifahrertür und hielt inne. »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich diese Beerdigung leite, oder? Ich habe Karl seit ewigen Zeiten gekannt.«
    »Ganz und gar nicht.« Nathan beschloss, das Thema seines Vaters vorerst fallen zu lassen. Schon wieder hatte er Haydens Gefühle übersehen. Gipson war einer seiner Freunde gewesen. Außerdem klang es so, als wüsste Hayden wenig mehr über den Klub als Nathan selbst.
    Obwohl es bewölkt war, hielt das Wetter. Die Kälte des Herbstes lag in der Luft. Nathan hielt sich zwei Schritte hinter Hayden und versuchte, sich in den Hintergrund zu fügen. Der alte Pastor las passende Bibelstellen vor, dann traten die Trauernden einzeln auf das künstliche, über das Grab ausgebreitete Gras und legten die vom Bestattungsinstitut bereitgestellten Blumen nieder. Indes näherte sich langsam Vincent Tarretti und gab sich alle Mühe, diskret zu wirken. Das blonde Haar hatte er zu einem Pferdeschwanz gebunden und hinten in sein Flanellhemd gesteckt. Während Hayden in gedämpftem Tonfall mit den Angehörigen sprach, entfernte Nathan sich von der Trauergemeinde und schüttelte Vincent die Hand.
    »Guten Morgen, Herr Pastor. Wie geht es Ihnen?«
    »Gut«, erwiderte Nathan und hoffte, das genügte als Antwort. »Pastor Hayden lobt Ihre Arbeit hier in höchsten Tönen.«
    Tarretti lächelte und nickte.
    »Im Lauf der Jahre haben wir eine Menge Beerdigungen gemeinsam bewältigt. Er ist ein guter Mann. Und Sie sind bereit, das Kommando zu übernehmen?«
    Nathan zuckte mit den Schultern. »So bereit, wie ich je sein werde.« Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und nachdem er sich vergewissert hatte, dass Hayden ihm keine Zeichen gab, dass er ihn brauchte, fügte er hinzu: »Hören Sie, Vincent – ist Ihnen Vincent Recht?«
    »So heiße ich.«
    »Sie leben ja schon eine ganze Weile hier. Haben Sie je etwas von einem neuen Herrenklub in der Stadt gehört?«
    Eine überraschte Miene huschte über das Gesicht des Friedhofswärters. Sofort verbarg er sie hinter einer Maske der Beiläufigkeit. »Ja, habe ich.«
    »Was haben Sie denn darüber gehört?«
    Vincent streckte die Unterlippe vor und schüttelte langsam den Kopf. »Nicht viel. Warum?«
    »Ach, nichts Besonderes. Es ist nur so, dass mein Vater unlängst sehr viel Zeit dort verbring und sich meine Mutter deshalb Sorgen macht.« Als Vincent nichts erwiderte, sondern nur weiter vorgeblich desinteressiert dreinblickte, versuchte Nathan es aus einem anderen Winkel. »Irgendeine Ahnung, worum es dabei eigentlich geht? Hat der Verein einen religiösen Hintergrund? Ich persönlich vermute ja, es sind nur ein paar Männer, die gemeinsam die Zeit totschlagen, etwas in der Art.«
    Daraufhin sah der Friedhofswärter den Geistlichen unverwandt an, und einen Lidschlag lang vermeinte Nathan, er wäre wütend. Als er sprach, klang seine Stimme gedämpft, vorsichtig. »Ich habe vor langer Zeit gelernt, dass manche Dinge für die Öffentlichkeit anders aussehen als hinter den Kulissen.«
    »Und das soll heißen?«
    Vincent nickte in Richtung der sich auflösenden Trauergemeinde. »Ich glaube, Ihr Boss will etwas von Ihnen.«
    Hayden schaute zu ihnen, und als er erkannte, dass Nathan ihn bemerkt hatte, winkte er kurz und bedeutete ihm mit einem Fingerzeig, zu ihm zu kommen.
    »Kann ich –«, setzte Nathan an, als er sich umdrehte, aber Vincent ging bereits auf das Grab zu und zog sich dabei Arbeitshandschuhe an. Entweder hatte er es eilig, den Sarg in die Tiefe zu senken, oder er lief vor der Unterhaltung davon. Nathan reihte sich hinter Hayden ein, als der alte Pastor Gipsons selbst bereits in die Jahre gekommene Tochter zu den parkenden Autos begleitete. Nathan versuchte, sich zu konzentrieren und die Aufmerksamkeit auf den traurigen Anlass zu richten, doch im Hinterkopf spukte ihm herum, was Tarretti mit seiner Antwort gemeint haben könnte. Wahrscheinlich gar nichts.
    Vincent hielt sich in der Nähe des Grabes, aber nicht so nah, dass er ungeduldig wirkte. Er würde den Sarg erst hinabsenken, wenn die ersten Autos der Prozession um die Kurve gebogen und außer Sicht waren.
    Das Warten gab ihm Zeit, sich zu beruhigen. Er mochte es nicht, wenn ihm die Leute Fragen über etwas anderes als seine Arbeit

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