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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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fragt?«
    »Ob es ein Fehler war, sich für ihn zu entscheiden. Für einen so jungen Geistlichen ist das an sich schon eine bedeutende Veränderung, und dann noch die Geschichte mit seinem Vater.«
    Ralph ergriff Gabbys zierliche Hände und drückte sie. »Ehrlich, ich denke, er wird hervorragend zurechtkommen. Ich werde mich auf dem Laufenden halten, während ich in Leicester bin. Sollte ich spüren, dass etwas nicht stimmt, verkürze ich meinen Aufenthalt dort und kehre ein paar Tage früher in die Stadt zurück. Du hast ja die Nummer des Klosters. Ruf mich an, wann immer du willst.«
    Sie nickte.
    »Dann lass uns das vorerst für uns behalten. Gib Nate eine faire Chance. Vergiss nicht: Als ich damals in die Stadt kam, war ich auch nicht das makellose Musterbeispiel liturgischer Perfektion, das heute vor dir steht.«
    Gabby lächelte. Ein gutes Zeichen.
    »Nate wird zurechtkommen«, beteuerte er erneut.
    Allerdings fragte er sich dabei, ob er es selbst wirklich glaubte. Dinneck hatte die vergangene Woche tatsächlich abgelenkt gewirkt. Es würde kleinere Fehltritte geben. Etwas anderes konnte niemand erwarten. Vielleicht würde es etwas Zeit benötigen, doch davon hatten sie reichlich.
    Abermals drückte er Gabbys Hände, dann kehrten sie gemeinsam ins Wohnzimmer zurück, um Karls Enkelin vor dem Fotoalbum zu retten.

Kapitel Einundzwanzig
    Nathan stand am Ende eines großen, blauen Raumes. Wie die Wände waren auch die Decke und der Boden in hellem Himmelblau bemalt, ohne klare Abgrenzung dazwischen. Wenn er zu lange an eine Stelle blickte, wurde ihm schwindlig. Als Anker für seine Orientierung diente der einzige Gegenstand im Raum: die Tür. Sie befand sich ihm gegenüber, war schwarz bemalt und doppelt so groß, wie eine Tür sein sollte.
    Nathan ballte die Hände zu Fäusten und dachte: Nicht schon wieder. Bitte. Keine Albträume mehr.
    Er wusste, dass es sich um einen Traum oder vielleicht eine weitere Wachvision wie vergangenen Sonntag handelte. Allerdings konnte er sich nicht daran erinnern, zu Bett gegangen zu sein; er wusste schlichtweg nicht mehr, was er getan hatte, bevor dieser Raum erschienen war.
    Etwas drückte gegen seine linke Handfläche. Als er die Finger öffnete, sah er einen Schlüssel. Wie die Tür wies er zwar die richtige Form für einen Schlüssel auf, war jedoch viel zu groß, wie ein Spielzeugschlüssel für ein Kleinkind. Einen Türknauf gab es nicht – an der Stelle, an der er sich befinden sollte, prangte das Schlüsselloch. Licht schien hindurch. Wo die Tür hinführte, herrschte Helligkeit. Ein weiterer Raum? Ins Freie vielleicht?
    Nathan drehte sich um. Vielleicht gelang es ihm, diesen Traum durch Willenskraft zu verlassen. Eigentlich hatte er erwartet, wie gelähmt am blauen Fußboden verwurzelt zu sein, doch er konnte sich umdrehen. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es keine Tür, nur eine Wand. Womöglich blau wie die anderen, doch er vermochte es nicht zu erkennen.
    Sie war mit Ungeheuern bedeckt, die über ihre Oberfläche krochen. Mit hässlichen, abscheulichen Kreaturen, einige braun, andere weiß mit roten Tupfen, wieder andere noch dunkler oder mit grünen Flecken. Einige besaßen nur einen Arm und ein Bein, andere jeweils zwei, vier oder sechs. Nathan wich zurück. Wie Wespen in einem Nest wuselten sie über die Wand. Die Schädel waren zerfurcht, zernarbt, missgebildet. Manche wiesen erkennbare Augen und Nasen auf, andere weniger offenkundige Öffnungen. Alle jedoch wirkten falsch . Sie waren grässlich anzusehen und fehl am Platz. Und sie lachten.
    Sie lachten über ihn.
    Wie ein Schwarm krabbelten sie auf den Boden und wogten gleich einer schlammigen Welle um ihn und hinter ihn. Dreck verschmierte die nunmehr freiliegende Wand, und sie stank nach altem Müll und Ausscheidungen. Nathan ließ den Schlüssel fallen und bedeckte das Gesicht. Als er auf die Knie sank, spürte er die Gegenwart der scheußlichen Kreaturen, aber keine Berührung. Sie waren ihm trotzdem viel zu nah.
    »Nad ei tohi seda võtit saada!« , brüllte eine Frauenstimme, die sich jung anhörte. Nathan erkannte sie nicht. »Nad avavad ukse!«
    Sie musste mit ihm sprechen, doch was sie sagte, ergab keinerlei Sinn. Die Sprache klang vertraut, vielleicht Russisch. In der Stimme selbst schwang Dringlichkeit mit.
    Nathan zog die Hände ein.
    Eine der Kreaturen von der Wand befand sich weniger als einen halben Schritt von ihm entfernt. Das braune und gelbe Gesicht war missgebildet und sah aus, als

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