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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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zuversichtlichen Lächeln zu zerstreuen. Wichtiger noch, er fügte sich zur offenkundigen Zufriedenheit seines Mentors nach und nach in einen geregelten Ablauf. Hayden begleitete ihn zwar noch beim Besuch dreier Krankenhäuser am Mittwoch, überließ das Reden jedoch größtenteils Nathan. Beim Bibelunterricht am selben Abend fand sich eine ausgelassene Menge ein. Hayden war ein Mann zahlreicher Leidenschaften, aber zu seinen ausgeprägtesten zählte es, die Bibel mit jungen Leuten zu diskutieren, die in der Regel – und jener Abend bildete keine Ausnahme – über die Hälfte der Teilnehmer bildeten. Am Donnerstagmorgen wirkte der alte Pastor entspannter und gestand, inzwischen ein besseres Gefühl dabei zu haben, die Gemeinde in Nathans Hände zu überantworten.
    »Solange du mir versprichst, nicht allzu oft umzukippen«, fügte er hinzu, als sie zum Hauptfriedhof fuhren.
    Nathan verzog das Gesicht. » Falls ich umkippe, verspreche ich, bei Bewusstsein zu bleiben.«
    Hayden nickte. »Klingt fair.«
    Sie saßen im fünften Auto eines bescheidenen Beerdigungstrosses auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof. Der Verstorbene war ein einundneunzigjähriger Mann namens Karl Gipson. Er war Dienstagnacht, weniger als zwölf Stunden, nachdem Nathan ihn im Pflegeheim besucht hatte, im Schlaf dahingeschieden. Nathan besann sich Gipsons als stillen, ständig müden und nuschelnden Menschen. Die Vorstellung, dass der Greis bei seinem letzten Besuch dem Tod bereits so nah gewesen war, überraschte ihn. Gipson hatte sein Leben schon vor Jahrzehnten dem Herrn anvertraut, und selbst in seinem erschöpften Zustand hatte er eine runzlige Hand auf Nathans Bibel gelegt und mit ihm gebetet. Die Erinnerung erfüllte Nathan mit einem flüchtigen Hochgefühl. Traurigkeit und Erhebung – die Widersprüche eines frommen Lebens.
    Gipsons Familie folgte dem Leichenwagen am Beginn der Prozession. Nathan zählte im Innenspiegel fünf weitere Autos hinter dem seinen. Keine besonders große Trauergemeinde, aber Gipson hatte nur wenige Angehörige gehabt, von denen die meisten selbst bereits verstorben waren oder im südwestlichen Teil des Landes lebten. Elizabeth befand sich als Vertreterin des Rosenberg Seniorenpflegeheims im letzten Wagen. Bei ihrer kurzen Unterhaltung in der Kirche vor dem Aufbruch zum Begräbnis hatte Elizabeth erwähnt, dass Mrs. Conan auch kommen wollte. Allerdings, so erklärte sie, konnte die gute Frau kaum noch stehen. »Außerdem«, hatte sie leise hinzugefügt, »und ich hoffe, das hört sich nicht bizarr oder so an, ist der Friedhof angesichts ihres ... nun ja, fortgeschrittenen Zustands der letzte Ort, an dem ich sie sehen möchte.«
    Nathan hatte ihr eine Hand auf die Schulter gelegt und gemeint, das sei vermutlich ein weiser Entschluss gewesen. Die Hand allerdings hatte er rasch wieder entfernt. Zu vertraulich, zu früh.
    Das weitläufige Grün des Hillcrest Memorial Friedhofs geriet nach einer Kurve in Sicht. Nathan vermutete, dass Tarretti in respektvollem Abstand in der Nähe des Grabes warten würde. Bei der Planung des Begräbnisses am Mittwochvormittag hatte Hayden angemerkt, dass Tarretti es niemals verabsäumte, alles für das Eintreffen der Prozession vorzubereiten.
    Soweit er wusste, verließ der Mann das Friedhofsgelände nie und hatte »wahrscheinlich ohnehin nichts Besseres zu tun«, wie Hayden sich ausgedrückt hatte. Dabei hatte der alte Pastor das für ihn charakteristische Grinsen aufgesetzt gehabt, einen Gesichtsausdruck in den sonst ehernen Zügen, den Nathan erst unlängst zu erkennen gelernt hatte.
    Als der Leichenwagen aufs Gelände fuhr, sagte Nathan: »Pastor, mein Vater ist einer neuen Gruppe in der Stadt beigetreten. Ich glaube, den Namen habe ich noch gar nicht gehört. Jedenfalls nicht den Kolumbusrittern. Irgendetwas Jüngerem. Er verbringt dort eine Menge Zeit.«
    Hayden gab ihm durch ein Brummen zu verstehen, dass er ihn gehört hatte, und nickte. Allerdings erwiderte er nichts.
    Nathan lenkte den Wagen durch den breiten Steintorbogen und bohrte weiter: »Kennen Sie die Gruppe, von der ich rede?«
    »Ich glaube schon. Nach dem zu urteilen, was mir deine Mutter erzählt hat, ein eher kleiner Kreis. Nennt sich der Hillcrest Men‘s Club .«
    »Meine Mutter findet, dass er zu oft hingeht und unter Umständen trinken könnte ...«
    Hayden äußerste sich nicht sofort dazu, aber als Nathan hinter dem letzten Familienauto an den Randstein fuhr und einparkte, meinte der alte Mann: »Ich

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