Das Grab des Tauren
benutzten? Konnte er sich dagegen zur Wehr setzen? Oder würde er vollkommen in ihrer Gewalt sein?
Er mußte es erneut versuchen. Nur wenn er Gewalt über das Auge hatte, konnte er hoffen, auch ihnen zu widerstehen. Es gab keinen anderen Weg.
Seine Gedanken kreisten eine Weile um Taurond und Duzella und waren unvermittelt mit dieser letzten seltsamen Vision beschäftigt, die er gehabt hatte. Sein Verstand knüpfte eine Verbindung zwischen den Titanenkindern und der Vision des riesenhaften Toten zwischen den unsichtbaren Mauern. Es war kein Leben in ihm gewesen, dessen erinnerte er sich genau – nur Echos. Auch daran erinnerte er sich. Echos – aber was sollte er darunter verstehen? Echos von seinem Leben?
Da er tot war und in diesen Mauern weilte, gab es nur eine Erklärung: diese Festung war keine Festung, sondern eine Gruft, oder ein Grabmal, oder ein Totentempel. Es war nicht viel überliefert von den Riesen der alten Zeit, nur daß sie große steinerne Bauwerke schufen, den Titanenpfad beispielsweise, deren Zweck niemand mehr kannte.
Sicher wußte Dhagger, daß seine Kinder Titanenkinder waren. Er mußte zu ähnlichen Schlüssen gekommen sein. Aber durch welche Kräfte, oder durch welchen Zauber war es möglich? Hatte Dhagger selbst die Hand im Spiel gehabt? Oder seine Priester? Lydia von Ambor? Wohl kaum.
Wußte Dhagger von dem gewaltigen Toten, dessen Grabmal er zu seinem Laern gemacht hatte?
Es wurde Nachmittag, bis er wieder auf die Beine kam. Von seiner Betreuerin erfuhr er, daß Merryone wohlauf war und ihn am Abend besuchen würde.
Als er eine Weile allein war, schlich er den Turm hinab in den geheimen Korridor und wartete eine Weile. Doch die Kinder ließen sich nicht blicken. Sie hatten wohl auch wenig Gelegenheit, sich am Tage ungesehen davonzumachen.
Er würde mit seinen brennenden Fragen bis zur Nacht warten müssen. Als er zurückschleichen wollte, kam Nottr die Leiter herab.
»Imrirr! Was ist das hier?«
»Der Eingang in ein Grab«, sagte der Magier, und er erklärte Nottr, was er gesehen hatte – diese Vision, sein Zusammentreffen mit den Kindern.
»Die alten Titanten waren Steinbauer. Gianton ist ihr Werk, die Elvenbrücke, der Titanenpfad. Es wäre fast gegen alle Logik, wenn nicht auch stong-nil-lumen… !«
Nottr nickte nachdenklich.
»Ich werde mich heute nacht gründlich umsehen. Sorgt dafür, daß ihr heute vor diesen Räumen wacht, und keine von Dhaggers Leuten. Und laßt niemanden ein, selbst Dhagger nicht, bevor ich zurück bin!«
»Laß mich mit dir gehen.«
Thonensen zögerte, dann nickte er. »Wenn die Kinder einverstanden sind. Und ich denke, daß sie mir diese Bitte nicht abschlagen, denn erstens habe ich das Mädchen gerettet, und zum anderen werden sie neugierig sein, einen wilden Barbaren von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen.« Thonensen grinste. »Aber ich will dir nicht verheimlichen, daß ich Furcht habe.«
»Pah, Furcht…«
»Wir sind beide in Parthans Gewalt. Im rechten Augenblick werden wir sie zu spüren bekommen, wenn es uns nicht gelingt, uns zu befreien. Ich werde mein Auge ausbrennen, wenn es keinen anderen Weg gibt. Aber du wirst auf Parthans Geheiß wie ein Berserker töten, und wir wissen nicht, wen wir davor schützen müssen, solange wir nicht wissen, welche Pläne der Priester hat…«
»Meine Viererschaft und Calutt wissen, was zu tun ist. Sie lassen kein Auge von mir. Sie werden mich töten, wenn es keinen anderen Weg gibt.«
Er sagte es so ungezwungen, daß Thonensen ihn dafür bewunderte.
»Das gilt auch für dich«, fügte Nottr hinzu. »Und möge Imrirr geben, daß du es vermagst. Ich werde kein Krieger der Finsternis sein. Ich werde niemanden töten auf ihren Befehl, wer immer es auch sein mag…«
»Ich habe darüber nachgedacht«, erklärte der Magier, »weshalb du jemanden töten solltest, wenn solch eine Aufgabe die fast unverwundbaren Gianten besser übernehmen könnten…«
»Das ist eine Frage, die auch mich quält, seit ich es weiß, aber ich habe die Wege der Finsternis nie verstanden…«
»Aber ich. Sie sind so krumm wie das hier…« Er zog etwas unter den Fellen seines Lagers hervor, das Nottres Augen aufleuchten ließ.
»Seelenwind!« entfuhr es ihm. »Du hast sie dem Teufel abgenommen!«
»Ja. Und ich habe ihn fast erschlagen damit. Es ist ein gutes Schwert, und Horcans Seelen waren mit mir, als hättest du es in der Faust gehabt.«
Nottr wollte danach greifen, doch Thonensen schüttelte den Kopf. »Ich
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