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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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der Thonensen rief, nicht einmal Parthan. Was ihn so sehr die Herrschaft über sich selbst verlieren ließ, war kein Dämon – nur die Kraft, die ihren Weg in das steinerne Auge fand und es weckte.
    Thonensen begann zu sehen – so wie ein Dämon die Welt und das Leben sehen mochte.
    Überall um ihn verlor der Stoff seine feste Form.
    Stein wurde zu Nebel – wurde zu Glas – zu leerer Luft. Er gehorchte dem magischen Auge in vollkommenster Weise. Er wurde unsichtbar. Thonensen sah ein Gewirr von Dingen aus Metall und Holz – Treppen, die im Nichts begannen und im Nichts endeten; Möbelstücke, die überall im dunklen Himmel hingen; da und dort Feuer, Lampen und Fackeln – flackernde Lichtpunkte, die zeigten, wo Leben war.
    Und dann die Menschen: gläsernes Fleisch, zuckende Herzen und rote Bahnen von Blut; unstete Formen, an denen der Blick nur mühsam Halt fand; alles in Bewegung, in zuckender, kriechender, stetig gebärender und sterbender Bewegung, jeder winzigste Teil davon; aus dem Urschlamm der unseligen Schöpfung gekrochen, keinen Augenblick still, und was nicht dabei war, geboren zu werden, war dabei, zu sterben.
    Ein ungeheurer Abscheu stieg in ihm auf. Es war etwas Fremdes, das mit der Kraft in seinen Geist gekommen war. Er hatte keine Macht mehr darüber. Ein unbezähmbarer Vernichtungswille wuchs. Leben war eine Plage, die über die dunkle Ewigkeit kam.
    Thonensen war voll Furcht. Er verlor sich immer mehr in diesen dämonischen Visionen. Er versuchte sich dagegen zu wehren, er schlug die Hände vor das Gesicht, versuchte das schreckliche Auge zu schließen. Aber er besaß keine Herrschaft mehr darüber. Blind tastete er nach seinem Dolch, um ihn sich selbst in die Brust zu stoßen, so lange noch ein Funken Vernunft in ihm war.
    Dann hörte er plötzlich Stimmen um sich, spürte Hände, die sich an ihn klammerten. Etwas schob sich zwischen seine Lippen, das bitter schmeckte.
    In einer letzten Vision sah er eine riesenhafte Gestalt, die vor langer Zeit ihr Sterben beendet hatte, und in der noch Echos eines längst vergangenen Lebens waren, und er wußte, daß dieses von Leben wimmelnde Haus ein Haus des Todes war.
    Dann schwand der Alpdruck dahin. Sein Auge wurde blind. Die Mauern kehrten zurück, aber sie wankten. Die Lorvaner waren um ihn, und er glaubte auch Dhagger zu erkennen. Aber die Wirklichkeit wurde nicht greifbar genug. Andere Visionen überkamen ihn, bevor er sich festklammern konnte, und rissen ihn mit sich fort.
    Es waren ganz gewöhnliche menschliche Alpträume, keine Bilder der Finsternis mehr. Nicht die Kraft, sondern der Alppilz, den ihm Nottres Schamane in den Mund geschoben hatte, regierte nun seinen Geist.

5.
    Seine Rückkehr zur Vernunft war ein sehr langsamer Vorgang. Er hatte einige Erfahrung mit Pflanzen, die die Sinne beeinflußten, doch dieser Alppilz der lorvanischen Schamanen übertraf alles. Er hielt diese Mittel für primitiv und haßte sie. Er vermochte den Zustand des entrückten Geistes auch ohne solche Hilfsmittel herbeizuführen.
    Er haßte die Hilflosigkeit, zu der er verurteilt war, so lange das Gift durch den Körper floß. Er kämpfte dagegen an, doch es war ein langer Kampf, und die Nachwirkungen waren schrecklich. Er fühlte sich wie nach einer Schlacht, in der ungezählte Kriegskeulen auf seinen Kopf herabgeschmettert worden waren.
    Aber sein Auge blieb blind. Er sah nur, was menschliche Augen sahen. Dafür dankte er den Eislandgöttern. Er sah, daß er nicht allein war, und es beruhigte ihn.
    Er befand sich offenbar wieder in Lydias Gemächern. Zwei Frauen waren im Raum. Eine beugte sich kurz über ihn und lächelte zufrieden.
    »Er ist bald wieder da, Vaera. Geh, sag es dem Ritter. Ich werde noch hier bleiben und dafür sorgen, daß es dem Retter Merryones an nichts mangelt…«
    Aus den Augenwinkeln glaubte er ein Barbarenwams vor der Tür zu sehen. Es war gut, sie in der Nähe zu wissen. Er mußte mit Nottr reden, wenn er erst klarer denken konnte.
    Grübeln half, die Qualen zu vergessen, die in seinem Kopf tobten. Das Auge war nicht nur ein Fluch. Er wußte nun, daß auch er sich seiner bedienen konnte. Er mußte nur sichergehen, daß er nicht wieder die Herrschaft darüber verlor. Und er durfte im Ansturm dieser Visionen nicht die Vernunft verlieren.
    Das Auge konnte ihn viele Dinge sehen lassen, die sonst verborgen blieben. Wenn Stein unsichtbar wurde, gab es kaum noch Hindernisse.
    Aber wie würde es sein, wenn Parthan oder sein Dämon das Auge

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